PARIS/LONDON/MAILAND (awp international) - Die meisten Börsen Europas haben am Dienstag mit Erleichterung auf deutlich besser als erwartete Exportdaten aus China reagiert und zugelegt. Allerdings bröckelten die Gewinne im Handelsverlauf etwas ab. Nach dem verlängerten Osterwochenende rückte der EuroStoxx 50 gegen Mittag um 0,62 Prozent auf 2910,65 Punkte vor. Damit knüpfte der Leitindex der Eurozone dennoch nahtlos an sein Plus von fast 9 Prozent aus der vergangenen Handelswoche an. Auch der spanische Ibex 35 oder italienische FTSE MIB legten am Dienstag zu.

Der französische Cac 40 zeigte sich zuletzt indes prozentual nahezu unverändert bei 4506,25 Zählern im Vergleich zum Schlussstand am Donnerstag. Der Londoner FTSE 100 gab um 0,47 Prozent auf 5815,38 Punkte nach. Das zum US-Dollar sich weiter erholende Pfund belastete.

"Die chinesischen Handelsdaten für den März machen Mut", begründete Portfolio-Manager Thomas Altmann von QC Partners die überwiegend freundliche Stimmung an den Handelsplätzen. Es sei zwar klar, dass der März nicht der Tiefpunkt des Welthandels gewesen sei und im April ein weiterer Rückgang folgen werde, doch "sollte China mit vergleichsweise geringen wirtschaftlichen Einbussen durch die Pandemie kommen, wäre das positiv für die Weltwirtschaft". Im vergangenen Monat waren die Ausfuhren aus China trotz der Corona-Krise im Jahresvergleich nur um 6,6 Prozent gesunken. Analysten hatten im Schnitt mit einem Einbruch um rund 14 Prozent gerechnet.

Dass die Ölproduktion im Mai und Juni um rund 10 Millionen Barrel pro Tag gedrosselt werden soll, wie am Sonntag von führenden Ölförderländern beschlossen, sei indes etwas enttäuschend, ergänzte Michael Hewson von CMC Markets UK. Hier sei mehr erwartet worden. Allerdings habe der Schritt dennoch geholfen, die Preise zu stabilisieren.

Derweil geht der Kampf gegen die Corona-Pandemie weiter und Frankreich etwa verlängerte seine strengen Ausgangsbeschränkungen um rund einen Monat bis zum 11. Mai. Zugleich wurde das Hilfspaket gegen die Krise aufgestockt auf nun rund 100 Milliarden Euro. In Italien flacht sich derweil die Infektionskurve zwar ab, doch liegt die Zahl der Corona-Toten inzwischen über 20 000. Die Ausgangsverbote dort gelten aktuell bis zum 3. Mai. Die EU-Staaten einigten sich zudem am späten Donnerstagabend auf ein Hilfspaket von mehr als 500 Milliarden Euro für Arbeitnehmer, Firmen und besonders krisengeschüttelte Länder.

Unter den einzelnen Branchen legte der Pharmasektor zu, während der Immobilien- und auch der Reise- und Freizeitsektor nachgaben. Im Immobiliensektor gaben die Aktien von URW nach ihrer jüngsten Erholung besonders stark nach mit minus 8,8 Prozent, gefolgt von der britischen Hammerson Plc mit minus 8 Prozent.

Im Reisesektor verloren die Papiere der schwer von der Corona-Krise getroffenen Fluggesellschaft Air France-KLM moderate 0,8 Prozent. Das Unternehmen ist zuversichtlich, Finanzspritzen von den Regierungen in Frankreich und in den Niederlanden zu erhalten. Frankreich hatte bereits seine Unterstützung signalisiert. Die Anteile von Safran als Schlusslicht im EuroStoxx mit minus 4,6 Prozent litten unter schwachen Vorgaben aus den USA, wo Aktien von Fluggesellschaften, Flugzeugbauern und deren Zulieferern am Montag spürbar nachgegeben hatten. Airbus gaben um 1,5 Prozent nach.

Um 1,4 Prozent ging es für die Papiere von AB Inbev im EuroStoxx nach oben. Der weltgrösste Bierbrauer halbiert wegen der Corona-Pandemie seine Schlussdividende für das abgelaufene Geschäftsjahr auf 50 Cent je Aktie. Analysten waren nicht überrascht und begrüssten die Schritt angesichts des hohen Fremdfinanzierungsgrades von AB Inbev.

Die Aktien von Renault konnten ihre frühen Gewinne nicht halten und gaben zuletzt um 0,5 Prozent nach. Der französische Autobauer steigt aus der Partnerschaft mit dem chinesischen Automobilhersteller Dongfeng aus. Die beiden vereinbarten die Übertragung des 50-Prozent-Anteils am Gemeinschaftsunternehmen an Dongfeng. Finanzielle Details wurden nicht genannt. Zuvor hatte Renault bereits mitgeteilt, angesichts der Corona-Krise für 2019 keine Dividende zu zahlen und ausserdem staatlich garantierte Kredite - offensichtlich in Milliardenhöhe - in Anspruch nehmen zu wollen.

Zudem bewegten einige Umstufungen Einzelwerte. So senkte die UBS die Aktie der Unicredit von "Buy" auf "Neutral" und halbierte nahezu das Kursziel. Damit gebe er nun auch seine letzte Kaufempfehlung im italienischen Bankensektor auf, schrieb Analyst Ignacio Cerezo. Wegen der Corona-Krise befürchtet er kräftig sinkende Gewinnerwartungen.

Dagegen äusserte sich sein Kollege Giovanni Montalti zur Orange-Aktie positiv und empfiehlt sie zum Kauf. Der UBS-Analyst begründete dies mit der hohen Zuverlässigkeit in Sachen Barmittelfluss des französischen Telekomunternehmens. Die Orange-Aktie legte um 1,6 Prozent zu.

Für die Anteilsscheine von STMicroelectronics ging es im Cac 40 zudem um 1,3 Prozent abwärts. JPMorgan-Analyst Sandeep Deshpande strich seine "Overweight"-Empfehlung für den Chiphersteller und kappte zudem das Kursziel deutlich. Nach der jüngst deutlichen Kurserholung sei die Aktie angesichts der durch die Corona-Krise wegbrechenden Absatzbranchen inzwischen nicht mehr so attraktiv, schrieb er./ck/mis