Das Justizministerium in Washington erhob Anklage gegen den Technologiegiganten aus der Volksrepublik, der in seiner Branche Weltmarktführer ist und beim neuen Mobilfunkstandard 5G eine herausragende Rolle spielt.

Dem Konzern und seiner in Kanada festgesetzten Finanzchefin Meng Wanzhou werden geheime Absprachen zur Umgehung von US-Sanktionen gegen den Iran vorgeworfen. In einem weiteren Fall wird er des Technologiediebstahls beschuldigt. Geschädigte ist die Deutsche-Telekom-Tochter T-Mobile US. Ferner haben die USA nun formell die Auslieferung Mengs durch Kanada beantragt. Huawei bestritt am Dienstag jedes Fehlverhalten und zeigte sich überzeugt, dass US-Gerichte am Ende ebenfalls zu diesem Schluss kommen werden. Das Außenministerium in Peking hielt den USA eine "ungerechtfertigte Unterdrückung" chinesischer Firmen vor.

Die Zuspitzung kommt kurz vor einer wichtigen neuen Gesprächsrunde im Zollkonflikt zwischen den beiden größten Wirtschaftsmächten der Welt. So reist der stellvertretende chinesische Ministerpräsident Liu He am Mittwoch nach Washington und soll dort am Donnerstag auch US-Präsident Donald Trump treffen. Dessen Finanzminister Steven Mnuchin äußerte bereits die Erwartung, dass dabei erhebliche Fortschritte erzielt werden. Beide Seiten haben sich gegenseitig mit massiven Zöllen überzogen, die schon die Weltkonjunktur bremsen. Gelingt keine Einigung, wollen die Vereinigten Staaten am 2. März ihre Abgaben auf eine ganze Reihe chinesischer Waren weiter anheben.

DER FALL MENG

Der Fall von Huawei-Finanzchefin Meng birgt erheblichen Zündstoff. Die Tochter des Firmengründers Ren Zhengfei wurde im Zusammenhang mit den mutmaßlichen Sanktionsverstößen am 1. Dezember in Vancouver festgenommen. Mittlerweile befindet sie sich gegen Kaution auf freiem Fuß. Nach Erhalt des Auslieferungsersuchens hat Kanadas Justizministerium 30 Tage Zeit, um über die Eröffnung eines entsprechenden Verfahrens zu entscheiden. Dieses könnte sich über Monate hinziehen.

Mengs Anwalt Reid Weingarten wies die Anschuldigungen gegen seine Mandantin zurück und erklärte, diese dürfe im Streit zwischen den USA und China nicht als "Schachfigur oder Geisel" missbraucht werden. US-Handelsminister Wilbur Ross hatte betont, die Vorwürfe seien "völlig getrennt" von den Handelsgesprächen. Allerdings hatte Trump im Dezember darauf hingewiesen, er könne in der Angelegenheit Meng intervenieren, wenn dies nationalen Interessen dienen oder eine Lösung im Zollstreit befördern würde.

Huawei ist nach eigener Auskunft der führende Anbieter von 5G-Technologie und hat dafür weltweit 30 Verträge abgeschlossen, 18 davon allein in Europa. Doch der Konzern steht seit längerem unter besonderer Beobachtung westlicher Geheimdienste. Ihrer Einschätzung nach haben Huawei und der kleinere heimische Rivale ZTE Verbindungen zur Regierung in Peking und ermöglichen Spionage über die von ihnen produzierten Handys und Ausrüstung. Die Chinesen nennen diesen Verdacht unbegründet.

ÄRGER MIT DER DEUTSCHEN TELEKOM

Die USA versuchen heimische Firmen am Kauf von Huawei-Ausstattung zu hindern und drängen andere westliche Staaten, dies ebenfalls zu tun. Australien und Neuseeland haben den Technologieriesen bereits vom 5G-Ausbau ausgeschlossen. Daraus zog inzwischen die australische TPG Telecom Konsequenzen und gab den Aufbau eines Mobilfunk-Netzes auf Basis von Huawei-Technologie auf. In Europa prüfen Norwegen und Polen, ob sie Huawei-Ausrüstung weiter in ihren Telekomnetzen zulassen.

Einem Pressebericht zufolge denkt auch die Bundesregierung über einen Ausschluss des Konzerns nach. Dies stößt allerdings auf Bedenken in der deutschen Industrie. Deren Dachverband BDI warnte zuletzt vor einer Vorverurteilung. Branchenkreisen zufolge gibt es im Telekomsektor die Befürchtung, dass ein Ausfall Huaweis nicht von anderen Ausrüstern kompensiert werden könnte. In Deutschland soll die Versteigerung der 5G-Frequenzen in der zweiten Märzhälfte beginnen.

Die Deutsche Telekom bekräftigte, dass sie ihre Zusammenarbeit mit Zulieferern überprüfe. Sie hatte in der Vergangenheit bereits Ärger mit Huawei. Nach früheren Angaben eines Telekom-Sprechers stahlen vor einigen Jahren zwei Huawei-Mitarbeiter in einem US-Testlabor Teile eines von der Konzerntochter T-Mobile US entwickelten Roboters, mit dem Smartphones geprüft wurden. In diesem Fall sei der chinesische Konzern bereits von einem Gericht zur Zahlung eines einstelligen Millionenbetrages verpflichtet worden. Auch Huawei unterstrich nun, beide Unternehmen hätten ihren Streit bereits 2017 per Vergleich beigelegt. Das hinderte die US-Justiz allerdings nicht daran, nun in der Angelegenheit Anklage zu erheben.

Unklar ist, wie stark sich das auf Huaweis Geschäfte auswirken wird. Im vergangenen Jahr hatten die Vereinigten Staaten den Rivalen ZTE aufs Korn genommen wegen ähnlicher Vorwürfe. US-Zulieferern wurde untersagt, Bauteile an den chinesischen Konzern zu verkaufen. Das lähmte dessen Geschäfte und brachte ihn schließlich zum Einlenken. ZTE zahlte eine Milliardenstrafe und tauschte seine komplette Führungsspitze aus.