FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 24. September 2021. Evergrande, Bundestagswahlen, weniger lockere Geldpolitik - derzeit sorgen eine Menge von Faktoren zumindest für Unsicherheit. Im Nachgang zur letzten US-Notenbanksitzung steigen unterdessen die Renditen.

Der wackelnde chinesische Immobilienriese Evergrande ist beherrschendes Thema an den Anleihemärkten. "Die Nervosität ist hoch, auch wenn EZB-Chefin Christine Lagarde die Auswirkungen auf Europa für gering hält", bemerkt Tim Oechsner, Rentenhändler bei Steubing. Auch Rainer Petz von Oddo BHF sieht das so: "Die Unsicherheit um China wirkt sich auf den ganzen Markt aus."

Dazu kommt die am Sonntag anstehende Bundestagswahl. "Vor der Wahl will sich keiner aus dem Fenster lehnen", schildert Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank die Lage. Das gelte besonders für Anleihen aus Branchen, die vom Wahlausgang betroffen sein könnten, etwa der Wohnungsbau, Versorger oder auch die Autoindustrie. "Besonders lange Koalitionsverhandlungen brächten viel Unsicherheit und wären schlecht", meint Petz.

Renditen weiter im Aufwärtstrend

Speziell Anfang der Wochen stiegen die Risikoaufschläge für Hochzinsanleihen. Eine längere Flucht in vermeintliche Sicherheit in Form von Bundesanleihen ist allerdings nicht zu beobachten. Die Kurse zeigen sich sogar schwächer, die Renditen steigen: Zehnjährige Bundesanleihen rentieren aktuell mit minus 0,24 Prozent, vor einer Woche waren es minus 0,30 Prozent, im August kurzzeitig sogar minus 0,50 Prozent.

Das liegt vor allem an den Notenbanken: "Auf ihrer Sitzung am vergangenen Mittwoch hat die Fed den Markt auf ein baldiges Zurückfahren der Anleihekäufe vorbereitet und deren Ende bereits für Mitte nächsten Jahres in Aussicht gestellt", erklärt Anleihenanalyst Cem Keltek von der Commerzbank. "Die Anleihenmärkte dürften in Zukunft weniger Unterstützung von Fed und EZB bekommen." Für die Renditen von europäischen Staatsanleihen sieht er weiteres Aufwärtspotenzial.

Evergrande bereitet große Sorgen

In Sachen Evergrande beruhigten sich die Märkte im Laufe der Woche etwas. "Es scheint vorerst Konsens zu sein, dass Zahlungsausfälle auf einzelne Immobilienentwickler beschränkt bleiben, keinen systemischen Stress im Finanzsektor verursachen und den globalen Wachstumsausblick damit nur begrenzt trüben", erklärt Analyst Keltec.

Oechsner meldet Umsätze auf beiden Seiten in der im April 2022 fälligen Evergrande-Anleihe mit Kupon von 9,5 Prozent (XS1982036961). Diese wird mittlerweile bei nur noch 23,32 Prozent gehandelt. Ebenfalls auf dem Niveau notleidender Anleihen notieren auch die bei der Walter Ludwig Wertpapierbank gehandelten Evergrande-Anleihen mit Fälligkeit 2023 und Kupon von 7,5 Prozent (XS1627599498) beziehungsweise 2022 und 8,25 Prozent (XS1580431143). Diese kosten aktuell 24,16 und 25,29 Prozent, weisen aber keine Umsätze auf, wie Gregor Daniel meldet. Alle Evergrande-Anleihen haben Stückelungen von 200.000 US-Dollar und dürften daher eher in der Hand von institutionellen Investoren sein.

Lufthansa auf Kauf-, Otto auf Verkaufslisten

Daniel meldet außerdem Käufe der Lufthansa-Hybridanleihe (XS1271836600). "Eine erfolgreiche Kapitalerhöhung zeichnet sich ab", stellt der Händler fest. "Dadurch sollte Lufthansa in der Lage sein, die staatlichen Unterstützungsgelder zurückzuzahlen und die im Mai ausgesetzte Kuponzahlung auf die Anleihe wieder aufzunehmen." Verkäufe registriert der Händler hingegen für die bis 2026 laufende Otto-Anleihe mit 2,625 Prozent (XS1979274708). "Anleger, die das gedeckelte Rückzahlungsangebot nicht angenommen haben, trennen sich jetzt von der Anleihe."

R-Logitech gesucht

Kaufinteresse von Privatanlegern sieht Oechsner für eine Anleihe des Anbieters von Infrastruktur- und Logistikdienstleistungen R-Logitech (DE000A19WVN8), die bei einem Kupon von 8,5 Prozent 2023 fällig wird. Die Anleihe mit Stückelung von 1.000 Euro wird aktuell bei 100,85 Prozent gehandelt, was eine Rendite von 7,75 Prozent ergibt.

Umsätze auf niedrigem Niveau meldet Oechsner für German Pellets-Bonds (DE000A1H3J67). Das Unternehmen, das einmal als weltweit größter Produzent und Händler von Holzpellets galt, hatte im Februar 2016 Insolvenz angemeldet. Käufe und Verkäufe beobachtet Oechsner bei einem Deutsche Bank-Floater (DE000DB7XLU5)

Minizins von Deutscher Bahn

Neues kam diese Woche von der Deutschen Bahn mit einer bis 2031 laufenden Anleihe (XS2391406530), wie Petz berichtet. Die Stückelung liegt hier bei 1.000 Euro, der Kupon allerdings nur bei 0,35 Prozent.

von Anna-Maria Borse 24. September 2021 © Deutsche Börse

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