FRANKFURT (dpa-AFX) - Der deutsche Aktienmarkt hat nach seinem schlechten Wochenstart am Dienstag weiter geschwächelt. Der Dax schloss 0,16 Prozent tiefer bei 15 320,88 Punkten. Bereits vergangene Woche waren durch starke Jobdaten aus den USA erneut Zinssorgen aufgekommen, nun hielten sich die Anleger vor einer Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell kurz nach Börsenschluss bedeckt. Für den MDax der mittelgroßen Werte ging es um 0,49 Prozent auf 29 179,03 Zähler nach unten.

"Auch wenn positive Impulse für den Aktienmarkt fehlen und die Unsicherheiten in Sachen Zinsen und der Geopolitik wieder zunehmen, die Börsenparty verlassen wollen derzeit nur die wenigsten Anleger", kommentierte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets. Der Dax zeige weiter eine erstaunliche Stabilität und trete auf hohem Niveau auf der Stelle. Der Dow Jones Industrial gab an der Wall Street vor der Powell-Rede etwas nach, während sich die Tech-Werte an der Nasdaq ein Stück erholten.

Hierzulande fanden auch frische Konjunkturdaten die Aufmerksamkeit der Anleger. Die deutsche Industrie schloss ein turbulentes Jahr 2022 noch deutlich schwächer als erwartet ab, wie der Produktionsrückgang im Dezember gegenüber dem Vormonat belegt. Der Rücksetzer stimme nachdenklich, da sich die Lieferkettenschwierigkeiten in den vergangenen Monaten deutlich gemildert hätten, schrieb Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank. Sie fügten sich indes in das Bild schwacher Dezember-Daten.

Derweil ging die Berichtssaison der Unternehmen in die nächste Runde. Im Dax gewannen die Aktien von Linde nach Zahlen 2,3 Prozent. Der Industriegase-Konzern konnte seinen Gewinn dank einer hohen Nachfrage im vergangenen Jahr steigern und will 2023 noch eine Schippe drauflegen. Analyst John Roberts von Credit Suisse lobte Linde für solide Kennziffern. Der Ausblick liege zudem über seinen Prognosen, obendrein verwies Roberts auf überraschend starke Margentrends.

Der Energietechnikkonzern Siemens Energy berichtete für das erste Geschäftsquartal einen mehr als verdoppelten Verlust, die Papiere gaben in der Folge um 2,3 Prozent nach. Während sich das eigene Geschäft deutlich verbesserte, verhagelten erneute Belastungen bei der Windkrafttochter Siemens Gamesa das Ergebnis. Siemens Energy hatte deswegen bereits vorläufige Zahlen veröffentlicht und den Ergebnisausblick gesenkt.

Auch Analystenaussagen bewegten die Kurse: Der Optimismus von Stifel-Analyst Alexander Wahl für Continental schob den Autozulieferer und Reifenhersteller vor dessen Jahresbilanz mit einem Plus von 2,7 Prozent an die Dax-Spitze. Wahl geht davon aus, dass die Gewinne mit dem Autozuliefergeschäft 2022 den Tiefpunkt gesehen haben und sich im laufenden Jahr verbessern.

Dagegen ließ eine Abstufung durch die Privatbank Berenberg die Aktien des Luft- und Raumfahrtkonzerns Airbus um 2,8 Prozent ans Ende des Leitindex sinken. Experte Philip Buller begründete seine nun geltende Verkaufsempfehlung mit dem negativen Einfluss von Inflationsschutzklauseln in Flugzeug-Lieferverträgen auf die Profitabilität.

Für die Aktien von Teamviewer ging es im MDax um 17,7 Prozent nach oben. Der Spezialist für Fernwartungssoftware nimmt sich nach dem guten Schlussquartal 2022 für das neue Jahr überraschend viel Geschäft vor. Ein Börsianer sprach von einem soliden Ausblick, der zusammen mit den angekündigten Aktienrückkäufen den seit Jahresbeginn stagnierenden Titeln erst einmal helfe.

Der IT-Dienstleister Bechtle verzeichnete im vergangenen Jahr auch dank eines starken Schlussquartals ein weiteres kräftiges Wachstum, wie Eckdaten belegen. Die Aktien bekamen dadurch nach gutem Lauf jedoch kaum neuen Schwung und endeten nur 0,3 Prozent höher. Martin Comtesse vom US-Analysehaus Jefferies bemängelte eine etwas enttäuschende Profitabilität.

Die Papiere von Synlab brachen am Ende des Nebenwerte-Index SDax auf ein Rekordtief ein und gingen 18,5 Prozent tiefer aus dem Handel. Der Laborspezialist legte Eckdaten für 2022 vor und senkte seine Ziele für das neue Jahr wegen einer geringeren Nachfrage und niedrigeren Preisen bei seinen Corona-Tests. Christophe-Raphael Ganet von der Investmentbank Oddo BHF reagierte darauf mit einer doppelten Abstufung der Aktie.

Die Pandemie hatte auch das Geschäft von Qiagen beflügelt, der Laborzulieferer und Diagnostikspezialist wird am späten Abend nach US-Börsenschluss seine Zahlen für 2022 präsentieren. Experten rechnen mit schwächeren Resultaten als noch ein Jahr zuvor, der Umsatz mit Covid-Produkten ging in den ersten neun Monaten bereits deutlich zurück. Allerdings lief es letztlich besser als zunächst befürchtet. Aus dem Xetra-Handel gingen die Titel mit einem Aufschlag von 1,2 Prozent.

An der Wall Street stand der Dow Jones Industrial zum europäischen Handelsschluss rund 0,2 Prozent tiefer. Der technologielastige Nasdaq 100 stieg dagegen um ein halbes Prozent. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx schloss 0,09 Prozent höher bei 4209,31 Punkten. In Paris ging es für den Cac 40 minimal abwärts, während der FTSE 100 in London moderat zulegte.

Der Euro setzte seinen Abwärtstrend in Folge des starken US-Arbeitsmarktberichts aus der Vorwoche fort und fiel auf den tiefsten Stand seit vier Wochen. Die Gemeinschaftswährung kostete zuletzt 1,0705 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0700 (Montag: 1,0776) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9346 (0,9280) Euro.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,26 Prozent am Vortag auf 2,29 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,08 Prozent auf 125,90 Punkte. Der Bund-Future verlor 0,45 Prozent auf 136,20 Zähler/niw/he

--- Von Nicklas Wolf, dpa-AFX ---