Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--"2022 wird wieder ein gutes Aktienjahr", erwartet Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer anlässlich eines Ausblicks der Bank auf Konjunktur und Aktienmärkte. Den DAX sieht die Bank zum Jahresende bei 17.200 Punkten. Das wäre ein Plus zum aktuellen Niveau von rund 11 Prozent. Krämer begründet seinen Optimismus vor allem mit der Erwartung einer rückläufigen Inflation im kommenden Jahr.

Neue Virus-Varianten hat die Commerzbank in ihre Prognosen eingerechnet. "Sie werden aber von Welle zu Welle weniger Effekte haben", glaubt Krämer. Er sagt aber auch, wegen der erwarteten weiteren Wellen sei die Commerzbank für die Konjunktur weniger optimistisch als andere Häuser, er rechne mit einem Wachstum um 3 Prozent.


 4 Gründe für nachlassende Inflation - APP statt PEPP 

"Die Inflation in der Eurozone wird fallen und sich um die 2 Prozent einpendeln", sagt Krämer. Erstens dürfte der Auftrieb der Energiepreise nachlassen, zweitens werde im Sommer mit saisonal fallenden Corona-Infektionen auch die Materialknappheit nachlassen. Krämer sieht als dritten Grund, dass die Lohnkosten in der Eurozone nur langsam steigen, zuletzt nur um 1,3 Prozent. "Das ist der geringste Anstieg seit dem Start der Währungsunion", betont er. Und viertens fielen zum Jahresbeginn die Effekte aus der Mehrwertsteuererhöhung heraus.

"Für die EZB-Tauben wird der Inflationsrückgang als Argument für eine weiter lockere Geldpolitik dienen", sagt Krämer. Nach dem Ende des Pandemiekaufprogramms (PEPP) werde sie mehr Anleihen über Wertpapierkaufprogramm (APP) erwerben. Damit dürften die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen über weite Strecken des kommenden Jahres negativ bleiben.

Der Ökonom weist allerdings darauf hin, dass die Inflation nur vorübergehend zurückgehen werde. Im Unterschied zur EZB-Meinung werde nicht die Inflation eine vorübergehende Erscheinung sein, sondern der nun zu erwartende Inflationsrückgang.

"Zur Mitte des Jahres könnte die deutsche Bundesanleihe die Marke von Null touchieren", so Krämer. Denn dann werde die US-Notenbank den Leitzins erhöhen, und jedes Quartal dürften weitere Schritte folgen. Die Rendite 10-jähriger US-Anleihen sieht er Ende 2022 bei 2,1 Prozent. In den USA sei die Inflation bereits nachhaltiger, denn hier stiegen auch die Lohnkosten deutlich.


 Rekordvolumen an Dividenden erwartet 

Somit wird das erste Halbjahr im DAX nach Meinung der Commerzbank auch das bessere werden. "Dann dürften Zykliker wie Autoaktien, Industrietitel und Papiere des Transportwesens outperformen", so Krämer. "Im zweiten Halbjahr dürften im Umfeld der US-Zinserhöhungen dann wieder defensive Aktien die Nase vorn haben".

Ein Argument für seinen Optimismus sieht er auch in den erwarteten Dividenden. "Die DAX-Unternehmen dürften die Ausschüttungen um 39 Prozent steigern - auf den Rekordwert von 47 Milliarden Euro", erwartet er.

DJG/hru/gos

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November 26, 2021 05:04 ET (10:04 GMT)