FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Der nachlassende Inflationsdruck in den USA sorgt für Schwung am Aktienmarkt, auch in Deutschland. Die Risiken sind aber noch da. Daher sind sich Analysten in einem einig: Es bleibt holprig.

15. August 2022. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die gute Stimmung an der Wall Street weht auch nach Frankfurt herüber. Treiber der jüngsten US-Kursrally ist die Hoffnung, dass nicht ganz so große Zinsschritte nötig sein werden und ein scharfer Konjunktureinbruch verhindert werden kann.

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Der DAX startet die neue Handelswoche mit rund 13.780 nach 13.858 Punkten am Freitagabend. Damit hat der Index seit seinem Tief im Juli rund 10 Prozent zugelegt. Beim US-Technologieindex Nasdaq 100 sind es sogar 20 Prozent.

Weiter spürbare Kursschwankungen

Hierzulande kommen weitere Aspekte hinzu: "Überraschend gute Fortschritte beim Füllen der Gaslager waren neben einer soliden Berichtssaison ein wichtiger Faktor für die kräftige Erholung beim DAX", kommentiert die DekaBank. Doch die Sicherung der Energieversorgung sei weiter ein zentraler Faktor für den deutschen Aktienmarkt. Bei der Gewinnentwicklung bleibe der deutsche Markt zudem klar hinter dem europäischen Pendant zurück. "Mit der jüngsten Erholung hat sich das Chance-Risiko-Verhältnis von Aktien etwas eingetrübt. Bewertung, Sentiment und Positionierung sprechen allerdings nicht gegen weitere Kursgewinne." Die Bank erwartet für die zweite Jahreshälfte weiterhin spürbare Kursschwankungen.

"Pessimismus überzogen"

Laut Christian Apelt von der Helaba wurde die Erholung an den Aktienmärkten auch von fallenden Kapitalmarktrenditen gestützt. "Die Entspannung an den Rentenmärkten scheint jedoch auszulaufen." Er weist aber darauf hin, dass gleichzeitig steigende Aktienkurse und Anleiherenditen viele Jahre lang nichts Ungewöhnliches waren - sofern sich die Konjunkturaussichten verbesserten. "Vielleicht ist der Pessimismus überzogen, den Marktteilnehmer und ebenso viele Frühindikatoren anzeigen. Wahrscheinlich bleibt es jedoch in den nächsten Wochen holprig."

Charttechnisch: Ausbruchschance nach oben

Laut Jörg Scherer von der HSBC würde der DAX mit einem Sprung über 13.800 Punkte die alte Ausbruchszone seit 2017 endgültig hinter sich lassen. "Damit fungiert dieses Level auch als Trigger, um das Kursziel von 14.400 Punkten - abgeleitet aus der kurzfristigen Schulter-Kopf-Schulter-Formation im Tagesbereich - vollständig auszuschöpfen", erklärt der Charttechniker. Darüber hinaus würde der Befreiungsschlag einem möglichen Doppelboden-Szenario - definiert durch die Tiefs vom März und Juli bei 12.439/12.391 Punkten - Nachdruck verleihen. "Um die aktuelle Ausbruchschance nicht zu verspielen, sollten die deutschen Standardwerte in Zukunft nicht mehr unter den gleitenden Durchschnitt der letzten 200 Wochen bei 13.255 Punkten fallen."

China nicht mehr Wachstumsmotor

Schlechte Zahlen kommen zum Wochenstart aus China. Das Land leidet unter der strikten Corona-Politik: Sowohl die Einzelhandelsumsätze als auch die chinesische Industrieproduktion legten im Juli weniger zu als erwartet. Die chinesische Zentralbank senkte daher überraschend den Zinssatz für einjährige Refinanzierungsgeschäfte mit Banken - das erste Mal seit Januar.

Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten

Dienstag, 16. August

11.00 Uhr. Deutschland: ZEW-Konjunkturerwartungen August. Nach dem Absturz im Juli aufgrund der Drosselung der Gaslieferungen über die Nord Stream 1-Pipeline dürfte der August keine grundsätzlich neue Bewertung des Sachverhalts bringen, meint die DekaBank. Die Lageeinschätzung dürfte nochmals geringfügig nachgeben, perspektivisch sogar noch deutlich weiter sinken.

15.15 Uhr. USA: Industrieproduktion Juli. Die Industrieproduktion dürfte laut Deutscher Bank im Juli leicht zugelegt haben. Das könne die Sorge vor einer unmittelbaren Rezession mildern.

Mittwoch, 17. August

14.30 Uhr. USA: Einzelhandelsumsätze Juli. Die Commerzbank erwartet ein leichtes Plus. Von einer Rezession könne in den USA weiter keine Rede sein. Seine Rolle als starker Wachstumstreiber habe der private Konsum allerdings eingebüßt.

20.00 Uhr. USA: Protokoll der letzten US-Notenbanksitzung. Das Protokoll zum Treffen am 27. Juli könnte Hinweise über die Details der zu erwartenden Geldpolitik geben, erklärt die Deutsche Bank. Da bis zum nächsten Treffen aber noch fast eineinhalb Monate Zeit seien, dürften die Märkte das Protokoll schnell abhaken.

von: Anna-Maria Borse

15. August 2022, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)