FRANKFURT (awp international) - Die Anleger am deutschen Aktienmark trauen sich weiter kaum aus der Deckung. Der Dax schaffte es am Mittwoch nur zeitweise in positives Terrain, fiel dann aber zurück und verlor zuletzt 0,20 Prozent auf 12 406,13 Punkte. An den beiden vergangenen Tagen hatte es letztlich nur für moderate Gewinne beim deutschen Leitindex gereicht. Der MDax der mittelgrossen Werte sank am Mittwoch um 0,14 Prozent auf 26 024,07 Punkte. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 0,03 Prozent auf 3520,34 Zähler nach unten.

"Es will für den Dax derzeit einfach keine Kaufstimmung aufkommen", erklärte Börsenexperte Andreas Lipkow von der Comdirect Bank. Insbesondere der zunehmende Verkaufsdruck bei Fresenius , FMC und Wirecard machten einen nachhaltigen Sprung über die 12 400 Punkte "immer unsicherer".

Der charttechnische Widerstand in diesem Bereich hatte sich bereits jüngst immer wieder als eine zu hohe Hürde erwiesen. Durchwachsene Unternehmensberichte und die Zurückhaltung vor wichtigen geldpolitischen Entscheidungen gaben keine Richtung vor. Zudem fehlten positive Impulse von der Wall Street als Kurstreiber, so Lipkow weiter.

Nach den jüngsten Äusserungen von US-Notenbankchef Jerome Powell und anderen Notenbankern gilt eine Zinssenkung Ende Juli am Markt zwar als ausgemacht. Fraglich bleibt aber, ob und inwieweit die US-Notenbanker nachlegen werden. Auch die Europäische Zentralbank unterstrich bereits ihre Handlungsbereitschaft für eine Lockerung ihrer Geldpolitik. Bis die Anleger hier Antworten erhalten, dominiert die anlaufende Bilanzsaison das Börsengeschehen.

Nach dem Kursrutsch bei US-Halbleiterwerten lag das Augenmerk der Investoren zur Wochenmitte europaweit auf dem Technologiesektor. Enttäuschenden Gewinnen beim schwedischen Telekomausrüster Ericsson standen überraschend gute Quartalszahlen vom niederländischen Chipausrüster ASML und von Dialog Semiconductor gegenüber.

Der im MDax notierte Chiphersteller hatte im zweiten Quartal Umsatz und Ergebnis gesteigert und die eigenen Prognosen leicht übertroffen. "Wenn man berücksichtigt, dass das Unternehmen noch immer Apple mit Halbleitern beliefert, ist das eine gute Indikation für die Smartphone-Produktion", schrieb Analyst Mitch Steves von der Bank RBC. Auch die Anleger zeigten sich zumindest zeitweise erfreut: Dialog-Papiere kletterten auf ein neues Zwischenhoch bei 38,65 Euro. Zuletzt gaben sie indes um 0,2 Prozent nach und zollten damit ihrer jüngst guten Entwicklung Tribut.

Gleichzeitig häufen sich weiter die Gewinnwarnungen. So kappte der Chemikalienhändler Brenntag nach einer spürbaren Abschwächung der Nachfrage im Juni seine Prognose für das operative Jahresergebnis. Analysten verwiesen allerdings auf überraschend starke Zahlen zum zweiten Quartal und rieten, eine Kursschwäche zum Einstieg zu nutzen. Die Gewinnwarnung habe nicht sonderlich überrascht, hiess es. Brenntag dämmten ihr Minus zuletzt auf 0,6 Prozent ein.

Im Dax machte Börsenexperte Lipkow eine "klassische Rotation" der Anlegerlieblinge aus. "Es gibt zwar einige Branchen, die durch positive Impulse wachgeküsst werden, aber die Kaufbereitschaft strahlt weiter nicht vollends ab." Stattdessen erschienen selektive Käufe durch Verkäufe anderer Unternehmen finanziert.

So rutschten die zuletzt angestiegenen Aktien von Fresenius, FMC und Wirecard an das Indexende. Druck auf den Dialysespezialisten FMC und dessen Mutter Fresenius kam auch von den Plänen des US-Pharmahändlers CVS Health für eine klinische Studie mit Heim- und Hämodialysegeräten Diese könnten mit den Angeboten von FMC und DaVita auf dem wichtigen US-Markt in Konkurrenz treten. Papiere des Versorgers RWE führten dagegen mit gut anderthalb Prozent Plus die Dax-Gewinnerliste an.

Stahlaktien litten unter negativen Analystenkommentaren. Eine negative Branchenstudie des Analysehauses Jefferies drückte die Titel des Stahlhändlers Klöckner & Co sogar auf ein Rekordtief - zuletzt verloren sie als einer der schwächsten Titel im Nebenwerte-Index SDax rund fünf Prozent. Bei den Salzgitter-Papieren belastete zusätzlich eine gestrichene Kaufempfehlung der Deutschen Bank: Sie büssten ähnlich deutlich an Wert ein und waren damit so günstig zu haben wie zuletzt im Februar 2016.

Am Rentenmarkt verharrte die Umlaufrendite bei minus 0,33 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,01 Prozent auf 144,76 Punkte. Der Bund-Future gewann 0,30 Prozent auf 172,97.

Der Euro kostete zuletzt 1,1214 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Dienstag auf 1,1223 Dollar festgesetzt. Der Dollar hatte damit 0,8910 Euro gekostet./gl/jha

--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---