FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Mit dem Tempo des großen Bruders DAX kann das Scale-Segment nicht mithalten. Scale-Neuling Cantourage erweist sich allerdings als Überflieger. "Drei Fragen" gehen diesmal an Andreas Tönies von Daldrup & Söhne.

15. November 2022. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Das Wachstumssegment Scale hat die Tiefs hinter sich gelassen, hinkt im laufenden Jahr - anders als in den Vorjahren - dem DAX aber hinterher. Der Scale All Share, der alle Scale-Mitglieder abbildet, liegt am Dienstagmorgen bei 1.284 Punkten, vor einem Monat waren es 1.190 Zähler. Der Auswahlindex Scale 30 mit den 30 liquidesten Aktien steht aktuell bei 1.144 Punkten nach 1.033 Mitte Oktober.

Cantourage - mehr als Kursverdreifachung

In einem gerade für Nebenwerte nicht leichten Börsenumfeld hat sich mit Cantourage vergangenen Freitag ein neues Unternehmen aufs Parkett und ins Scale-Segment gewagt - und das mit großem Erfolg. Der erste Preis am Freitagmorgen lag bei 6,48 Euro, am Dienstagmorgen sind es 23 Euro. Vorab hatte es eine Privatplatzierung für die Aktien des Anbieters von medizinischem Cannabis gegeben, durch den Börsengang befinden sich nun rund 15 Prozent der Unternehmensanteile im Streubesitz.

Das vor drei Jahren gegründete Berliner Unternehmen will mit den neuen Mitteln die Produktionskapazitäten ausbauen, weitere Märkte erschließen und auch Vorbereitungen treffen für die anstehenden Legalisierungen von Cannabis als Genussmittel in einigen europäischen Ländern. Beim Börsengang betonte Florian Holzapfel, Mitglied im Aussichtsrat und einer der Cantourage-Gründer, das Potenzial von medizinischem Cannabis und plädierte für einen verantwortungsvollen Umgang. Cantourage ist das 51. Unternehmen im Scale-Segment.

Viele Kurse noch tief im Minus

Insgesamt bleibt es für die kleinen Unternehmen aber schwer. Bei der Performance auf Zwölfmonatssicht überwiegt weiter die Farbe Rot. Die Gruppe der Top-Performer stellen unverändert Daldrup & Söhne (DE0007830572) (s. Interview unten), Formycon (DE000A1EWVY8), Deutsche Rohstoff (DE000A0XYG76), die Ernst Russ AG (DE000A161077) und Publity (DE0006972508) mit Kurszuwächsen von 15 bis 61 Prozent.

Schlusslichter sind Advanced Blockchain AG (DE000A0M93V6), fashionette (DE000A2QEFA1) und die Veganz Group (DE000A3E5ED2). Angeschlagen zeigen sich derzeit aber auch Titel aus der Immobilien- und Baubranche wie HELMA Eigenheimbau (DE000A0EQ578) und ERWE Immobilien ().

Erholung bei 2G Energy und Cliq

Einige Scale-Unternehmen überzeugten zuletzt mit guten Quartalszahlen und legten zu, etwa 2G Energy. Die stets stark beachtete und umsatzstarke 2G Energy-Aktie (DE000A0HL8N9) kostet nach dem Tief von unter 19 Euro Ende September jetzt wieder 23,50 Euro. Der Hersteller von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, die von Gas auf Wasserstoff umrüstbar sind, meldete für das dritte Quartal ein Umsatzplus von 50 Prozent. Für 2023 rechnet 2G nun mit einem Umsatz von 310 bis 350 Millionen Euro und für 2024 mit bis zu 390 Millionen Euro.

Das Analysehaus SMC Research rät weiter zu 2G, hat das Kursziel aber leicht auf 32,20 Euro reduziert. Mit den für 2024 erwarteten Umsätzen erreiche 2G schon im übernächsten Jahr die eigentlich erst für 2026 anvisierten Ziele, erklären die Analysten. Das neue Kursziel signalisiere nach der kräftigen Kurskorrektur immer noch ein hohes Aufwärtspotenzial von rund 50 Prozent. Auch First Berlin ist weiter optimistisch: Die Analysten haben ihre Prognose für 2022 leicht angehoben. Der Unternehmensausblick für 2023 und 2024 zeige, dass 2G trotz Rezession weiter dynamisch wachsen dürfte. Sie nennen ein Kursziel von 31 Euro und bekräftigen ebenfalls ihre Kaufempfehlung.

Im Oktober war die Deutsche Rohstoff-Aktie meistgehandelter Wert im Scale-Segment. Auf den Plätzen zwei bis fünf folgten Formycon, 2G, Cliq Digital und Mensch & Maschine. Seit Jahresanfang gerechnet ist allerdings weiterhin 2G Energy umsatzstärkster Titel, dann kommen Formycon, Cliq, Deutsche Rohstoff und Mensch & Maschine.

Auch die Quartalszahlen des Düsseldorfer Streaming-Anbieters Cliq Digital (DE000A0HHJR3) kamen gut an. Aktuell liegt der Kurs bei 27 Euro nach 16 Euro im Oktober-Tief. Das Unternehmen, das unbegrenzten Zugang zu Musik, Hörbüchern, Spielen, Sport-, Film- und Serieninhalten bietet, erzielte im dritten Quartal abermals ein Rekordergebnis. "Mit einem Anstieg von Umsatz, Gewinn und Cashflow gehen wir mit Zuversicht in das vierte Quartal", erklärte Vorstandsmitglied Ben Bos bei Vorstellung der Zahlen.

Kaufempfehlungen für Blue Cap

Gleich zwei Kaufempfehlungen gab es zuletzt für die ansonsten weniger beachtete Blue Cap-Aktie. Die auf mittelständische Unternehmen spezialisierte Münchner Beteiligungsgesellschaft begleitet Unternehmen "mit einem klaren Ergebnisverbesserungspotenzial sowie Wachstumsperspektiven", wie es heißt. Der Kurs war in diesem Jahr von 31 Euro auf im Tief unter 19 Euro gefallen, aktuell kostet sie wieder 25,60 Euro. Blue Cap hatte Ende Oktober gute Zahlen für die ersten neun Monate gemeldet. Zwar wird eine moderatere Entwicklung im vierten Quartal erwartet, Blue Cap bestätigte aber die Prognosen für das Gesamtjahr von 335 bis 350 Millionen Umsatz und einer Ebitda-Marge von 8 bis 9 Prozent.

Warburg Research rät weiter zum Kauf bei einem leichten reduzierten Kursziel von 40 Euro. Auch SMC Research bestätigt die Kaufempfehlung bei einem ebenfalls etwas gesenkten Kursziel von 38 Euro. Blue Cap sei zu Unrecht abgestraft worden, heißt es. Das Unternehmen habe das Portfolio in den letzten zweieinhalb Jahren kräftig umgebaut und ernte nun die Früchte.

von: Anna-Maria Borse © 15. November 2022, Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)