FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Technisch orientierte Analysten erkennen für den DAX auf kurze Sicht weiteres Aufwärtspotenzial. Dank einer an Fahrt aufnehmenden Wirtschaft könnten europäische Aktien zu US-Werten aufholen.

17. Mai 2021. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Vom Inflationsgespenst ließen sich Anleger diesmal nur kurz aus dem Konzept bringen. Zumindest am deutschen Aktienmarkt folgte auf die Rücksetzer eine rasche Erholung. Der DAX beendete die vergangene Woche mit 15.416 Punkten und damit leicht im Plus. US-Barometer wie Dow Jones Industrial und S&P 500 mussten hingegen Verluste hinnehmen. In die neue Woche startete der deutsche Bluechip-Index mit leichten Gewinnen, gegen Mittag steht er quasi unterändert zum Schlussstand vom Freitag.

Kräftezehrende Klettertour

Der DAX kommt zwar immer wieder unter Druck und die Rückgänge weisen eine hohe Dynamik auf, wie die Helaba feststellt. Letztlich gelinge es dem deutschen Bluechip-Index aber, die Verluste teilweise wettzumachen. Aus technischer Perspektive positiv bewerten die Analysten der Landesbank, dass die heute bei 14.863 DAX-Punkten verlaufende 55-Tagelinie einem Test standgehalten habe. Der übergeordnete Aufwärtsimpuls habe dennoch nachgelassen. Seit dem 19. April konsolidiere der DAX unterhalb des damals markierten Allzeithochs von 15.501 Punkten.

Kurzfristig sprechen die meisten Indikatoren laut Christian Kahler von der DZ Bank für weiter steigende Aktiennotierungen. Dennoch deuteten nicht wenige Modelle auf eine Überbewertung. Anlegern empfiehlt Kahler, immer mehrere Indikatoren mit einzubeziehen. Das komplexe System, in dem sich die Finanzmärkte bewegten, könne ein einzelner Wert wie etwa ein Kurs-Gewinn-Verhältnis niemals abbilden.

Lohnender Blick auf Langfristtrend

Dass Marktexperten voneinander teilweise stark abweichende Prognosen liefern, liegt laut Edgar Walk von Metzler auch an den eigenen Methoden der Aktienstrategen zur Bewertung der Märkte. Nicht selten basierten diese auf vergangene Gewinne oder Gewinnschätzungen, bereinigt um den Konjunkturzyklus. Zuweilen würden Gewinne des Finanzsektors oder andere als verzerrend wahrgenommene Sektoren außen vorgelassen. Für die Berechnung von Erträgen gebe es neben dem Gewinn pro Aktie und EBIT zahlreiche weitere Kriterien. Um den Wald vor lauter Bäumen nicht aus den Augen zu verlieren, lohnt nach Auffassung des Metzler-Analysten oft als erstes ein Blick auf die langfristige Kursentwicklung.

Nachholbedarf für europäische Werte

Diese lässt Walk zufolge eine vergleichsweise hohe Bewertung von US-Aktien erkennen. Dem gegenüber hätte sich der europäische Aktienmarkt in den vergangenen Jahren ziemlich schwach präsentiert. Etwa liege der MSCI Europe bis Ende April rund 40 Prozent unter seinem langfristigen Trend, der MSCI USA hingegen mehr als 20 Prozent darüber. Ob es sich dabei schon um eine Blase handelt, hält Walk zumindest für diskussionswürdig. Die Kursperformance in Europa deute jedenfalls nicht auf eine Übertreibung.

Schrittweise Rückkehr zum Langfristtrend

Für die schwache Wertentwicklung europäischer Aktien seien fundamental die Staatsschuldenkrise und das Brexit-Referendum mitverantwortlich. Zudem hätten strukturell angeschlagene Geschäftsmodelle wie die von Banken, Automobilherstellern und Versorgern lange mit einer sehr niedrigen Profitabilität gekämpft. Nach Überwindung der Schuldenkrise und dem geordnet vollzogenen Brexit steht nun - unterstützt durch die Auszahlung der Gelder des Wiederaufbaufonds - ein starker konjunktureller Aufschwung bevor, wie Walk schätzt. Große Restrukturierungen europäischer Gesellschaften zeigten ebenfalls erste Erfolge. Somit seien eine rapide Erholung der Unternehmensgewinne sowie eine Rückkehr der Kurse zum langfristigen Trend in den kommenden Jahren wahrscheinlich.

Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten

Mittwoch, 19. Mai

20.00 Uhr. USA: Protokoll FOMC-Sitzung vom 27. und 28. April. Anleger werden das Protokoll der Offenmarktauschuss-Sitzung auf mögliche Hinweise zu Diskussionen über eine Verringerung der monatlichen Anleihenkäufe von derzeit 120 Milliarden US-Dollar abklopfen. FOMC-Mitglieder scheinen unterschiedliche Ansätze zu favorisieren. Die DekaBank geht davon aus, dass die FOMC-Mitglieder Ende des Jahres über den Beginn des so genannten Taperings beschließen werden.

Freitag, 21. Mai

10.00 Uhr. Euroraum: Einkaufsmanagerindizes Mai. Nach rückläufigen Zahlen in den Monaten Oktober bis Dezember 2020 und Januar bis März dieses Jahres sprechen Frühindikatoren für gesamtwirtschaftliches Wachstum im zweiten Quartal. Die Industrie profitiert von starker Nachfrage und muss sich mit Lieferengpässen auseinandersetzen. Der Konsens für den Dienstleistungssektor liegt bei 52,3 Punkten, nach 50,5 Punkten im Vorquartal.

von: Iris Merker, 17. Mai 2021, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)