Von Dan Gallagher

NEW YORK (Dow Jones)--Auch bei den größten Technologieunternehmen läuft nichts ohne Chips. Ihre herausragende Stellung bietet ihnen jedoch zumindest im Moment einen gewissen Schutz vor dem Mangel an Halbleiterprodukten, von dem andere Branchen betroffen sind. Wie weit dieser Schutz reicht, wird sich in den anstehenden Ergebnisberichten zum ersten Quartal zeigen.

Apple, Microsoft, Amazon.com, Facebook und Google/Alphabet sind in ihrer Ausrichtung kaum zu vergleichen, aber jeder verkauft seine eigenen Produkte mit den entsprechenden Prozessoren, von Smartphones über intelligente Lautsprecher bis hin zu Virtual-Reality-Headsets. Gemeinsam ist diesen Fünf, dass sie riesige Netzwerke mit gigantischen Rechenzentren betreiben, um Cloud-Software, E-Commerce- und Social-Networking-Dienste sowie Filme, TV-Shows und Videospiele bereitzustellen.


   Starke Quartalszahlen 

Dennoch wird nicht erwartet, dass die Engpässe bei der Chipproduktion, die Branchen wie die Automobilindustrie plagen, die Ergebnisse der Big Techs für das März-Quartal bereits belasten. Laut Konsensschätzungen von Factset wird für die fünf vorgenannten Unternehmen im Berichtsquartal ein starkes zweistelliges Wachstum sowohl des Umsatzes als auch des operativen Ergebnisses erwartet, das die Zahlen des Vorjahreszeitraums in den Schatten stellen wird. Es wird damit gerechnet, dass diese Unternehmen den Umsatz um durchschnittlich 29 Prozent gesteigert haben. Das wäre eine bemerkenswerte Leistung, wenn man davon ausgeht, dass der addierte Umsatz der Gruppe in dem normalerweise schwächsten saisonalen Quartal wahrscheinlich bei knapp 300 Milliarden US-Dollar liegen wird.

Der operative Gewinn der Gruppe wird Prognosen zufolge das prozentuale Wachstum des Umsatzes übertreffen. Das deutet darauf hin, dass Analysten keinen zusätzlichen Kostendruck erkennen, der sich beispielsweise aus Komponentenmangel ergeben könnte. Die Schätzungen gehen vielmehr davon aus, dass die fünf Technologieriesen das operative Ergebnis im Jahresvergleich um durchschnittlich 43 Prozent auf insgesamt rund 61,5 Milliarden Dollar hochgeschraubt haben.


   Starke Marktmacht 

Wie schafft Big Tech das? Aufgrund der finanziellen und operativen Schlagkraft der Technologiegiganten der Welt stehen sie im Allgemeinen bei den Herstellern von Chips und anderen kritischen Komponenten an oberster Stelle. Zudem lassen sich mit Chips wie Zentralprozessoren für Smartphones, PCs und Rechenzentren viel höhere Preise erzielen als für viele der Chips, die zum Beispiel in Autos eingesetzt werden und jeweils weniger als einen Dollar kosten können. Es liegt also auf der Hand, dass Hersteller der Produktion dieser High-End-Chips Vorrang einräumen.

Das Geschäft im höherpreisigen Segment hat sich in diesem Jahr bislang stark entwickelt. IDC berichtet, dass der PC-Umsatz im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 55 Prozent auf fast 84 Millionen Einheiten gestiegen ist. Der Entwickler von Grafikprozessoren und Chipsätzen Nvidia, der rund 40 Prozent seines Umsatzes mit Chips erzielt, die er an Rechenzentren verkauft, teilte seinen Anlegern am Montag mit, dass die Ergebnisse für das am 2. Mai endende Geschäftsquartal über den Zahlen liegen werden, die ursprünglich im Ausblick genannt worden waren. Bei diesem wurde noch ein Umsatzanstieg von 72 Prozent für den Zeitraum prognostiziert.

Nach ihrem saisonalen Höchststand im vierten Quartal gehen die Smartphone-Verkäufe in der Regel deutlich zurück. Nun teilte der Chiphersteller Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) in seinem eigenen Bericht vom ersten Quartal am Donnerstag jedoch mit, dass die Saisonalität für Smartphones "schwächer" war als in den vergangenen Jahren.


   Mittelfristig Bremsspuren? 

Angesichts der erwarteten Knappheit von Chip-Produkten, der sich voraussichtlich bis ins nächste Jahr hinziehen wird, bleibt dennoch das Risiko einer gewissen Anfälligkeit für die Big Techs bestehen. Dies gilt insbesondere für Apple, der Konzern hat in den letzten vier Quartalen 82 Prozent seines Umsatzes mit Hardwareprodukten erzielt. Berichten zufolge reduziert das Unternehmen die Produktion auf einigen Mac- und iPad-Linien aufgrund der Knappheit. Microsoft hatte bereits im Dezember-Quartal mit starken Produktionseinschränkungen für seine neuen Xbox-Videospielkonsolen zu kämpfen. Diese Geräte sind seit Mitte April weitgehend ausverkauft.

Tech-Unternehmen wie Apple, Google und Amazon entwickeln zwar auch ihre eigenen internen Prozessoren für Produkte und Rechenzentren. Diese Chips benötigen jedoch nach wie vor Gießereikapazitäten bei Herstellern wie TSMC und Samsung. Dort will auch Intel künftig mitmischen und plant den Bau von zwei neuen Anlagen zur Herstellung von Chips in Arizona.

Der Bau neuer Chipfabriken nimmt jedoch zwei bis drei Jahre in Anspruch. Taiwan Semiconductor teilte außerdem mit, dass einige seiner wichtigsten neuen Werke erst 2023 in Betrieb gehen werden. Der CEO von TSMC, C.C. Wie, geht deshalb davon aus, dass die Kapazitätsengpässe dieses und nächstes Jahr noch fortbestehen werden.

Das ist eine lange Zeit, und es muss sich erst noch erweisen, dass die über allem schwebenden Technologietitanen nicht doch noch in den Sog der Verteilungskämpfe geraten.

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

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April 19, 2021 04:03 ET (08:03 GMT)