Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier lehnt erneut den US-amerikanischen Vorstoß zur Freigabe von Corona-Impfstoffpatenten ab. Solch eine Freigabe würde den Zugang von Entwicklungsländern zu Impfstoffen nicht erleichtern. Auch würde es Unternehmen die Anreize zur Entwicklung zukünftiger Impfstoffe und neuer Produkte reduzieren, warnte der CDU-Politiker. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sieht eine generelle Freigabe ebenfalls kritisch.

"Wir wollen den Patentschutz nicht aufheben. Wir wollen einen starken Patentschutz auch für die Zukunft erhalten, zumal wir glauben, dass der amerikanische Vorstoß zwar sehr ernstzunehmend und auch ehrenwert ist, aber das eigentliche Problem ja gar nicht lösen wird", sagte Altmaier in einer Diskussionsrunde zum Standortfaktor Gesundheitsindustrie.

"Durch die Aufhebung des Patentschutzes wird ja kein Entwicklungsland in die Lage versetzt, diesen Impfstoff zu produzieren. Der kann nur produziert werden in Zusammenarbeit, in Kooperation mit anderen hoch technologischen Pharmaherstellern."

Die Triebfeder für Innovation sei zudem in der Weltgeschichte immer auch die Möglichkeit gewesen, das Erreichte zu verwerten und auswerten zu können. Dies sei ein sehr legitimes Anliegen. "Deshalb bin ich überzeugt, wir werden erfolgreicher sein bei neuartigen Lösungen für neuartig auftretende Probleme, wenn wir an diesem bewerten Schutzsystem festhalten", betonte Altmaier.


   BDI: Aufkündigung des Konsenses zum Schutz geistigen Eigentums wäre sträflich 

Auch BDI-Präsident Siegfried Russwurm lehnte eine Aufhebung des Patentschutzes ab. Die Gesundheitsindustrie sei eine der Branchen mit der höchsten Forschungs- und Entwicklungs-Quote in Deutschland. Diese liege in Deutschland bei mehr als 16 Prozent, während Deutschland insgesamt 3,5 Prozent anstrebe. Wenn hier die Möglichkeit der Gerichtsbarkeit genommen werde, würde wohl nicht so viel Geld in F&E fließen, warnte Russwurm.

Der Schutz des geistigen Eigentums sei "eine Grundsatzfrage, von der man auch in Pandemie nicht ohne reifliche Überlegung abweichen darf", so Russwurm in der Diskussionsrunde mit Altmaier. "Selbst die Chinesen folgen da unserem Rechtsempfinden. An der Stelle sind wir mal wirklich unterwegs in einem globalen Konsensus. Und den aufzukündigen hielte ich für sträflich".

Sehr viel sinnvoller wäre es hingegen, in den Einzelfällen, wo Patentrechte als prohibitiv wahrgenommen werden, dann diesen Einzelfall zu regeln und zu diskutieren, ob die Lizenzzahlungen denn fair seien.

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June 16, 2021 07:10 ET (11:10 GMT)