NEW YORK/LONDON (awp international) - Die Ölpreise haben sich am Freitag auf erhöhtem Niveau gehalten. Sowohl die europäische Sorte Brent als auch die US-Marke WTI konnten ihre deutlichen Preiszuwächse der vergangenen Tage in etwa beibehalten. Am Donnerstag waren beide Sorten auf neue dreieinhalbjährige Höchststände gestiegen. Hautgrund für die Preiszuwächse sind geopolitische Risiken nach der Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch die USA.

Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juli kostete am Freitagmittag 77,40 US-Dollar. Das waren sieben Cent weniger als am Vortag. Ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Lieferung im Juni kostete 71,43 Dollar und damit neun Cent mehr als am Vortag. Vor dem Wochenende blieben die Preisschwankungen gering. An den Märkten war von fehlenden neuen Impulsen die Rede.

Preistreibend waren zuletzt nicht nur die Spannungen zwischen den USA und Iran, sondern auch der Konflikt zwischen Israel und Iran. So hatte Israel zahlreiche militärische Stellungen Irans in Syrien attackiert und damit die Gefahr einer militärischen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Ländern heraufbeschworen. Ein solcher Konflikt hätte vermutlich weitreichende Folgen für die gesamte Region des Nahen und Mittleren Ostens.

Für den Ölmarkt ist vor allem entscheidend, dass diese Region besonders ölreich ist. Iran ist zudem einer der grössten Förderer innerhalb des Ölkartells Opec. Angebotsausfälle in dem Land, auch infolge neuer Sanktionen durch die USA, würden im Umfeld eines angespannten Ölmarkts mit ohnehin knappem Angebot erfolgen. Ausschlaggebend für das geringere Angebot sind eine seit längerem geltende Fördergrenze der Opec, ein Einbruch der Förderung im Krisenstaat Venezuela und eine konjunkturbedingt solide Nachfrage nach Erdöl.

"Die Opec scheint ihre verloren gegangene Preismacht wieder zurückzugewinnen", heisst es in einem Marktkommentar der Commerzbank. Denn der Preisausblick hänge jetzt massgeblich von der Bereitschaft Saudi-Arabiens und anderer Opec-Staaten ab, die sich abzeichnende Angebotslücke zu schliessen.

"Geht es der Opec um die langfristige Preisstabilität, sollte man spätestens auf dem Treffen in Wien in sechs Wochen die Bereitschaft signalisieren, mögliche Exportausfälle des Irans auszugleichen und das Kürzungsabkommen sogar vorzeitig auslaufen zu lassen." Verfolge man jedoch kurzfristigere Ziele, werde die Opec auf Beibehaltung ihrer Fördergrenze beharren oder eine mögliche Verlängerung über das Jahr 2018 hinaus diskutieren./bgf/jsl/she