Düsseldorf (awp international) - 14 Millionen Euro Schadenersatz wollte die Zur-Rose-Tochter Docmorris von alteingesessenen Apotheken - und hat mit dieser Forderung am Mittwoch Schiffbruch erlitten. Das Düsseldorfer Landgericht wies eine Klage der Firma gegen die Apothekerkammer Nordrhein ab.

Es ging um einstweilige Verfügungen, welche die Apothekerkammer von 2012 bis 2015 erwirkt hatte und durch die Docmorris seine Geschäftspolitik hatte ändern müssen. Die Firma hatte zum Beispiel Kunden mit Gutscheinen für Hotels oder eine Automobilclub-Mitgliedschaft gelockt, dies nach Intervention der Apotheker aber eingestellt.

Aus Sicht von Docmorris waren die Interventionen der Apotheker unrechtmässig. Ihre Klage stützte die Firma auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von 2016, das die Preisbindung für Online-Apotheken mit grenzüberschreitendem Geschäft gekippt hatte.

Das Düsseldorfer Landgericht teilte die Rechtsauffassung von Docmorris allerdings nicht. Das EuGH-Urteil spiele für den vorliegenden Sachverhalt keine entscheidende Rolle, stellte die Vorsitzende Richterin fest. Sie bezog sich stattdessen unter anderem auf das Heilmittelwerbegesetz, demzufolge "Zugaben" - etwa Gutscheine - als Kaufanreiz für Heilmittel verboten sind. "Die Verfügungen wären auch schon deswegen zu erlassen gewesen, weil das Heilmittelwerbegesetz und Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb das vorsehen", erklärte eine Gerichtssprecherin das Urteil.

Folgen für die Gegenwart

Bei dem Urteil geht es um die die Vergangenheit. Hat es auch Folgen auf die Gegenwart - also auf die Geschäftspolitik von Docmorris? Nein. Denn "Zugaben" wie damals gewährt der Online-Händler längst nicht mehr. Stattdessen bekommt man pro Arzneimittel in der Regel einen Bonus von 2,50 Euro, der auf die Zuzahlung angerechnet wird oder mit mehreren Boni ab einer gewissen Summe ausbezahlt wird. Bei dieser Geschäftspraxis stützt sich der Online-Händler auf das EuGH-Urteil und sieht sich dabei sattelfest.

Die Apothekerkammer Nordrhein war erfreut. "Die Konsumenten müssen eben davor geschützt werden, dass sie durch das Inaussichtstellen von geldwerten Vorteilen davon abgehalten werden, die qualitativ hochwertigere Beratung in den deutschen Präsenzapotheken in Anspruch zu nehmen und stattdessen ihre Arzneimittel bei ausländischen Versandapotheken bestellen", sagte die Vize-Geschäftsführerin der Apothekerkammer Nordrhein, Bettina Mecking. Selbst der EuGH habe diesen Versandapotheken attestiert, nicht im gleichen Masse pharmazeutische Beratung anbieten zu können wie stationäre Apotheken.

Ein Docmorris-Sprecher sagte, man werde die schriftliche Urteilsbegründung prüfen und dann das weitere Vorgehen entscheiden.

Es war kein guter Tag für die ausländische Tochter des Schweizer Online-Händlers: Ebenfalls am Mittwoch gab das Oberlandesgericht Karlsruhe bekannt, dass es die Berufung des Unternehmens gegen ein Urteil des Landgerichts Mosbach zurückgewiesen hatte. Geklagt hatte der Landesapothekerverband (LAV) Baden-Württemberg.

In diesem Streit ging es um den bundesweit ersten Apothekenautomaten in Hüffenhardt, den Docmorris aber nur kurz in Betrieb hatte und inzwischen nach mehreren Gerichtsurteilen aus Wettbewerbsgründen nicht betreiben darf. Der Docmorris-Sprecher wies allerdings auf ein separates, wichtigeres verwaltungsrechtliches Verfahren in Karlsruhe hin, bei dem eine Entscheidung noch aussteht.

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