Der zweitgrößte deutsche Reiseveranstalter, der von seiner britischen Mutter in den Insolvenz-Strudel gerissen worden war, sagte am Mittwoch alle Reisen auch für die Monate November und Dezember ab. Thomas Cook könne nicht garantieren, dass die Reisenden wie geplant ans Ziel und wieder zurück kämen, erklärte Deutschland-Chefin Stefanie Berk in Oberursel bei Frankfurt. Das Unternehmen wolle zudem "größere Planungssicherheit insbesondere über die Weihnachtsfeiertage schaffen". Damit können auch Hotels und Fluggesellschaften ihre Kapazitäten anderweitig vergeben. Die betroffenen Kunden würden informiert.

In den vergangenen Wochen hatten Touristen berichtet, dass sie in Hotels genötigt wurden, noch einmal für ihre Zimmer zu zahlen. Inzwischen seien - bis auf einige Langzeittouristen - alle nach dem Ende ihres Urlaubs wieder zurück in Deutschland, erklärte Cook. Zwar springt die Zurich Versicherung für die Ausfälle ein, allerdings nur bis zu einer Höhe von insgesamt 110 Millionen Euro. Doch das reicht längst nicht aus.

Allein vor zwei Wochen, als Thomas Cook Deutschland nach der Mutter Insolvenz anmelden musste, waren 140.000 Pauschalreisende mit dem Unternehmen unterwegs. Wie viele bis Ende Dezember noch gebucht hätten, wollte eine Unternehmenssprecherin nicht sagen. Sie müssen damit rechnen, dass sie ihre Anzahlungen nur zum Teil zurückbekommen. Zurich werde die Ansprüche quotal erfüllen, so weit das Geld reiche. Den Rest müssen die Thomas-Cook-Kunden als Forderung beim Insolvenzverwalter anmelden, sobald das Verfahren - voraussichtlich Anfang Dezember - eröffnet ist.

Wie es ab Januar mit dem Betrieb weitergeht, ist offen. Das Insolvenzverwalter-Trio um Fabio Algari will versuchen, vorher einen Käufer für das Unternehmen mit Veranstaltern wie Neckermann Reisen, Air Marin, Öger Tours und Bucher Reisen zu finden. Wenn das gutgeht, sollen ab Dezember wieder Reisen für das Jahr 2020 verkauft werden. Zahlreiche Konkurrenten aus der Branche und Finanzinvestoren hätten "ihr Interesse sowohl an der gesamten deutschen Thomas-Cook-Gruppe oder an einzelnen Unternehmensteilen bekundet", sagte Julia Kappel-Gnirs, die für Bucher und Öger zuständige Insolvenzverwalterin. Algari verwies auf die Verträge mit Hotelketten, Reisebüros und Fluggesellschaften, die für einen Käufer wertvoll seien. Das Geschäftsmodell von Thomas Cook sei intakt.

Die 2000 Mitarbeiter von Thomas Cook hätten ihre Gehälter für September inzwischen bekommen, erklärte das Unternehmen. Bis Ende November springt dafür die Arbeitsagentur ein, danach muss ein insolventes Unternehmen finanziell wieder auf eigenen Beinen stehen.

In Großbritannien hat sich unterdessen eine Lösung für die 555 Thomas-Cook-Reisebüros gefunden. Die familiengeführte Reisebüro-Kette Hays Travel aus dem nordenglischen Sunderland übernimmt alle Verkaufsstellen. Wie viele der 2500 dort Beschäftigten übernommen werden, ist unklar. Die vor 40 Jahren gegründete Hays Travel verdreifacht nach eigenen Angaben ihr Netz und verdoppelt die Zahl der Mitarbeiter. Im vergangenen Jahr hat Hays mehr als eine Milliarde Pfund umgesetzt. Seit der Anmeldung der Insolvenz habe Hays bereits 421 Beschäftigte von Thomas Cook angeheuert, sagte Geschäftsführer und Miteigentümer John Hays.