HAMBURG (dpa-AFX) - Der Betreiber des Karrierenetzwerks Xing musste trotz guter Zahlen jüngst mit ansehen, wie der Wert der Aktie einbrach. Zudem gibt es rechtlichen Ärger um den neuen Namen New Work, unter dem das SDax-Unternehmen künftig firmiert. Was bei der Burda-Tochter gerade los ist, wie die Aktie reagiert und was die Analysten empfehlen.

DAS IST LOS BEIM UNTERNEHMEN:

New Work ist jetzt Xing. Aber Xing bleibt Xing. Klingt verwirrend, ist es aber eigentlich nicht. Der bisher gleichnamige Betreiber, der hinter der Plattform steht, hat einen neuen Namen eingetragen. Das Netzwerk selbst behält seinen bisherige Bezeichnung. Mit dem Begriff New Work will Konzernchef Thomas Vollmoeller die Neuausrichtung des Konzerns beschreiben, die eigentlich schon seit Jahren im Gange ist.

Der Name bezieht sich auf die radikale Veränderung in der Arbeitswelt und soll deutlich machen, dass das Unternehmen mehr ist als nur ein Karrierenetzwerk. Denn hinter der Holding stehen auch Portale wie HalloFreelancer und Kununu, eine Plattform, auf der Arbeitnehmer ihre Arbeitgeber bewerten können. Auch über New Work selbst finden sich dort Einträge - die meisten bescheinigen den Hamburgern übrigens, ein guter Arbeitgeber zu sein.

Weniger positiv dagegen könnte sich der Streit um den neuen Namen des Konzerns entwickeln: Eine Softwarefirma hatte sich die Wortmarke "Newwork Software" im vergangenen Jahr sichern lassen, bevor Xing einen Antrag auf Eintragung des Namens stellte. Der Softwareunternehmer verlangte daraufhin die Löschung der Marke durch Xing. Laut Medienberichten könnte es deshalb jetzt im Herbst vor dem Landgericht Frankfurt zum Prozess kommen. Xing-Betreiber New Work wollte sich "zu laufenden Verfahren" auf Anfrage von dpa-AFX am Montag nicht äußern, erklärte aber, die angekündigte Umbenennung stehe zum 1. Oktober an. Trotz des Rechtsstreits sei die Eintragung ins Handelsregister bereits erfolgt.

Der gewichtigere Schönheitsfehler, den Vollmoeller gerade hinnehmen muss, ist der Aktienkurs. Trotz guter Quartalszahlen in der vergangenen Woche verbuchte das Papier herbe Verluste.

Insgesamt läuft es aber gut für das Unternehmen. Und das liegt auch am Fachkräftemangel. Firmen kämpfen zunehmend um die besten Köpfe, die Verhandlungspositionen von Arbeitnehmern werden immer besser. Unternehmenschefs brauchen zunehmend Hilfe. Entsprechend wächst und gedeiht die Unternehmenskundensparte von New Work. In diesem Segment sieht Vollmoeller auch weiterhin einen Wachstumstreiber.

Die Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass der Privatkundenbereich stagniert. Überraschend kommt das nicht, das Unternehmen kündigte das bereits im Geschäftsbericht für 2018 an. Bei New Work hat sich inzwischen die Einschätzung durchgesetzt, dass Arbeitnehmer ein anderes Angebot brauchen. Das vermarktet das Unternehmen nun mit vollmundigen Formulierungen: Angesichts der Digitalisierung und dadurch veränderter Arbeitsstrukturen änderten sich auch die Bedürfnisse von Arbeitnehmern, wird argumentiert. Unabhängiges Arbeiten und Work-Life-Balance sind die neuen Stichwörter. Deshalb will New Work auch nicht mehr nur Karrierenetzwerk sein. Mit dem Zukauf von Honeypot im Frühjahr hat Vollmoeller zum Beispiel eine innovative Jobplattform für IT-Experten übernommen, mit Hilfe derer sich Unternehmen bei Arbeitnehmern bewerben.

Das Netzwerk Xing ist im deutschsprachigen Raum Marktführer mit etwa 16 Millionen Mitgliedern. Die US-amerikanische Konkurrenz Linkedin hat mehr als 645 Millionen Mitglieder in 200 Ländern. Von Expertenseiten heißt es deshalb bisweilen, aufgrund einer internationaler werdenden Arbeitswelt habe Linkedin die bessere Ausgangsposition. New-Work-Finanzchef Ingo Chu sieht das allerdings anders. Er argumentiert, der Stellenmarkt sei lokal getrieben. Nur wenige Arbeitnehmer seien bereit, für den Job Grenzen zu überschreiten, außer vielleicht in der Finanzbranche.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Nicht nur langfristig orientierte Anleger dürften mit der Aktie in der Vergangenheit ihre Freude gehabt haben. Schwankte die Aktie nach dem Börsengang Ende 2006 noch eine Zeit bei Kursen zwischen 20 und 60 Euro, ging es in den vergangenen mehr als zehn Jahren nahezu ungebrochen in luftige Höhen. Ihr vorläufiges Hoch erreichte die Aktie Anfang Juli bei 380,50 Euro.

Für Analysten war diese Bewertung zu dem Zeitpunkt allerdings bereits ziemlich hoch. Nach Vorlage der jüngsten Quartalszahlen folgte dann für das Papier allerdings der Absturz. Branchenbeobachter sorgten sich vor allem um das Privatkundengeschäft, mancher auch um die Jahresziele. Aktuell notiert die Aktie bei Kursen unter 270 Euro auf dem Niveau von Mitte Februar.

Auf Jahressicht hat die Aktie sogar rund zehn Prozent verloren. Betrachtet man die Zeit seit Jahresbeginn, konnten die Anleger zwar ein Plus von gut 13 Prozent einstreichen - im Nebenwerteindex SDax schafft es die Aktie damit aber lediglich ins Mittelfeld.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Berenberg-Analystin Sarah Simon revidierte nach dem von den Quartalszahlen ausgelösten Kursrücksetzer zuletzt ihre Verkaufsempfehlung und plädierte wieder dafür, die Papiere zu halten. Die Ergebnisse hätten bestätigt, dass New Work derzeit trotz der hohen Bewertung eher von einem langsamen Wachstum geprägt sei. Dennoch sei sie sehr überzeugt, dass das Unternehmen sein angepeiltes operatives Ergebnisziel für 2020 erreichen dürfte - egal wie die Umsätze ausfielen. Dank der beständigen Investitionen in neue Produkte und Dienstleistungen rechnet sie aber auch hier noch mindestens für die nächsten fünf Jahre mit einem zweistelligen Wachstum.

Analyst Patrick Schmidt von Warburg Research wies zuletzt darauf hin, dass die jüngste Akquisition Honeypot bislang nur wenig zum Umsatz beigetragen habe. Überhaupt müssten sich die Geschäfte im zweiten Halbjahr beschleunigen, damit das Netzwerk die Konsensprognose eines Umsatzes von 280 Millionen Euro in diesem Jahr erreicht. Das gelte auch für den operativen Gewinn. Das aber könne angesichts der konjunkturellen Unsicherheiten schwierig werden.

Die Deutsche Bank stufte New Work anlässlich der Übernahme der Jobvermittlungsplattform Honeypot zuletzt von "Buy" auf "Hold" ab, hob das Kursziel aber von 329 auf 335 Euro an. Der Zukauf erhöhe zwar den Umsatz, reduziere jedoch das operative Ergebnis des Karrierenetzwerkes bis 2020, schrieb Analystin Nizla Naizer. Insgesamt wachse New Work weiter in einem wenig durchdrungenen Markt./knd/kro/tav/fba