FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 17. August 2022. FRANKFURT. Die hiesigen mittelfristig orientierten Anleger scheinen der jüngsten Kursgewinne am Aktienmarkt zutiefst zu misstrauen.

Es war sicherlich nicht als ketzerische Überschrift gemeint, als wir das Ergebnis unserer vergangenen Sentiment-Erhebung mit "teuer genug verkauft?" betitelten. Aber die in der Mehrheit befindlichen Pessimisten unserer Umfrage dürften zumindest ins Grübeln gekommen sein. Denn seit unserem vergangenen Erhebungszeitpunkt hat sich der DAX zum dritten Mal hintereinander befestigt und konnte in der Spitze um rund 2,9 Prozent zulegen - per heute blieb immerhin noch ein Plus von 2,4 Prozent übrig. Und wer seit vergangenem Mittwoch gar nach einer günstigen Kaufgelegenheit Ausschau hielt, musste sich getäuscht sehen.

Immerhin sind die internationalen Investoren nicht mehr "apokalyptisch" bearish, wie es die gestern publizierte Fondsmanagerumfrage der Bank of America vermittelt. Aber netto 26 Prozent der befragten Investoren gaben immer noch an, global in Aktien untergewichtet zu sein - immerhin eine Verbesserung im Vergleich zum Stimmungstief vom Juli, als besagter Wert noch bei einer Untergewichtung von 44 Prozent lag. Obwohl sich die Aktienmärkte dies- und jenseits des Atlantiks seither eindrucksvoll von ihren Tiefständen erholten, fiel die Kassenquote der Fondsmanager gegenüber dem Juli-Wert von 6,1 Prozent im August nur auf 5,7 Prozent zurück und lag damit immer noch über dem langfristigen Durchschnitt von 4,8 Prozent. Anders ausgedrückt: Die internationalen Fondsmanager haben auf die Aktienmarkt-Rallye insgesamt nur zögerlich reagiert.

Die Skepsis steigt

Bei den von uns befragten heimischen institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont hat sich indes eine entgegengesetzte Entwicklung manifestiert. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist zum sechsten Mal hintereinander gefallen - dieses Mal am deutlichsten in dieser "Serie" um 21 Punkte auf einen neuen Stand von -32. Dabei handelt es sich um das niedrigste Niveau seit einem Jahr. Im gleichen Zuge hat rund ein Drittel aller ehemaligen Optimisten nicht nur Gewinne realisiert, sondern größtenteils auch noch seine Engagements um 180 Grad auf die Bärenseite gedreht. Offenbar scheint mittlerweile eine satte Mehrheit der Akteure der seit Mitte Juli anhaltenden DAX-Rallye mit zunehmenden Maße - und zu noch einmal höheren Einstiegsniveaus - zu misstrauen. Sie alle setzen wie viele ihrer internationalen Pendants darauf, dass sich der jüngste Aktientrend eben doch noch nur als Rallye im Bärenmarkt entpuppen wird.

Im Gegensatz zu den institutionellen Investoren hat sich an der Stimmung der Privatanleger gegenüber der Vorwoche praktisch nichts verändert, denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index in diesem Panel ist gerade einmal um 2 Punkte auf einen neuen Stand von -15 gestiegen. Mit anderen Worten: Die stabile bearishe Mehrheit ist geblieben, aber zumindest nicht gewachsen.

Aktien der Eurozone bleiben unbeliebt

Nun kann man die jüngste Stimmungsentwicklung bei den institutionellen Investoren vor allem in der Eurozone durchaus nachvollziehen. Eine derart kräftige Rallye scheint angesichts der Energiekrise und Rezessionsängste zumindest hierzulande offenbar nicht angemessen. Und bislang haben sich die internationalen Investoren (laut oben genannter Umfrage) auch nicht dazu durchringen können, ihre Untergewichtung von Aktien der Eurozone stärker zurückzufahren.

Dennoch birgt die heutige Sentiment-Umfrage nicht unerhebliche Risiken, und zwar im bullishen Sinne. Zum einen dürften Pessimisten der vergangenen Wochen im Falle von DAX-Rücksetzern (möglicherweise erstmals zwischen 13.500 und 13.550 Zählern) ihre bearishen Engagements wieder eindecken. Zwar ist das Sentiment in der relativen Betrachtung auf Sicht von drei und sechs Monaten in diesem Jahr schon etwas schlechter als heute ausgefallen, aber die jüngsten Positionierungen reflektieren überwiegend keine positiven ökonomischen und politischen Entwicklungen. Im gleichen Zuge würde eine Fortsetzung der DAX-Rallye deutlich jenseits der 14.000er Marke die bearishe Mehrheit noch mehr in Schwierigkeiten bringen, wobei man nunmehr auch das Risiko einer sogenannten Short-Squeeze in Betracht ziehen muss. Kurzum: Die derzeitige Erholung am Aktienmarkt dürfte vielen Akteuren keine Freude bereiten.

17. August 2022, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)