FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Fondsmanager Frank nimmt die EM zum Anstoß, sich mit den Kapitalmarktaktivitäten der Fussballvereine zu befassen, und was Anlegern bringen kann.

14. Juni 2021. FRANKFURT (pfp Adisory). Seit Freitagabend rollt der Ball bei der UEFA EURO 2020. Bis zum 11. Juli spielen 24 Fußball-Nationalmannschaften mit einem Jahr Verzögerung um den Titel des Europameisters. Favoriten der Sportwettenanbieter waren vor Turnierbeginn Frankreich, Belgien und England, gefolgt von Spanien, Italien und Deutschland. Auch in vielen Studien, die Kapitalmarktanalysten vor großen Turnieren als Ausflug in die Sportwelt veröffentlichen, ist die DFB-Elf kein Top-Favorit. So billigen die Deka-"Quants" der Truppe mit einer Finalsieg-Wahrscheinlichkeit von lediglich 3 Prozent allenfalls Außenseiterchancen auf den ersten EM-Titel seit 1996 zu.

Wer seine Fußballkenntnisse in Geld ummünzen will, kann sich bei Tippspielrunden "austoben" oder Sportwetten platzieren. Auch am Kapitalmarkt ist der Fußball ein Riesengeschäft. Nationalmannschaften sind dort zwar nicht präsent, Vereinsmannschaften aber sehr wohl. So haben beispielsweise europäische Traditionsklubs wie Ajax Amsterdam, AS Rom, Celtic Glasgow, Juventus Turin, Lazio Rom, Manchester United, der FC Porto, Olympique Lyon oder Sporting Lissabon ihre Profifußball-Abteilungen in Aktiengesellschaften überführt und an der Börse listen lassen.

In Deutschland gibt es aktuell zwei börsennotierte Fußballklubs: Borussia Dortmund und die SpVgg Unterhaching. Während die schwarz-gelbe Borussia etwa ab der Jahrtausendwende den Ball auch auf dem Börsenparkett rollen ließ und damit auch am Kapitalmarkt eher zu den Traditionalisten gehört, wagte sich die Spielvereinigung aus dem Münchener Vorort erst 2019 in den Handelssaal.

Die Kursentwicklungen der beiden deutschen Vertreter zeigen Reiz und Dilemma von Fußballaktien. Neben den üblichen Einflussfaktoren, denen alle Aktien und Unternehmen ausgesetzt sind, kommt bei den Fußballklubs mit den Fans eine weitere Interessengruppe sowie die Abhängigkeit von sportlichen Erfolgen hinzu. Ein verschossener Elfmeter, eine langwierige Verletzung eines Schlüsselspielers oder das überraschende Ausscheiden aus einem K.o.-Wettbewerb kann den Aktienkurs schon einmal um einen zweistelligen Prozentsatz einknicken und wirtschaftliche Prognosen zur Makulatur werden lassen.

Als Borussia Dortmund Mitte der Nullerjahre ins sportliche Mittelmaß abrutschte und durch den hohen Schuldenberg die Insolvenz drohte, verkam das einst zu 11 Euro emittierte BVB-Papier zeitweise zum Pennystock. Erst mit neuem Management und dem Erfolgstrainer Jürgen Klopp konnte das Aus abgewendet und ein respektables Comeback eingeleitet werden. Ab 2010 vervielfachte sich der Aktienkurs, ehe er sich 2020 durch die Covid-19-Pandemie erneut halbierte. Momentan notiert er mit rund 6,50 Euro rund 40 Prozent unter dem Erstemissionspreis.

Noch ärger erwischte es den anderen börsennotierten Fußballklub Deutschlands, die SpVgg Unterhaching. War beim Börsengang 2019 der Aufstieg in die zweite Bundesliga als mittelfristige Perspektive genannt worden, kam es in der abgelaufenen Saison 2020/21 quasi zur gegenteiligen Entwicklung: Die SpVgg steigt nicht auf, sondern ab, aus der 3. Liga in die Regionalliga. Seit Mitte März stand der Klub ununterbrochen auf dem letzten Tabellenplatz, war sozusagen das Schalke der 3. Liga. Niedergang prägt auch den Aktienkurs, der sich seit dem Börsengang fast durchgehend südwärts bewegte und momentan etwa 45 Prozent unter seinem Emissionspreis steht.

Auch die ausländischen Klubs brachten Investoren selten akzeptable Renditen. Kaum eine Fußballaktie hat in den vergangenen 20 Jahren an Wert gewonnen. Manchmal handelt es sich eher um Charts der Liga "Links oben rechts unten", so bei AS Rom, Lazio Rom, Olympique Lyon und dem FC Porto. Das ist bei Celtic Glasgow und Sporting Lissabon im Zwanzigjahresfenster nicht anders, aber wenigstens zeigen diese Papiere seit 2012 nennenswerte Erholungen. Juventus Turin trudelte in den vergangenen 20 Jahren seitwärts mit leichtem Abwärtsdrall, Manchester United schaffte seit dem zweiten Börsengang im Jahr 2012 wenigstens ein bescheidenes Plus. Am wenigsten schlecht performte seit der Jahrtausendwende noch Ajax Amsterdam, immerhin ungefähr so wie der Durchschnitt der an der Amsterdamer Börse notierten Aktien.

Diese Bilanz zeigt: Fußball und Börse, das passte in den vergangenen 20 Jahren aus Anlegersicht nicht wirklich zusammen. Und das wohlgemerkt nicht erst seit der Covid-19-Pandemie, die die Lage für viele Vereine nochmals drastisch verschlechtert hat. Fußballaktien bieten Nervenkitzel und wegen ihrer zuweilen hohen Volatilität kurzfristige Trading-Chancen, zum "Buy and hold" taugen sie eher nicht.

Auch die Anleihen, die beispielsweise Traditionsvereine wie Schalke 04 oder Werder Bremen emittiert haben, sortiere ich eher als Hochrisikopapiere bzw. Fanartikel ein. Mahnende Beispiele sind Anleihen der Traditionsvereine 1. FC Kaiserslautern und Alemannia Aachen, die bereits ausgefallen sind.

Wer seinen Verein finanziell unterstützen will, sollte also damit leben können, dass sein Geld im Zweifelsfall nicht zurückgezahlt wird. Für manche Fans ist das wohl kein Problem, weil sie eben in erster Linie Fans sind. Wer aber nicht so denken kann bzw. will, sollte den fußballerischen Nervenkitzel wohl besser im Stadion statt an der Börse suchen.

von: Christoph Frank

14. Juni 2021, © pfp Advisory

Christoph Frank ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Roger Peeters steuert der seit über 25 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktive Experte den DWS Concept Platow (WKN DWSK62), einen 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds. Weitere Infos unter www.pfp-advisory.de. Frank schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.

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