Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt hat am Freitag die Erholungsbewegung der vergangenen Tage abgebrochen und im Minus geschlossen. Einige Anleger hätten die jüngsten Kursgewinne wohl vor dem Wochenende noch realisieren wollen, hiess es am Markt. Der wieder angestiegene Volatilitätsindex VSMI deutete auf eine anhaltende Nervosität hin.

Die Ängste um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie seien wieder grösser geworden, meinte auch ein Marktanalyst: Das Ende der Krise sei noch immer weit weg. Die weltweit geschnürten Hilfspakete dämpften den Absturz der Konjunktur zwar, verhindern könnten sie ihn aber nicht. Eine nachhaltige Erholung der Aktienkurse hänge schlussendlich vom Erfolg bei der weltweiten Eindämmung des Virus ab, mahnte er.

Der SMI schloss um 2,26 Prozent tiefer auf 8'996,37 Punkten. Auf Wochensicht hat er damit aber noch immer rund 4,3 Prozent zugelegt, gegenüber dem Tiefstand von vor zwei Wochen hat er über 1'300 Punkte gut gemacht. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, verlor 2,79 Prozent auf 1'320,31 Zähler und der breite SPI gab 1,72 Prozent auf 10'955,75 Punkte nach. Von den Blue Chips schlossen 28 im Minus und zwei im Plus.

Bei den stärksten Verlierern waren die Grossbankenwerte CS (-7,0%) und UBS (-4,0%), die noch in den vergangenen Tagen mit dem Gesamtmarkt eine starke Erholungsbewegung gezeigt hatten. Bei den Versicherungstiteln standen vor allem Zurich (-4,3%) unter Druck, während Swiss Life (-1,8%) und Swiss Re (-1,0%) moderater nachgaben.

Heftige Verluste entfielen auch auf LafargeHolcim (-5,1%). Der Zementkonzern kippte am Freitag den Ausblick auf das Gesamtjahr, weil dieser aufgrund der Entwicklung der Corona-Pandemie zunehmend unrealistisch geworden sei. Gleichzeitig kündigte der Konzern ein Kostensenkungsprogramm und Abstriche bei Investitionen an.

Auch weitere typische zyklische Titel standen unter Druck, so die Luxusgüterwerte Richemont (-4,0%) und Swatch (-3,9%). Für die Aktien des Industriekonzerns ABB (-3,8%) und des Personalvermittlers Adecco (-4,3%) ging es nach den starken Avancen des Vortags ebenfalls wieder klar abwärts.

Deutlich im Minus schlossen auch SGS (-3,2%). Die Deutsche Bank prognostizierte einen immer stärkeren Einfluss der Coronakrise auf das Geschäft des Prüfunternehmens und senkte ihre Empfehlung auf "Halten" von bisher "Kaufen". Beim Logistiker Kühne+Nagel (Titel -3,3%) dürfte gemäss den Analysten von Berenberg die Gewinnentwicklung unter "erheblichen Stress" geraten.

Die Aktien des Nahrungsmittelkonzerns Nestlé (-1,3%) gaben weniger stark als der Gesamtmarkt nach, ebenso wie die Titel des Pharma-Schwergewichts Novartis (-1,2%). Die Aktien der Konkurrentin Roche (-0,3%) notierten zeitweise im Plus.

Generell konnten sich defensivere Titel am Freitag besser halten - so etwa die Aktien von Vifor Pharma (-1,6%). Mit leichten Gewinnen gingen die Titel des Telekomkonzerns Swisscom (+0,3%) und des Hörgeräteherstellers Sonova (+0,8%) aus dem Handel.

Am breiten Markt sackten die Titel des Duty Free-Anbieters Dufry (-10,8%) erneut ab. Das Unternehmen gehört bezüglich Jahresperformance nun zu den schwächsten am Markt.

Nach unten geht es mit den Titeln von Adval Tech (-2,3%), die am Morgen Jahreszahlen vorgelegt hatten. Der Autozulieferer hat aufgrund der Corona-Krise die Produktion an mehreren Standorten zurückgehfahren und verzichtet auf eine Prognose für 2020.

Klar im Plus gingen Aevis (+3,0%) nach Zahlenvorlage aus dem Markt. Der Spital- und Hotelkonzern verzichtete aufgrund der unsicheren Lage auf die Auszahlung einer Dividende, die Ausschüttungen sollen aber im kommenden Jahr wieder aufgenommen werden.

Bemerkbar machten sich auch verschiedene Analystenkommentare. So senkte Berenberg in verschiedenen Branchenstudien die Kursziele für einige Industrieunternehmen wie SFS Group (-4,8%) oder Bucher (-3,8%), aber auch für den Telekomkonzern Sunrise (-2,7%).

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