Montag
4. Oktober
Börsen-Update der Woche
intro Die Finanzmärkte haben in der vergangenen Woche einen schweren Rückschlag erlitten, der durch die steigende Inflation und die höheren Rohstoff- und Energiepreise verursacht wurde sowie Befürchtungen über eine Neuausrichtung der Geldpolitik der Notenbanken aufkommen ließ. Finanz- und Energiewerte schnitten insgesamt gut ab, während Technologietitel verständlicherweise einen hohen Preis zahlen mussten.
Indizes

An den meisten Märkten ging es bergab. Der DAX verlor 2,42 % an Terrain und verbuchte damit nicht nur seine schwächste Wochenperformance seit Januar, sondern auch den 4. Rückgang in 5 Wochen. Zalando und Delivery Hero, die Neuzugänge des auf 40 Titel erweiterten Index, verloren 9,7 % bzw. 8 % an Wert. Der MDAX gab um 3,2 % nach, da Carl Zeiss und TeamViewer zweistellige Kursverluste verzeichneten.

Der französische CAC 40 und der britische FTSE beendeten die Woche mit -1,8 % bzw. -0,84 %. Am schlechtesten schnitten der TecDAX, der AEX in Amsterdam und die skandinavischen Indizes ab, die gegenüber dem Trend zu Jahresbeginn eine gegensätzliche Entwicklung zeigten.

In den USA traf es den Nasdaq mit einem Wochenminus von ca. 4 % am härtesten. Der S&P fiel um knapp 3 % und der Dow Jones um 2 % zurück (Stand: Freitagnachmittag).

Lediglich der Hang Seng lag im Plus (1,6 %), während andere asiatische Indizes abwärts tendierten. So musste der Nikkei 4,9 % abgeben, nachdem er im September 4,8 % nach oben geklettert war (in der Spitze sogar um mehr als 9 %). Der Shanghai Composite geriet ebenfalls unter Druck (-1,2 %).


Nikkei konnte sich im September noch gut behaupten

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Rohstoffe

Die Ölpreise haben sich in der letzten Woche stabilisiert, waren jedoch hin- und hergerissen zwischen einem erneuten Anstieg der US-Ölvorräte und den geradezu explodierenden Erdgaspreisen in Europa, die Öl für die Stromerzeugung attraktiver machen. Daher zeigten die Anleger eine gewisse Zurückhaltung, vermutlich in Erwartung des nächsten Treffens der OPEC+. Die erweiterte Organisation erdölexportierender Länder dürfte die Fördermenge auf 400.000 Barrel pro Tag anheben. Rohöl der Sorte Brent kostete zum Wochenschluss etwa 77,8 USD, die US-Referenzsorte WTI 74,3 USD je Barrel.

Die bei risikoreichen Anlagen gestiegene Volatilität kam Gold zugute, das wieder etwas an Boden gewann. Diese Entwicklung sollte aber nicht den Blick darauf verstellen, dass das Edelmetall nach wie vor in einer nicht enden wollenden Abwärtsspirale nach dem Muster "ein Schritt vorwärts, zwei zurück" gefangen ist. Die Feinunze Gold kostet aktuell knapp 1.760 USD.

Industriemetalle befinden sich in einer Phase der Konsolidierung, die durch schwächere Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe in China ausgelöst wurde. Der Kupferpreis liegt nun bei 8.645 USD je Tonne. Nickel, Blei und Aluminium gaben auf 18.180 USD, 2.113 USD bzw. 2.850 USD nach.

Im Agrarsektor erholte sich der Weizenpreis auf 725 Cent je Scheffel, nachdem das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) die Bestandszahlen nach unten angepasst hatte. Zum Aufwärtstrend bei Weizen trugen auch die steigenden Düngemittelpreise bei, denn die Landwirte erwägen für die nächste Saison eine Umstellung auf weniger stickstoffintensive Kulturen wie Soja.
Aktien

Die ersten Tage im DAX 40 gestalteten sich für Zalando alles andere als einfach. Die Aktie des Onlinehändlers verbuchte an 10 der 11 letzten Handelstage Verluste und verbilligte sich von ca. 100 EUR auf weniger als 80 EUR. In einem für Technologiewerte schwierigen Umfeld (in den USA gab der Nasdaq ausgehend von einem Rekordhoch in weniger als einem Monat 6 % nach) hat sich das Unternehmen allerdings nichts vorzuwerfen, verzeichnet es doch nach wie vor solide Geschäftsergebnisse und gute Wachstumsraten. Für eine hoch bewertete Aktie im Bereich Onlinehandel, wo die Gewinnspannen eher mager sind, ist eine dynamische Entwicklung aber auch unabdingbar. Verstärkt wurde der Kursrückgang der Aktie in dieser Woche durch die Bank of America: Diese setzte ihre Kaufempfehlung auf "neutral" herab und senkte das Kursziel von 140 auf 110 EUR - was allerdings immer noch stattlich ist. "Wir glauben, dass die nächsten Quartale für Zalando schwierig werden könnten", erklärt Analyst Geoffroy de Mendez seine vorsichtigere Einschätzung und verweist auf den relativ warmen September, eine schwierige Vergleichsbasis für die kommenden Quartale und hohe Investitionen in das Marketing. Außerdem sieht er die Möglichkeit, dass die positive Entwicklung pausieren könnte - ohne die langfristig guten Aussichten des Unternehmens in Frage zu stellen. Trotz der jüngsten Talfahrt kostet die Zalando-Aktie immer noch das 50-Fache des für 2023 erwarteten Gewinns.

Zalando geht nach dreijähriger Outperformance gegenüber dem DAX auf Talfahrt

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Makroökonomie

Zum Herbstanfang landeten die Aktienmärkte unsanft auf dem Boden der Tatsachen - eine Entwicklung, die eine gewisse Widersprüchlichkeit in sich birgt. Zwar ist der nach der Coronakrise verzeichnete Höhenflug inzwischen wieder Geschichte, doch die makroökonomischen Indikatoren der Industrieländer vermitteln nach wie vor ein solides Bild. Allerdings sorgen Nebenschauplätze immer häufiger für kleinere Schocks. Neben der finanziellen Schieflage des chinesischen Immobiliengiganten Evergrande und den Versorgungsengpässen in allen Wirtschaftszweigen sind nun auch noch die Energiepreise in die Höhe geschossen. Diese Preisexplosion trifft den Durchschnittsbürger in Europa ebenso schmerzhaft wie den Großindustriellen in China. Die Ursachen sind vielfältig, doch die Wirkung ist dieselbe. Jedenfalls konterkariert diese neue, nicht so recht greifbare Entwicklung das von den Notenbanken entworfene Szenario einer nur vorübergehenden Inflation.

Die Notenbankchefs Jerome Powell (Fed) und Christine Lagarde (EZB) haben aber im Laufe der vergangenen Woche wiederholt ihrer Überzeugung Ausdruck verliehen, dass sich die Preisentwicklung letztlich wieder beruhigen wird. Doch stehen die Anleger dieser Annahme zunehmend skeptisch gegenüber. Kein Wunder also, dass die Anleiherenditen in Erwartung einer ambitionierteren und/oder schnelleren Leitzinsanhebung gestiegen sind. So liegen 10-jährige US-Staatspapiere und deutsche Bundesanleihen aktuell wieder bei 1,50 % bzw. -0,22 %. Allerdings hat sich dieser Anstieg zur letzten Wochenmitte verlangsamt. Zum jetzigen Zeitpunkt scheinen die Notenbanken an den im September angekündigten Szenarien festzuhalten: Die Anleihekaufprogramme sollen zwar im Herbst zurückgefahren werden, geldpolitische Straffungsmaßnahmen stehen indes noch nicht an. Das Gespenst der Stagflation geht jedenfalls um - ein Begriff, der letzthin wieder in Mode gekommen ist. Vorerst wird sie durch das nach wie vor hohe, jedoch nicht wirklich solide unterlegte globale Wachstum aber noch in Schach gehalten.

Aus makroökonomischer Sicht stand vergangene Woche auch die Aufwertung des US-Dollar im Fokus, die in engem Zusammenhang mit den bereits genannten Entwicklungen steht. Der Euro kostet aktuell 1,1579 USD (Stand: Freitagnachmittag). Der Dollar-Index, der die Stärke des US-Dollar gegenüber einem Korb von sechs Währungen misst, erreichte mit 91,11 Punkten ein Zehnmonatshoch. Der starke US-Dollar steht im Einklang mit der erneut um sich greifenden Risikoaversion und manifestiert sich in einer mehr als verworrenen innenpolitischen Lage in den USA, wo Präsident Biden angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse und des starken Einflusses der Republikaner auf den Etat um Zustimmung zu seinem Investitionsprogramm ringt.

Auch das am heutigen Montag anberaumte OPEC+-Treffen ist vor dem Hintergrund der explodierenden Öl- und Gaspreise mit einigen Erwartungen verbunden. Zudem steht diesen Freitag die Veröffentlichung der mit Spannung erwarteten US-Arbeitsmarktdaten für September an, die als wichtiger Indikator für die Geldpolitik der Vereinigten Staaten dienen.

US-Dollar setzt Euro unter Druck

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Die Finanzmärkte werden wachgerüttelt

Die Anleger tun sich schwer damit, ständig durch unruhiges Fahrwasser zu navigieren. Versorgungsengpässe, steigende Preise, Unterbrechungen der Lieferketten und die Energiekrise - vor alledem verschlossen sie bislang gerne die Augen. Der plötzliche Anstieg der Zinsen traf sie daher wie ein Blitzschlag und wirkte wie ein reinigendes Gewitter. Offenbar haben die Anleger zu spät verstanden, dass die Notenbanken auf die (vielleicht doch nicht nur vorübergehende) Inflation schon bald reagieren müssen.