FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Die EZB hält an ihrer expansiven Geldpolitik fest. Doch mit den Inflationserwartungen steigen auch die Zinserwartungen. Im Bereich der Unternehmensanleihen schlagen die nicht gezahlten Zinsen des Immobilienentwicklers Eyemaxx Wellen.

29. Oktober 2021. Frankfurt (Börse Frankfurt). Geldpolitischer Richtungswechsel wegen hoher Inflation? Nein, erklärte EZB-Chefin Christine Lagarde auf der gestrigen Notenbanksitzung. Das Anleihekaufprogramm PEPP soll zwar im März 2022 enden, wie es weitergehen wird, blieb unklar. Spekulationen über eine Zinserhöhung im nächsten Jahr trat Lagarde allerdings deutlich entgegen.

Dennoch stiegen die Renditen am europäischen Rentenmarkt kräftig. "An den Rentenmärkten nehmen die Stagflationssorgen zu, was sich in steigenden Inflations- und Zinserwartungen widerspiegelt", erklärt Anleiheanalyst Hauke Siemßen von der Commerzbank. "Die Signale der EZB-Präsidentin bei der gestrigen Pressekonferenz konnten dieser Dynamik nicht den Wind aus den Segeln nehmen." Wie Rentenhändler Arthur Brunner von der ICF Bank feststellt, wird am Geldmarkt jetzt auf eine erste Zinserhöhung im Oktober 2022 spekuliert, und zwar um 20 Basispunkte.

Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen, die zuvor kurzzeitig wieder gefallen war, liegt am Freitagmorgen bei minus 0,11 Prozent. Im August waren es noch minus 0,49 Prozent, Anfang des Jahres minus 0,57 Prozent. In den USA haben sich die Renditen zehnjähriger Treasuries seit Jahresanfang von 0,93 auf 1,60 Prozent erhöht.

Highlights am Rentenmarkt nächste Woche: Die Notenbanksitzungen der Bank of England und der US-Notenbank Fed. "Da sich die Inflationsrate immer weiter von ihrem Inflationsziel entfernt hat, dürfte die Bank of England erstmals seit 2018 den Leitzins anheben", meint Analyst Siemßen. Auch eine Ankündigung der Fed, schrittweise aus ihrem Anleihekaufprogramm auszusteigen, werde wohl niemanden mehr überraschen.

Kursverluste für Polens Anleihen

Deutlich unter Abgabedruck gerieten langlaufende polnische Staatsanleihen, wie Tim Oechsner von der Steubing AG berichtet. Hintergrund ist, dass der Europäische Gerichtshof wegen der umstrittenen Justizreform eine Rekordstrafe gegen das Land verhängt hat. Betroffen von den Verkäufen ist zum Beispiel die bis 2049 laufende Anleihe mit 2 Prozent Kupon (XS1960361720).

Eyemaxx schockt mit Negativnachricht

Böse überrascht wurden Anleger diese Woche von Eyemaxx Real Estate: Der Immobilienentwickler meldete, die diese Woche fälligen Zinsen auf die bis 2023 laufende Anleihe (DE000A2GSSP3) nicht bezahlen zu können. "Das kam wie aus dem Nichts", kommentiert Rainer Petz von Oddo BHF. "Der Kurs fiel bis auf 16 Prozent, jetzt sind es 24 Prozent." Die Anleihe wird aktuell ohne Stückzinsen gehandelt.

Kräftig nach unten ging es auch für die beiden anderen Anleihen des Unternehmens. Die 2024 fällige Anleihe mit 6 Prozent (DE000A2YPEZ1) wird jetzt nur noch zu 19,5 Prozent gehandelt, wie Brunner berichtet. Die zweite, besicherte Anleihe mit Fälligkeit 2025 und 5,5 Prozent (DE000A289PZ4) bei knapp unter 50 Prozent. Schon im Frühjahr hatte es Probleme bei Eyemaxx gegeben, das Unternehmen konnte sich damals aber noch erholen.

Adler und Co auf Erholungskurs

Wieder zulegen konnten Anleihen von Adler Real Estate (XS1713464524, XS1713464441, XS2283225477), dem Immobilienkonzern, der ins Visier des britischen Short-Sellers Fraser Perring geraten war. Adler meldete diese Woche, dass zum Abbau von Schulden weitere Tausende Wohnungen verkauft werden sollen, eine Vereinbarung sei bereits unterzeichnet. Auch für die Papiere des Adler-Großaktionärs Aggregate Holdings (DE000A28ZT71) ging es wieder deutlich nach oben, wie Petz feststellt. "Im Gegensatz zu den Adler-Anleihen sind da viele Retail-Anleger drin."

Henri Broen im Aufwind, Gegenwind für UniDevice

Verstärkt Umsatz gibt es laut Oechsner in der Anleihe des Immobilienentwicklers Henri Broen mit Kupon von 7,5 Prozent und Fälligkeit 2025 (DE000A283WQ2): "Henri Broen hat ein Aktien-IPO angekündigt."

Deutlich nach unten geht es heute hingegen für den Bond von UniDevice (DE000A254PV7), einem B2B-Handelsunternehmen für Smartphones und Wearables. "UniDevice hat gemeldet, dass Störungen in den internationalen Lieferketten seit Mitte September einen negativen Einfluss auf die Geschäftsentwicklung haben", erklärt Oechsner.

Gerne gekauft wird eine bis 2028 laufende Vodafone-Anleihe in US-Dollar mit Kupon von 4,375 Prozent (US92857WBK53), wie Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank berichtet. Beim aktuellen Kurs ergibt das eine Rendite von 2,04 Prozent.

ZWL noch in der Zeichnung, Neues von Tempton

Noch bis zum 11. November in der Zeichnung ist die neue fünfjährige Anleihe von Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig mit Kupon von 6 Prozent (DE000A3MP5K7). Neu ist auch ein Bond der Tempton Personaldienstleistungen mit 4,75 Prozent und Fälligkeit 2026 (NO0011129496), wie Brunner erklärt.

von: Anna-Maria Borse, 29. Oktober 2021, © Deutsche Börse AG

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