Von Telis Demos

(Dow Jones)--Mit einer Banklizenz geht manches leichter. Diese Erkenntnis nutzen immer mehr Fintech-Unternehmen bei ihrem Prozess der "Bankifizierung". Die bereits angekündigte Übernahme des Finanzdienstleisters GreenSky durch Goldman Sachs ist der jüngste in einer Reihe ähnlicher Deals, bei denen Fintech-Unternehmen zu Banken werden. Gleichwohl stehen die Banken in ihrem Kampf mit den Fintechs noch nicht als Sieger fest.

Derzeit befinden sich mehrere namhafte digitale Kreditunternehmen im Stadium der Umstellung auf ein Bankenmodell. Begonnen hatten sie mit unterschiedlich gearteten Partnerschaften, in deren Rahmen sie Banken und Händlern Technologien zur Großhandelsfinanzierung oder für Online-Marktplätze zur Verfügung stellten.

Der Kreditvermittler LendingClub hat mit Radius Bancorp eine Bank übernommen und kam damit in den Besitz einer Lizenz. SoFi Technologies arbeitet gerade daran, zu einer Bank zu werden. Das Finanzdienstleistungs- und Mobile-Payment-Unternehmen Square verfügt inzwischen ebenfalls über eine eigene Lizenz, die es zur Vergabe von Geschäftskrediten nutzen kann.


   Steile Kursentwicklung nach Übernahme einer Bank 

LendingClub erlebte nach dem Abschluss seines Bankendeals einen steilen Aufschwung, da dem Unternehmen nun auch die nötigen Einlagen zur Finanzierung der Kreditvergabe zur Verfügung stehen. Die Aktie hat im laufenden Jahr bereits mehr als 100 Prozent zugelegt.

Mit den Einlagen von Goldman Sachs im Rücken könnte sich GreenSky bald ganz auf seine Verbraucher- und Händlerbeziehungen sowie neue Produkte konzentrieren, ohne ständig an die Grenzen partnerschaftlicher Zuständigkeiten zu stoßen.

Die laufende Entwicklung ist deshalb von großer Bedeutung, weil sich die Landschaft für Raten-, Sofortkauf- und Point-of-Sale-Kredite rasch wandelt. Die Aktien von GreenSky stiegen nach Bekanntwerden der Übernahme um 53 Prozent.

Es ist verlockend, dies als Hinweis darauf zu sehen, dass sich die Banken trotz aller Probleme als ultimative Plattform für die Kreditvergabe erwiesen haben: Sie bleiben unberührt von den sich ständig ändernden Ansichten Washingtons über Fintechs. Sie verfügen über Einlagen, die sie fast nichts kosten und die sich als die dauerhafteste Form des Crowdfunding bewährt haben. Zudem unterliegen sie regelmäßigen Stresstests, die dafür sorgen, dass das Kreditrisiko auf ein Minimum beschränkt bleibt.


   Banken vergeben extern finanzierte Kredite 

Aber das ist nicht die ganze Geschichte. Der Markt kennt auch andere Stories. Ein Beispiel ist der Buy-now-pay-later-Anbieter Affirm. Er bietet relativ große, längerfristige Anschaffungskredite an, die über Partnerbanken vergeben werden. Affirm selbst ist keine Bank. Das Unternehmen setzt zur Finanzierung der Kredite eine Mischung aus eigenem Kapital und Geld von den Kapitalmärkten ein.

Trotzdem konnte dies die Aktie nicht aufhalten. Der Kurs von Affirm hat sich gegenüber dem Börsengang im Januar mehr als verdoppelt. Prächtig haben sich auch die Aktien von Upstart, einer Kreditvergabeplattform entwickelt, die Entscheidungen auf Basis künstlicher Intelligenz trifft. Upstart arbeitet mit Partnerbanken und Investoren zusammen. Das Kreditvolumen ging im laufenden Jahr steil nach oben. Der Wert der Aktie hat sich gleichzeitig versiebenfacht.

Vor der Bekanntgabe der Übernahme durch Goldman-Sachs war die GreenSky-Aktie im Jahresvergleich mit 70 Prozent im Plus. Die Banken im S&P Composite 1500 Index sind im Jahresverlauf lediglich um etwa 25 Prozent gestiegen.


   Wie lange wollen Banken ihre Rendite teilen? 

Auch künftig können die Banken weiter mit Rückenwind rechnen. Einlagen werden vermutlich noch längere Zeit billig bleiben, selbst wenn steigende Zinsen die Kapitalmärkte verunsichern. Wenn die Kreditkosten irgendwann wieder auf ein normales Niveau klettern, könnten diese Belastungen die Nettorendite im Kreditgeschäft schmälern, so dass es für Banken sinnvoller sein wird, die Profite nicht mehr mit einem externen Partner zu teilen.

Gleichzeitig könnte jedoch jeder Technologiepartner, der nachweislich in der Lage ist, Kreditverluste zu minimieren, für Banken und Investoren noch wertvoller sein. Und wenn Banken weiterhin so hungrig nach Kreditwachstum sind, werden sie wohl auch die Kosten für Partnerschaften als gerechtfertigt akzeptieren.

Es gibt einige aufsichtsrechtliche Unwägbarkeiten, die es zu beachten gilt. Geänderte Regeln für "echte Kreditgeber" könnten die Vergabe von Krediten über einen Partner erschweren. Dann stellt sich auch noch die Frage, wie die Aufsichtsbehörden die künftige Vergabe von Banklizenzen an Fintech-Unternehmen beurteilen.

Im Hypothekenbereich sollten die Anleger ein Auge auf Fannie Mae und Freddie Mac haben. Angesichts der geplanten neuen Kapitalanforderungen könnten sie weiterhin in einer guten Position sein, um Hypothekengebern, die keine Banken sind, dabei zu helfen, sich potenzielle Bankkonkurrenz vom Leibe zu halten.

Ein paar Scharmützel haben Banken zwar gewonnen, aber der Kampf ist noch lange nicht vorbei.

DJG/DJN/rer/hab

(END) Dow Jones Newswires

September 20, 2021 05:40 ET (09:40 GMT)