FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Chinesische Festlandsaktien sind nichts für schwache Nerven: 2018 brach der Markt um über 30 Prozent ein. In diesem Jahr ging es aber ebenso rasant wieder nach oben.

2. Mai 2019. FRANKFURT (Börse Frankfurt). China gehört zu den großen Überraschungen an den Aktienmärkten in diesem Jahr: Ende 2018 dominierten noch die Molltöne wegen der Handelsstreitigkeiten mit den USA und der sich ohnehin abschwächenden Wirtschaftsdynamik. Dann kletterte der CSI 300, der die chinesischen Festlandsaktien ("A-Aktien") abbildet, von rund 3.000 auf über 4.120 Punkte. Aktuell sind es immerhin noch 3.913 Zähler - ein Plus von 30 Prozent.

Damit sind die Kursverluste aus 2018 fast wieder wettgemacht. Das liegt zum einen an Entspannungssignalen von den Handelsgesprächen. Außerdem stemmt sich China mit milliardenschweren Steuersenkungen und Investitionen gegen einen Abschwung. Auch die jüngsten Realdaten waren nicht schlecht: Das chinesische BIP stieg im ersten Quartal mit 6,4 Prozent zum Vorjahresquartal stärker als erwartet.

Tencent: Mehr als nur WeChat

Auf ein Plus von 28 Prozent seit Jahresanfang und sogar 57 Prozent seit Oktober 2018 kommt Chinas Internetriese Tencent (WKN A1138D), bekannt vor allem durch WeChat, das chinesische WhatsApp-Pendant. "Doch auch das Gaming-Segment hat viel Potenzial", bemerkt Walter Vorhauser von Oddo Seydler. So könnte das neue Mobile-Game "Perfect World" für Top-Erlöse sorgen. "Zusammen mit Nintendo will Tencent außerdem eine Switch-Konsole in China anbieten." Die Aktie könnte dem Händler zufolge wieder in Richtung Allzeithoch steigen.

Geely plant Lotus-Hypercar

Der Kurs des chinesischen Autobauers Geely (WKN A0CACX), der auch Anteile an Daimler hält, hatte sich zwischen Januar und April fast verdoppelt auf in der Spitze 2,12 Euro, nach einer kleinen Konsolidierung sind es jetzt 1,78 Euro. "Geely will mit dem Bau des ersten Lotus-Werks in China beginnen", berichtet Vorhauser. Geely hatte sich im Herbst 2017 am malaysischen Autohersteller Proton beteiligt und damit die Mehrheit an Lotus erhalten und will den ehemals britischen Sportwagenhersteller zum Porsche-Konkurrenten aufbauen. "Lotus baut ein vollelektrisches Hypercar mit über 1.000 PS. Kostenpunkt: rund zwei Millionen Pfund", bemerkt Vorhauser. Auch die Geely-Aktie hat seiner Ansicht nach noch Luft nach oben.

BYD und China Mobile schwächer

Der Autobauer Great Wall Motors (WKN A0M4X0) kommt in diesem Jahr ebenfalls auf kräftige Kursgewinne, wie Roland Stadler von der Baader Bank feststellt: Die Aktie verteuerte sich von 0,49 auf 0,69 Euro. Doch nicht für alle ging es zuletzt aufwärts: Etwas holpriger sei der Kursverlauf des chinesischen Batterie- und E-Autoherstellers BYD (WKN A0M4W9). Die umsatzstarke Aktie ist in diesem Jahr nur von 5,57 auf 6,06 Euro gestiegen. Das in Hongkong gelistete Tech-Schwergewicht China Mobile (WKN 909622) hatte sich zwar ebenfalls in den ersten Wochen des Jahres deutlich verteuert, dann aber wieder nachgegeben.

Auch Alibaba (WKN A117ME), Chinas Antwort auf Amazon und Ebay, gehört zu den großen Gewinnern in diesem Jahr, das Google-Pendant Baidu (WKN A0F5DE) hat sich hingegen kaum bewegt. Die beiden Aktien werden in New York gehandelt.

Chancen für Mutige

"So volatil sich chinesische Festlandsaktien auch entwickeln mögen, bieten sie doch die beste Möglichkeit, am strukturellen Wachstum des Landes zu partizipieren", meint der Vermögensverwalter Aberdeen Standard Investments. Den Analysten zufolge gibt es gute Gründe, den chinesischen Markt wohlwollender zu betrachten - insbesondere auf längere Sicht.

Dass China zum Beispiel eine vom Exportgeschäft unabhängigere und nachhaltigere Wirtschaft anstrebt, sei positiv. Kurzfristigen Herausforderungen begegneten die politisch Verantwortlichen mit Maßnahmen zur Belebung bestimmter Wirtschaftsbereiche. "Das chinesische Wirtschaftswachstum liegt außerdem immer noch bei über 6 Prozent und damit deutlich höher als in den Industrieländern."

Mehr Festlandsaktien im MSCI EM

Für Rückenwind dürfte nach Ansicht vieler Beobachter auch die Höhergewichtung chinesischer Festlandsaktien im wichtigsten Schwellenländerindex MSCI Emerging Markets sorgen: Der Anteil wird bis zum November 2019 auf 20 Prozent klettern.

Für Anleger, die nicht auf Einzelaktien setzen wollen, bieten sich im Übrigen ETFs an: So bilden zum Beispiel der Xtrackers CSI 300 (WKN DBX0M2) und der Xtrackers Harvest CSI 300 (WKN DBX0NK) den chinesischen Festlandsmarkt ab. Der erste hat in diesem Jahr um 37 Prozent zugelegt, der zweite um 34 Prozent.

Von: Anna-Maria Borse

2. Mai 2019, © Deutsche Börse AG

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