Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt hat am Donnerstagvormittag nach einem schwächeren Frühgeschäft ins Plus gedreht. Händler beschreiben den Markt aber als eher richtungslos. Die Anleger verhielten sich wegen der laufenden Brexit-Gespräche und der politischen und wirtschaftlichen Spannungen zwischen der USA und China sowie im Nahen Osten weiterhin vorsichtig. Gewinnmitnahmen in den schwergewichtigen Nestlé-Aktien bremsten zudem die Kursentwicklung. Am Nachmittag könnten einige amerikanische Konjunkturdaten noch für Kursbewegungen sorgen. Veröffentlicht werden unter anderem Produktionsdaten aus der durch den US-chinesischen Handelskonflikt gebeutelten Industrie.

Das Ringen um einen Kompromiss beim Brexit geht weiter. Zwar gab es in den Gesprächen über ein geregeltes Ausscheiden der Briten aus der EU in den vergangenen Tagen deutliche Fortschritte. Wenige Stunden vor dem EU-Gipfel sind die Chancen für ein schnelles Brexit-Abkommen wieder gesunken. Die nordirische Protestantenpartei DUP lehnt Teile der am Vorabend von London und Brüssel ausgehandelten Vorschläge zum EU-Austritt ab. Unklarheiten gebe es beim Zoll und bei der Frage der Mehrwertsteuer. Damit wird die Zeit bis zum geplanten EU-Austritt der Briten am 31. Oktober immer knapper.

Der Swiss Market Index (SMI), der bis 10'002,65 gefallen ist, steht um 11.00 Uhr um 0,14 Prozent höher bei 10'046,16 Punkten. Der 30 Aktien umfassende Swiss Leader Index (SLI), bei dem die grossen Titel nicht mit dem ganzen Gewicht gerechnet werden, sinkt dagegen um 0,24 Prozent auf 1'536,78 Punkte und der breite Swiss Performance Index (SPI) um 0,12 Prozent auf 12'169,14 Punkte. Von den 30 wichtigsten Aktien notieren 15 tiefer und 14 höher. Schindler sind unverändert.

Im Fokus stehen die Aktien von Temenos (-17%). Der Bankensoftwareanbieter hat für einmal die Erwartungen nicht erfüllt. Da die Aktie 2019 um die Hälfte (Stand 16. Oktober) gestiegen ist, seien Gewinnmitnahmen nicht überraschend, sagt ein Marktbeobachter. Die Abgaben fielen allerdings übertrieben heftig aus. "Man kann sich guten Gewissens fragen, ob man diesen Kurssturz nun nicht als günstige Kaufgelegenheit betrachten sollte", sagt ein Händler. Letztlich hätten sich Käufe bei solchen Gelegenheiten meist ausbezahlt.

Auch Nestle (-0,9%) stimmt die Anleger mit dem Zwischenbericht nicht euphorisch. Auch hier komme es zu Gewinnmitnahmen nach einem Kursplus um rund ein Drittel im laufenden Jahr. Nestlé habe "geliefert aber nicht mehr". Händler monieren eine leichte Wachstumsverlangsamung im dritten Quartal. Q3 sei nicht ganz so gut gewesen wie erwartet, heisst es bei der ZKB.

Schwächer sind auch die Aktien von Kühne + Nagel (-1,2%), nachdem Goldman Sachs das Rating für die Papiere des Logistikkonzerns auf "Sell" von "Neutral" gesenkt hat.

Die Aktien der Grossbanken Credit Suisse (-0,7%) und UBS (-0,7%) ermässigen sich ebenfalls.

Zu den Gewinnern zählen die Anteile von Richemont (+1,3%) und Swatch (+0,5%), die von Käufen nach dem unerwartet starken Anstieg der Uhrenexporte im September profitieren. Die Uhrenhersteller konnten einen Rückgang in Hongkong auf anderen Märkten mehr als wettmachen.

Auf Erholungskurs sind auch Roche (+0,9%), die am Vortag trotz eines besser als erwarteten Zwischenberichts um 1,6 Prozent gefallen waren. Die Papiere von Rivale Novartis gewinnen 0,4 Prozent.

Die Aktien von Sonova (+0,7%) und Givaudan (+0,2%) sind nach einem schwachen Vortag ebenfalls gefragt.

Am breiten Markt büssen Inficon nach einem schlechter als erwarteten Quartalsbericht 11 Prozent ein. Im Sog schwacher Technologietitel verlieren auch AMS (-2,4%) Terrain. Der Halbleiterhersteller wird kommende Woche über das dritte Quartal berichten. Händler hoffen dann auch auf Informationen darüber, wie es nach der missglückten Osram-Übernahme weitergehen soll.

Mit den Aktien von VAT (-3,2%) steht ein weiterer Branchenvertreter unter Druck. "Der Halbleitersektor läuft insgesamt nicht gut", sagt ein Händler und erwähnte als weitere Bespiele Cicor (-1,0%) und U-blox (-1,4%).

Starke Abgaben verzeichnen auch Rieter (-8,5%), nachdem die UBS die Titel des Maschinenbauers neu mit "Sell" einstuft.

Die Aktien des Mischkonzerns Conzzeta steigen hingegen um 3,2 Prozent und wetzen damit die Kursscharte vom Vortag mehr als aus.

pre/rw