MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Lichttechnikkonzern Osram bekommt die Probleme der Autoindustrie zu spüren und kappt auch wegen Projektverzögerungen im Smartphonegeschäft seine Jahresprognose. Das Management um Chef Olaf Berlien geht nun von deutlich weniger Wachstum aus, der Gewinn wird wohl nur noch etwa halb so hoch ausfallen wie bisher gedacht, wie der MDax-Konzern am Donnerstag mitteilte. An der Börse schockte die Nachricht die Anleger: Die Osram-Aktien stürzten ab, auch Konkurrenten zog die Gewinnwarnung mit nach unten.

Aus dem fortgeführten Geschäft rechnet Osram im laufenden Geschäftsjahr 2017/18 (Ende September) nur noch mit einem vergleichbaren Umsatzwachstum von 1 bis 3 Prozent, bisher standen 3 bis 5 Prozent im Plan. "Handels- und Vertriebsbeschränkungen sowie Planungsrisiken bei Automobilherstellern haben zu einer spürbaren Verunsicherung geführt", hieß es in der Mitteilung.

Vorstandschef Berlien verwies in einer Telefonkonferenz mit Analysten auf die Probleme der Autoindustrie mit dem ab 1. September gültigen Abgastestverfahren WLTP. Das habe in der gesamten Branche zu Unsicherheit geführt. "Rund die Hälfte unseres Geschäfts machen wir mit der Autoindustrie", sagte er. In den vergangenen Wochen habe es aus der Autoindustrie mehrere Mitteilungen gegeben, wonach es zu Einschränkungen bei der Produktion kommen werde.

Die Autohersteller tun sich derzeit schwer, in ausreichender Zahl Automodelle nach dem neuen Abgasstandard WLTP zertifizieren zu lassen - ab dem 1. September dürfen nur noch Autos verkauft werden, die das neue, realistischere Testverfahren durchlaufen und bestanden haben. Volkswagen will wegen der Probleme im dritten Quartal im Stammwerk Wolfsburg die Bänder für mehrere Tage anhalten und muss für vorproduzierte Autos großen Parkflächen anmieten.

Die langfristigen positiven Trends blieben aber bestehen, sagte Berlien, die Probleme seien vorübergehend. Die verkauften Teile pro Auto und pro Smartphone sorgten weiter für strukturelles Wachstum.

Auch beim Gewinn muss Osram nun deutliche Abstriche machen. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen soll demnach nur noch zwischen 570 und 600 Millionen Euro erreichen. Bislang hat der Konzern rund 640 Millionen Euro angestrebt, was bereits weniger war als die 695 Millionen Euro aus dem Vorjahr. Unter dem Strich soll mit 1 bis 1,20 Euro Gewinn je Aktie nur noch rund die Hälfte des bisher anvisierten Überschusses (1,90 bis 2,10 Euro) hängen bleiben.

Die Osram-Aktie sackte nach der Gewinnwarnung um rund 12 Prozent ab. In diesem Jahr hat die Aktie damit bereits rund die Hälfte an Wert verloren. Von Bloomberg befragte Analysten hatten mit einem operativen Gewinn in einer Größenordnung wie vom Unternehmen zuvor angepeilt gerechnet. Auch Aktien von Konkurrenten wie Signify (ehemals Philips Lighting) sowie Hella kamen an der Börse unter Druck.

Der Automobilbauer Daimler hatte zuletzt unter anderem wegen des drohenden Handelskriegs zwischen China und den USA vor sinkenden Ergebnissen im Konzern gewarnt. Die Stuttgarter hatten auf voraussichtlich steigende Importzölle in China und die Folgekosten der Dieselkrise verwiesen.

Osram teilte mit, auch Projekte unter anderem bei Herstellern von Mobilgeräten wie Smartphones hätten sich ins nächste Jahr verschoben. Vor kurzem hatten bereits Berichte in asiatischen Medien Zweifel geschürt, ob Smartphone-Riese Samsung weiter auf den Scan der Augeniris zur Identifikation beim Entsperren des Handys setzt.

Berlien wollte keine Details und keine konkreten Kundennamen nennen, räumte aber einen Nachfragerückgang bei der Technik ein, mit der Osram rund ein Prozent seines gesamten Umsatzes mache. Gesichtserkennung in Smartphones sei für den Kunden offenbar bequemer, weswegen ein großer Kunde dazu übergehen könnte. Osram stelle sich mit der geplanten Übernahme des US-Unternehmens Vixar darauf ein.

Osram beliefert die Autoindustrie unter anderem mit Lichttechnik, aber auch mit Sensoren. Ein weiteres Standbein für den Konzern sind Infrarot- und Sicherheitstechnik für Mobilgeräte wie zum Beispiel Augen-Iris-Scanner bei Handys.

Gegensteuern will Osram mit einem verschärften Sparkurs. Bereits laufende Verhandlungen mit Arbeitnehmervertretern sollen beschleunigt und bereits in diesem Juli abgeschlossen werden. Dadurch sollen die Verwaltungskosten "spürbar" reduziert und die "Werkslandschaft" umgebaut werden. Ergänzende Maßnahmen im Einkauf sowie bei Forschung und Entwicklung würden vorbereitet.

Berlien kündigte darüber hinaus an, die Mittelfriststrategie weiterentwicklen zu wollen. Auf einer Investorenveranstaltung im Herbst will das Management Details dazu vorlegen./men/jsl/jha/