Von Mike Bird

NEW YORK (Dow Jones)--Noch vergangenen Herbst waren sich Fachleute über Auswirkungen der Pandemie ziemlich einig. Länder, in denen wie in Asien der Ausbruch von Covid-19 unterdrückt oder kontrolliert wurde, erlitten wohl kaum einen länger anhaltenden Rückgang der Verbrauchernachfrage als der Nachzügler USA. Das scheint jetzt aber der Fall zu sein.

Die eisige Geschwindigkeit der Impfprogramme in vielen Teilen des asiatisch-pazifischen Raums wird nämlich "social distancing" und Reiseverbote bis tief in die zweite Hälfte des Jahres 2021 hinein bedeuten - und möglicherweise darüber hinaus. Derzeit hat China laut "Our World in Data" weniger als sechs Impfdosen pro 100 Menschen eingesetzt, verglichen mit 38 in den USA und 13 in der EU. Entwickelte Volkswirtschaften in der Region liegen sogar noch weiter zurück: Südkorea, Japan und Australien haben jeweils weniger als zwei Dosen pro 100 Menschen eingesetzt.


 Privater Konsum bricht in Südkorea besonders krass ein 

Südkorea ist ein besonders gutes Beispiel für die bevorstehenden wirtschaftlichen Fallstricke. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist zwischen Ende 2019 und Ende 2020 insgesamt um rund 1,2 Prozent gesunken, was im globalen Vergleich stark ist. Aber diese Zahl wurde durch einen Anstieg der Exporte von Waren und Dienstleistungen um 1,2 Prozent gestützt. Der private Konsum fiel sogar um 6,5 Prozent und damit stärker als der Rückgang in den USA um 3,4 Prozent.

Die aktuellen Marktbewegungen zeigen, dass die Geduld der Investoren mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Wiedereröffnung begrenzt ist. Nachdem Hongkong und Macau die Verwendung von Biontech-Impfstoffen wegen eines Verpackungsproblems ausgesetzt hatten, rauschten die heimischen Aktien nach unten. Bis zum Nachmittag verlor der inländisch geprägte Hang-Seng-Index rund 2 Prozent. Die Macau-Kasinoaktien Wynn Macau und Sands China büßten jeweils 5 Prozent und 4 Prozent ein.


 Asien verschlief Entwicklung und Herstellung von Impfstoffen 

Die wirtschaftlichen Kosten, die entstehen, wenn die USA aus dem Tritt kommen, sind beträchtlich. Für den Moment ist die US-Notenbank Fed verpflichtet, die kurzfristigen Zinssätze niedrig zu halten, selbst wenn die Inflation für eine kurze Zeit über ihrem Ziel liegt. Das bedeutet aber nicht, dass der Tag einer strafferen US-Geldpolitik niemals kommen wird. Wenn es so weit ist, werden die Volkswirtschaften - insbesondere diejenigen mit vielen Dollar-Schulden - nicht mehr im frühen Stadium ihrer wirtschaftlichen Erholung sein wollen.

Impfungen waren in Ländern mit weniger Todesfällen und weniger strengen Verboten ein nicht so drängendes Thema. Aber die entwickelten asiatischen Länder könnten es irgendwann bereuen, dass sie zu Importeuren eines begrenzten Impfstoffangebots geworden sind. Womöglich hätten sie mehr auf Entwicklung und Herstellung eigener Impfstoffe setzen sollen. Im Laufe des Jahres könnten die Länder, die im Jahr 2020 die Vorbilder waren, am Ende neidisch in den Westen blicken.

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March 24, 2021 12:03 ET (16:03 GMT)