Frankfurt (Reuters) - Kurz vor dem Zinsentscheid der US-Notenbank zeigen sich die Anleger in Europa zunehmend nervös.

"Wie schon die letzten Zinssitzungen, hat auch die heutige das Potenzial, die Märkte ordentlich zu bewegen", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Anfängliche Gewinne büßte der Dax im Handelsverlauf am Mittwoch wieder ein und notierte 0,3 Prozent niedriger bei 13.301 Punkten. Der EuroStoxx50 gab 0,5 Prozent auf 3634 Zähler nach.

Im Kampf gegen die Inflation gehen Börsianer fest vom vierten Zinsschritt der US-Währungshüter in Höhe von 0,75 Prozentpunkten in Folge aus. "Entscheidend wird der Zinsausblick der Fed sein", betonte Altmann. "Denn viele am Markt hoffen und erwarten, dass die Fed ihr Tempo ab der nächsten Zinssitzung im Dezember drosselt." Jede über den Erwartungen liegende Konjunkturmeldung wird Börsianern zufolge daher derzeit mit Skepsis aufgenommen, da sie die Aussichten auf ein gedrosseltes Tempo bei den kommenden Zinsschritten verringern könnte.

Der überraschend starke Stellenzuwachs bei US-Unternehmensetzte deshalb die US-Futures an der Wall Street unter Druck. Unter dem Strich entstanden im US-Privatsektor im Oktober 239.000 Jobs und damit weitaus mehr als erwartet, wie aus einer Umfrage des Personaldienstleisters ADP hervorging. Der hohe Anstieg der Zahl der offenen Stellen in den USA im September hatte die Wall Street bereits am Vortag ins Minus gezogen.

Im Fokus werden am Abend daher die Worte von Fed-Chef Jerome Powell über die wirtschaftlichen Aussichten stehen, sagte Analystin Susannah Streeter von der Investmentgesellschaft Hargreaves Lansdown. "Es bestehen große Hoffnungen, dass er signalisieren wird, dass der aggressive Ansatz der US-Notenbank zur Eindämmung der Inflation etwas aufgeweicht werden könnte".

Auch am Devisenmarkt gingen Anleger von einer Verlangsamung des künftigen Zinserhöhungstempos durch die Federal Reserve aus, was den Dollar etwas belastete. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, verlor 0,3 Prozent auf 111,14 Punkte. Im Gegenzug zog der Euro um 0,3 Prozent auf 0,9906 Dollar an. Währungsstrategen rechneten einer Reuters-Umfrage zufolge aber damit, dass der Rückzug des Dollars nicht anhalten werde.

Unsicher zeigten sich Börsianer unterdessen mit Blick auf China. Am Vortag in den sozialen Medien aufgetauchte Spekulationen über eine Lockerung der strengen Corona-Regeln im kommenden Frühjahr trieben erneut die Kurse an den chinesischen Börsen an. "Wir glauben, dass China seine Covid-Beschränkungen bald feiner abstimmen könnte, mit einem gezielteren Ansatz, weniger restriktiven Quarantänevorschriften und einer ausgewogeneren Bewertung des Virus", konstatierten die Analysten der US-Bank Morgan Stanley.

Auch Chinas Zentralbankchef Yi Gang sagte auf einem Investitionsgipfel in Hongkong, dass die Reform- und Öffnungspolitik des Landes fortgesetzt werde. Allerdings verhängten die Behörden neue Corona-Sperren in einem chinesischen Industriepark, in dem sich ein wichtiges Werk des Apple-Zulieferers Foxconn befindet.

TEAMVIEWER MIT KURSSPRUNG

Bei den Einzelwerten schoben sich die Titel von Teamviewer ins Rampenlicht. Mit einem Kursplus von in der Spitze fast 20 Prozent steuerten sie auf einen Rekordzuwachs zu. Dank eines überdurchschnittlichen Wachstums in ertragsstarken Geschäftsbereichen sieht sich das Softwarehaus für den Rest des Jahres auf einem guten Weg. "Insbesondere die Profitabilität überzeugt", sagte DZ-Bank-Analystin Anja Euler. Ein Händler lobte die Zahlen als solide: "Die Aktie sollte im Erholungsmodus bleiben."

Auch Novo Nordisk überzeugte die Anleger mit einem überraschend hohen Ergebnis und rosigen Aussichten. Die Aktien stiegen in Kopenhagen um fünf Prozent, nachdem der dänische Pharmakonzern seine Gewinnprognose für das Gesamtjahr wegen der großen Nachfrage nach seinem Diabetes-Medikament Ozempic angehoben hatte. Analysten zufolge ist der Wirkstoff auch bei Patienten gefragt, die ihr Gewicht reduzieren wollen.

Schlusslicht im Dax waren nach einer Herabstufung durch Moody's die Aktien von Vonovia mit einem Kursrücksetzer von mehr als fünf Prozent. Angesichts des Trends steigender Zinssätzen sei ein Rückgang der Immobilienwerte in Deutschland unvermeidlich, konstatierten die Experten.

(Bericht von Stefanie Geiger. Redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)