- von Christian Krämer

BaFin-Chef Felix Hufeld hat die Bonner Finanzaufsicht gegen Kritik im Wirecard-Bilanzskandal verteidigt.

Bei einem mit Spannung erwarteten Auftritt im Finanzausschuss des Bundestages sagte er am Mittwoch nach Angaben mehrerer Teilnehmer, es sei alles rechtmäßig abgelaufen. Hufeld gab nach Einordnung einiger Teilnehmer der Europäischen Zentralbank (EZB) eine Mitschuld, dass die BaFin nicht stärker habe durchgreifen können. Die Bonner Behörde widersprach dieser Darstellung allerdings. Finanzminister Olaf Scholz will in den nächsten Tagen ein neues Konzept zur Aufsichtsstruktur in Deutschland vorstellen. Unter Druck steht auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier, der Koalitionspolitikern zufolge die Selbstkontrolle der Wirtschaftsprüfer überarbeiten sollte.

Hufeld kritisierte ähnlich wie Sarah Ryglewski, Parlamentarische Staats­se­kre­tä­rin im Bundesfinanzministerium, das zweistufige System der Wirtschaftsprüfung. Demnach prüft zuerst die als Bilanzpolizei bekannte DPR und erst danach kommt die BaFin ins Spiel. Hufeld führte aus, hier habe es trotz anonymer Hinweise und Whistleblower noch kein Prüfergebnis der DPR gegeben. Die Untersuchung sei mit 19 Monaten auch nicht ungewöhnlich lang gewesen.

Den Vertrag mit der DPR, einem privatwirtschaftlichen Verein, hat die Bundesregierung bereits gekündigt. Er läuft damit Ende 2021 aus. Ryglewski forderte im Finanzausschuss den Insidern zufolge, auch die Abschlussprüferaufsichtsstelle (Apas) zu hinterfragen. Diese ist beim Wirtschaftsministerium angesiedelt. Kritiker bemängeln, dass der Wirecard-Prüfer EY die Bilanzen des Dax-Konzerns jahrelang testiert und erst zuletzt auf Ungereimtheiten hingewiesen hat.

Hier sei Wirtschaftsminister Altmaier gefragt, sagte die SPD-Finanzpolitikerin Cansel Kiziltepe der Nachrichtenagentur Reuters. "Herr Altmaier muss uns erklären, wer für den Schaden durch die Wirtschaftsprüfer haftet." Die Wirtschaft dürfe sich nicht selbst kontrollieren. Das müsse der Staat übernehmen. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums sagte, alle Stellen müssten zur Aufklärung beitragen, auch die Apas. "Das EU-Recht sieht die Einrichtung einer unabhängigen Abschlussprüferaufsichtsstelle in allen EU-Mitgliedstaaten vor, die der Rechtsaufsicht einer staatlichen Stelle unterliegt, aber nicht der Fachaufsicht."

In der Wirecard-Bilanz fehlen 1,9 Milliarden Euro, weswegen der Zahlungsabwickler zuletzt Insolvenz anmelden musste. Am Mittwoch gab es eine erneute Razzia bei dem Unternehmen aus Aschheim bei München. Bei den Ermittlungen geht es nicht mehr nur um Bilanzfälschung und Marktmanipulation, sondern auch um Betrug, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München sagte.

WELCHE ROLLE SPIELTE DIE EZB?

Drei Teilnehmer sagten Reuters übereinstimmend, Hufeld habe auf die EZB verwiesen, die entschieden habe, Wirecard nicht als Finanzholding einzustufen. Sonst hätte die BaFin hier härter durchgreifen können. Eine Sprecherin der BaFin widersprach: Hufeld habe nicht vorgetragen, dass die Einstufung von Wirecard als Finanzholding an der EZB gescheitert sei. "Er hat im Gegenteil betont, dass alle bisherigen Entscheidungen in vollständigem Konsens mit den beteiligten Institutionen Deutsche Bundesbank und EZB getroffen worden sind."

Grünen-Finanzpolitiker Danyal Bayaz sagte, Hufeld habe wenig zur Aufklärung beigetragen und sei viele Antworten schuldig geblieben. "Alle Beteiligten sehen sich als Opfer komplizierter Umstände. In der Summe ergibt sich ein Gesamtbild einer dilettantischen, kollektiven Unverantwortlichkeit."

Finanzminister Scholz hatte den Fall zuletzt einen Weckruf genannt. "Die BaFin muss künftig in der Lage sein, Sonderprüfungen möglichst kurzfristig, schnell und effizient durchführen zu können." Der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar sagte Reuters, es müsse für sie mehr Möglichkeiten der Bilanzprüfung geben, die BaFin brauche hier auch mehr eigenes Wissen. "Es braucht Einsatzteams, die schnell auf Hinweise reagieren können."