FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Die lange im Minusbereich verharrenden Renditen zehnjähriger Bundesanleihen haben sich diese Woche der Nulllinie genähert, der Trend weist klar nach oben. Im Handel mit Unternehmensanleihen bestimmen Grenke und Lufthansa die Schlagzeilen.

21. Mai 2021. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der deutliche Anstieg der Verbraucherpreise in den USA und Deutschland schürt weiter die Sorgen vor Inflation und höheren Leitzinsen. Am Mittwoch ist die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen auf ein Zweijahreshoch von minus 0,07 Prozent geklettert. Am heutigen Freitag sind es mit minus 0,11 Prozent wieder etwas weniger.

"Angesichts der Turbulenzen um Bitcoin und andere Kryptowährungen sind sichere Staatsanleihen wieder gesuchter", bemerkt Arthur Brunner von der ICF Bank. Dennoch gehe die Tendenz bei den Renditen klar nach oben. "Die Zeit der Renditetiefs ist vorbei."

"Kein Inflationsdruck vom Arbeitsmarkt"

Ob die Inflation nach dem durch Sondereffekte verursachten Anstieg wieder zurückgeht, entscheidet sich laut den Anleiheanalysten Christoph Balz und Bernd Weidensteiner von der Commerzbank vor allem am Arbeitsmarkt. "Die Inflation wird sich nur dann wieder beruhigen, wenn der Lohndruck moderat bleibt." Für Europa ist nach Ansicht der Analysten vorerst kein Lohndruck zu erwarten: "Anders als in den USA hat sich der Arbeitsmarkt im Euroraum von der Corona-Krise noch nicht erholt. Im Gegenteil, die Unterbeschäftigung dürfte zu Jahresbeginn wieder zugenommen haben", erklären sie.

Selbst die erwartete kräftige Erholung der Konjunktur im weiteren Jahresverlauf werde daher kaum zu größeren Spannungen am Arbeitsmarkt führen. Zudem reagierten die Löhne erst mit einer zeitlichen Verzögerung auf eine Konjunkturbelebung. "Eine Trendwende bei den Tarifabschlüssen ist - wenn überhaupt - frühestens Mitte 2022 zu erwarten."

Grenke-Anleihen deutlich fester

Im Handel mit Unternehmensanleihen sind Grenke und Lufthansa diese Woche wichtigste Themen. Grenke teilte am Montag mit, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG den Jahres- und Konzernabschluss 2020 uneingeschränkt testiert hat. Das Testat war nach den Betrugsvorwürfen gegen Grenke mit Spannung erwartet worden. Am heutigen Freitag hat Grenke den testierten Jahresbericht vorgelegt, die Zahlen für das erste Quartal 2021 sollen am 31. Mai folgen. Grenke-Anleihen (XS1527138272, XS1799162588, XS2078696866) profitierten. "Da ging es fulminant nach oben", stellt Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank fest. Mittlerweile hat sich die Lage etwas beruhigt.

Wie Rainer Petz von Oddo BHF erläutert, kletterte der Kurs des bis 2024 laufenden Grenke-Bonds (XS1956014531) von 91,5 Prozent Anfang der Woche auf aktuell 95,5 Prozent. Im Tief nach Bekanntwerden der Betrugsvorwürfe im September 2020 waren es nur 60 Prozent. "Das zeigt, dass das Vertrauen der Anleger wieder da ist", bemerkt Rainer Petz von Oddo BHF.

Lufthansa: Zinsaussetzung bei Hybridanleihe

Auch die Lufthansa macht diese Woche Schlagzeilen: Der Vorstand meldete nämlich, dass die Kuponzahlungen für die 2015 emittierte Hybridanleihe (XS1271836600) für die Dauer der staatlichen Stabilisierungsmaßnahmen ausgesetzt werden. Nach Ansicht der EU-Kommission stellen die Kuponzahlung einen Verstoß gegen die beihilferechtlichen Regelungen dar. "Die Lufthansa will die aufgeschobenen Kuponzahlungen aber schnellstmöglich nachholen", meldet Daniel.

Die Anleihe ist an der Börse Frankfurt noch vom Handel ausgesetzt. "Bei Wiederaufnahme dürfte sie 3 bis 4 Prozentpunkte unter dem alten Kurs von 98,5 Prozent gehandelt werden", meint Petz.

Viele Unternehmensanleihen gefragt

Beliebt bleibt Daniel zufolge die neue, bis 2026 laufende Anleihe von UBM Development (AT0000A2QS11), die jährlich 3,125 Prozent Zinsen bringt.

Käufe meldet Brunner für die Anleihen der Beteiligungsgesellschaft Aurelius Equity Opportunities (NO0010861487), die im Februar emittierten Bonds des Immobilienunternehmens Pandion (DE000A289YC5) und auch die diese Woche vollständig platzierten Green Bonds von hep global (DE000A3H3JV5). "Der Deutsche Mittelstandsanleihen Fonds (LU0974225590) hat mitgeteilt, dass er die hep-Anleihe in sein Portfolio aufgenommen hat." hep global aus Güglingen bei Heilbronn ist ein Emissionshaus für globale Solarfonds und Solarpark-Beteiligungen. Gute Umsätze verzeichnet laut Brunner außerdem die 2023 fällige Ferratum Capital Germany-Anleihe mit Kupon von 5,5 Prozent (SE0012453835). "Größere Verkäufe wurden vom Markt wieder schnell aufgenommen."

Kräftiger Kursrutsch bei eterna

Kräftig nach unten ging es Brunner zufolge hingegen für das Papier der eterna Mode Holding (DE000A2E4XE4). Auf Basis vorläufiger Zahlen für das erste Quartal 2021 konnte das Unternehmen nicht alle Financial Covenants im Zusammenhang mit einem Schuldscheindarlehen einhalten. Dadurch entsteht für die Schuldscheingläubiger ein außerordentliches Kündigungsrecht. "Das hat sich auch auf die Anleihen ausgewirkt." Der Kurs fiel von 92 Prozent auf im Tief 64 Prozent, aktuell sind es 69 Prozent. Financial Covenants sind bestimmte Kennzahlen in Bezug auf Eigenkapital, Verschuldung, Ertrag oder Liquidität.

Schuldscheindarlehen sind große Kredite, die von Kapitalsammlern wie Versicherungen, Pensionskassen oder Banken an Unternehmen oder die öffentliche Hand gegeben werden, die dafür Schuldscheine erhalten. Bei Schuldscheinen handelt es sich nicht um Wertpapiere, sie sind somit auch nicht börsenfähig.

von: Anna-Maria Borse 21. Mai 2021, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)