NEW YORK (awp international) - Nach einer überraschend angekündigten Zinssenkung der US-Notenbank Fed haben am Dienstag die New Yorker Aktienindizes die Richtung nach unten eingeschlagen. Im frühen Handel schwankte der Markt stark, Unentschlossenheit prägte das Geschehen. Anschliessend drifteten die Kurse deutlich ins Minus. Der Leitindex Dow Jones Industrial büsste zuletzt rund 3 Prozent ein auf 25 903,78 Punkte. Am Vortag hatte der Dow noch mehr als 5 Prozent gewonnen und einen Grossteil der Verluste durch den Ausverkauf der Vorwoche wettgemacht.

Wegen der Gefahren für die Wirtschaft durch den Ausbruch des neuartigen Coronavirus hatten die US-Währungshüter den Leitzins um 0,50 Prozentpunkte gesenkt. US-Notenbankchef Jerome Powell erklärte, es sei erkennbar, dass das Coronavirus bereits Auswirkungen auf das Wachstum vieler Länder und die globalen Finanzmärkte habe. Das Ausmass der Auswirkungen für die US-Wirtschaft sei aber noch "in hohem Masse unsicher".

Der marktbreite S&P 500 rutschte um 2,84 Prozent auf 3002,57 Punkte ab. Und für den technologielastigen Nasdaq 100 ging es um 3,15 Prozent abwärts auf 8598,44 Zähler.

Viele Marktteilnehmer begründeten die kräftigen Kursverluste am Aktienmarkt mit der bereits zuvor hohen Erwartung an eine Zinssenkung. Dass dies nun in einer ausserplanmässigen Aktion stattgefunden habe wie letztmals 2008 nach der Lehman-Pleite habe aber überrascht, hiess es. Einige kritisierten zudem, die Fed hänge am Haken der Märkte. Die Experten von Vontobel Asset Management sprachen von einer sehr aggressiven Massnahme der Fed. Sie habe gegenüber dem Markt zu früh nachgegeben. Es scheine, als hätten die hohen Marktschwankungen die Fed zu einer Reaktion gezwungen, was alles andere als gesund sei.

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der Liechtensteiner VP Bank, befürwortet jedoch Massnahme: "Bevor die Finanzmärkte und die US-Wirtschaft grösseren Schaden nehmen, schreitet die Fed ein und verpasst der US-Wirtschaft eine Grippesschutzimpfung. Das ist gut so, zeugt es doch von einem energischen Vorgehen gegenüber etwaigen schärferen Konjunkturrisiken."

Die Verunsicherung am Markt wegen der nicht abschätzbaren Folgen für die Wirtschaft durch den Coronavirus-Ausbruch ist nach wie vor sehr gross. Sichere Häfen wurden erneut gesucht. So sank am US-Anleihemarkt die Rendite der Papiere mit zehnjähriger Laufzeit erstmals unter 1 Prozent.

Unter den Einzelwerten verloren im Dow als Schlusslicht die Papiere des Kreditkartenkonzerns American Express gut 5 Prozent. Am Vorabend hatte der Rivale Visa Inc seine Investoren auf ein niedrigeres Umsatzwachstum im zweiten Quartal eingestimmt. Die Wachstumsraten hätten sich seit Ausbruch des neuen Coronavirus Woche für Woche verschlechtert. Die Visa-Titel gaben um mehr als 3 Prozent nach.

JPMorgan verloren 3,6 Prozent. Leitzinssenkungen sind für Banken schlecht und lasten auf ihrer Gewinnentwicklung. Zinserträge etwa aus Kredit- und Geldmarktgeschäften fallen zumeist weniger üppig aus.

Die Aktien von Thermo Fisher Scientific gewannen zuletzt nur noch 1,8 Prozent. Nach einigem Ringen will der US-Technologiekonzern das Gendiagnostik- und Biotechunternehmen Qiagen für rund 10 Milliarden Euro schlucken. Thermo Fisher bietet den Qiagen-Aktionären 39 Euro je Aktie. Damit liegt die Offerte fast 23 Prozent über dem Schlusskurs vom Montag. Die in New York notierten Qiagen-Aktien sprangen um rund 15 Prozent hoch.

Kursverluste von 8 beziehungsweise fast 5 Prozent gab es zudem bei den Aktien der Ölfeld-Dienstleister Halliburton und Schlumberger . Die UBS hatte beide Werte auf "Neutral" abgestuft.

Der US-Lebensmittellieferant Sysco hat Insidern zufolge den deutschen Handelskonzern Metro wegen einer Übernahme kontaktiert. Die US-Amerikaner sehen Metro als Gelegenheit, in Europa zu wachsen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Sysco-Anteile sanken um 2,2 Prozent./ajx/fba