SINGAPUR/WASHINGTON/RIAD (awp international) - Nach dem Drohnenangriff auf die grösste Erdölraffinerie in Saudi-Arabien vom Wochenende sind die Ölpreise am Montag stark gestiegen. In den ersten Handelsminuten stiegen die Rohölpreise zunächst massiv um bis zu zwanzig Prozent. Am Morgen kosteten die beiden wichtigsten Ölsorten der Welt dann rund zehn Prozent mehr als am Freitag. Am Markt war die Rede von erhöhten Risikoaufschlägen.

Zuletzt kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 66,54 US-Dollar. Das waren 6,32 Dollar mehr als am Freitag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 5,29 Dollar auf 60,14 Dollar. In der Spitze hatten die Rohölpreise ein Viermonatshoch erreicht.

Am frühen Samstagmorgen hatten mehrere Explosionen Anlagen des staatlichen Ölkonzerns Saudi Aramco in Churais und Abkaik erschüttert. Experten sehen in der Drohnenattacke einen Angriff auf das Zentrum der saudischen Ölindustrie. Nach Angaben von Saudi Aramco ist der Komplex die grösste Raffinerie des Landes und die grösste Rohölstabilisierungsanlage der Welt.

Ein Militärsprecher der Huthis hatte den Angriff mit zehn Drohnen als "legitime Antwort" auf die anhaltende Militärkampagne Saudi-Arabiens im Jemen bezeichnet. Das arabische Königreich führt im Jemen eine von den USA unterstützte Militärkoalition an, die gegen die Huthis kämpft. Diese werden wiederum vom Iran unterstützt.

Betroffen von dem Anschlag ist eine Tagesproduktion von etwa 5,7 Millionen Barrel. Das entspricht rund fünf Prozent des weltweiten Angebots an Erdöl. Der Wegfall gilt als einer der grössten abrupten Ausfälle aller Zeiten.

Als entscheidend für die weitere Ölpreisentwicklung sehen Fachleute an, wie schnell es Saudi-Arabien gelingt, die ausgefallene Produktion zumindest überwiegend wieder herzustellen. In der Zwischenzeit dürfte Saudi-Arabien auf seine zahlreichen und gut gefüllten Lagerstätten zurückgreifen.

US-Präsident Donald Trump genehmigte am Wochenende die Freigabe von nationalen Ölreserven im Falle von Engpässen. Die Energieagentur IEA in Paris sieht zunächst keine Versorgungsprobleme. Vorerst seien die Märkte gut mit reichlich kommerziellen Beständen versorgt. Die Auswirkungen auf den deutschen Markt und für die deutsche Autofahrer dürften sich nach Einschätzung des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV) in Grenzen halten.

Entscheidend für die weitere Ölpreisentwicklung dürfte auch sein, welche geopolitischen Konsequenzen sich für die ölreiche Region im persischen Golf ergeben. US-Präsident Trump drohte den Urhebern mit einem Vergeltungsschlag. US-Aussenminister Mike Pompeo hatte den Iran für die Angriffe in Saudi-Arabien verantwortlich gemacht. Saudi-Arabien und Iran sind seit langem verfeindet. Die USA betrachte die Saudis als Partner in der Golfregion, während sie mit Iran wegen dessen Atomprogramm im Clinch liegen./bgf/men