Samstag
10. Juli
Börsen-Update der Woche
intro Die Delta-Variante des Coronavirus hat erneut die Nachrichten bestimmt und Befürchtungen über ein Wiederaufflammen der Pandemie geschürt. In der Folge knickten die Leitindizes am Donnerstag weltweit ein. Die Finanzmärkte zeigen sich jedoch weiterhin robust. Dies gilt insbesondere für die Wall Street, die sich dank der soliden Performance von Technologieaktien erneut ihren Höchstständen näherte.
Indizes

In Asien ist die Stimmung nach wie vor gedrückt. Dies lässt sich an der Entwicklung des Hang Seng ablesen, der an acht aufeinanderfolgenden Handelstagen abwärts tendierte, bevor er am Freitag wieder ins Positive drehte. Der Hongkonger Index hat innerhalb von fünf Tagen nahezu 6 % verloren. Der Nikkei konnte sich etwas besser behaupten, schloss allerdings ebenfalls mit einem Wochenminus von knapp 3 %.

Auch in Europa zeigte sich ein durchwachsenes Bild, doch die am Freitag an den europäischen Märkten verzeichnete Erholung führte zumindest zu einer gewissen Schadensbegrenzung. Der CAC 40 büßte in dieser Woche fast 0,5 % ein, der DAX schnitt mit -0,4 % geringfügig besser ab, während sein Schweizer Pendant um +0,05 % zulegte und mit 12.085 Punkten ein neues Allzeithoch erreichte.

An der Wall Street bewegte sich der S&P 500 in Richtung seines historischen Höchststandes. Der US-Leitindex musste zwar einige Rücksetzer hinnehmen, holte diese aber schnell wieder auf, sodass er in dieser Woche nur um 0,1 % nachgab. Der Nasdaq 100 (-0,05 %) und der Dow Jones (-0,1 %) zeigten eine ähnliche Wochenperformance.



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Rohstoffe

An den Ölmärkten kam es in dieser Woche erstmals seit Mai zu einem Rückgang. Die OPEC+ hat womöglich selbst zu diesem plötzlichen Stimmungsumschwung beigetragen, denn die erweiterte Organisation erdölexportierender Länder konnte über die künftigen Fördermengen über den August hinaus noch keine Einigung erzielen. Der Rückgang der US-Vorräte verlieh den Ölpreisen zum Ende der Woche jedoch erneut etwas Auftrieb. Die US-Rohölsorte WTI notiert bei ca. 73 USD, die Nordseesorte Brent bei 74 USD je Barrel.

Für Gold verlief die Woche nahezu perfekt, denn das Edelmetall profitierte von der höheren Volatilität an den Aktienmärkten, vor allem aber vom anhaltenden Rückgang der Anleiherenditen. Nun liebäugelt der Goldpreis mit der Marke von 1.800 USD je Feinunze. Silber verlor dagegen an Boden und schloss mit 26 USD je Unze. Im Metallbereich verlief die Woche ansonsten vergleichsweise ruhig, denn die Preise der sogenannten Hard Commodities zeigten mit Ausnahme von Aluminium (das knapp 4 % verlor und zuletzt bei 2.435 USD je Tonne notierte) nur leichte Schwankungen.

Bei den Agrarrohstoffen ist der Aufwärtstrend von Mais jäh abgebrochen, denn der Preis gab im Wochenverlauf um fast 10 % nach. Kaum besser schnitten Weizen (-7 %) und Soja (-4,8 %) ab.



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Aktien

Sartorius und Shop Apotheke - konträre Kursverläufe

Zwei Aktien stehen diese Woche besonders im Fokus: Shop Apotheke mit starkem Kursverlust und Sartorius mit deutlichem Kurszuwachs.
Shop Apotheke hat für das zweite Quartal 2021 enttäuschende Umsatzzahlen veröffentlicht, auch wenn die Online-Apothekengruppe nun über mehr als 7 Millionen aktive Kunden verfügt. Zudem gab das Unternehmen bekannt, dass seine Prognosen für das Jahr 2021 möglicherweise aufgrund des angespannten Arbeitsmarkts und logistischer Engpässe nicht erreicht werden. Es mag sich um vorübergehende Unsicherheiten handeln, die jedoch mit der inzwischen großzügigen Bewertung kaum vereinbar sind. Die Aktie litt außerdem unter den jüngsten regulatorischen Entwicklungen und dem Vergleich mit seinem Schweizer Rivalen Zur Rose, der mit einem dynamischeren Wachstum aufwarten konnte. Allerdings ist Shop Apotheke Europe (SAE) ein Hauptakteur einer Wachstumsbranche, und dies bietet mittelfristig durchaus Sicherheit.

Sartorius legte dagegen in dieser Woche eine beeindruckende Rally aufs Parkett. Nach Anhebung der Ziele für das Mutterhaus und die französische Tochter Sartorius Stedim Biotech lag der Kurszuwachs im zweistelligen Bereich. Die Unternehmensgruppe hat zum fünften Mal in ebenso vielen Quartalen ihre Prognose erhöht. Die erfolgreiche Wachstumsgeschichte setzt sich somit in einem durch die Pandemie begünstigten Umfeld fort, in dem die schwächere Entwicklung in einigen medizinischen Bereichen mehr als kompensiert werden konnte. Sartorius Stedim Biotech ist nach wie vor äußerst hoch bewertet, was jedoch angesichts der außergewöhnlich guten Geschäftsergebnisse gerechtfertigt sein dürfte. Das inzwischen 40,5 Milliarden EUR schwere Unternehmen zählt in Frankreich zu den 25 Gesellschaften mit der höchsten Marktkapitalisierung. Ein Glücksfall für die Sartorius AG, die 73,8 % an der französischen Tochter hält.



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Anleihen

Der zunehmende Anteil der Delta-Variante des Coronavirus hat erneut Befürchtungen über eine Abschwächung der weltweiten konjunkturellen Erholung geschürt. Vor diesem Hintergrund setzten die Anleiherenditen ihren Abwärtstrend fort. So rentieren zehn- und zweijährige US-Staatsanleihen nun nur noch mit 1,34 % bzw. 0,20 %. In Europa fiel die Reaktion nicht ganz so deutlich aus, denn in den Ländern mit der strengsten Haushaltsdisziplin notieren Anleihen nach wie vor im deutlich negativen Bereich. Die Spanne reicht von -0,19 % in den Niederlanden bis zu -0,36 % in der Schweiz. Die Rendite deutscher Bundesanleihen beläuft sich aktuell auf -0,31 %. Französische Staatsanleihen nähern sich der Nullmarke und notieren derzeit bei 0,04 %. "Die erneute Besorgnis im Hinblick auf die konjunkturelle Entwicklung lässt die Erwartung wachsen, dass die Notenbanken allmählich von ihrer ultraexpansiven Geldpolitik abrücken werden", so der Kommentar eines Branchenexperten.
Devisen

Nach den letzten schwierigen Wochen hat der Euro gegenüber dem US-Dollar bei knapp 1,18 USD offenbar eine Talsohle erreicht. Die Gemeinschaftswährung beendete die Woche mit einem Kurs von rund 1,186 USD wieder etwas höher, blieb jedoch hinter ihren Jahreshöchstständen zurück. Grund dafür war der erneute Anstieg der Corona-Infektionen in einigen Ländern, der das Vertrauen eintrübte. Unterdessen zeigte sich die chinesische Währung von der überraschenden Ankündigung der chinesischen Notenbank, sie werde möglicherweise neue geldpolitische Stützungsmaßnahmen ergreifen, unbeeindruckt. So tendierte der Yuan gegenüber dem US-Dollar seitwärts und beendete die Woche bei 6,4789 CNY. Fluchtwährungen wie der Schweizer Franken und der japanische Yen zeigten am Donnerstag infolge der Rücksetzer an den Aktienmärkten kurzzeitige Ausschläge. So kostete 1 USD zeitweise 0,91557 CHF bzw. 110,15 JPY.
Konjunkturdaten

Die makroökonomischen Indikatoren fielen in dieser Woche gelinde gesagt enttäuschend aus. Der ZEW-Index, eines der Stimmungsbarometer für die deutsche Wirtschaft, fiel von einem Vormonatswert von knapp 80 Punkten auf 63,3 Punkte zurück. Zugleich blieb in den USA der ISM-Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor mit einem Rückgang auf 60,1 % deutlich hinter der Prognose der Ökonomen von 63,4 % zurück. Der Index, der im Mai einen historischen Rekord von 64 % erreicht hatte, liegt zwar immer noch über der Expansionsschwelle, scheint jedoch einen Höhepunkt überschritten zu haben. Am Donnerstag litt die Stimmung zusätzlich unter der Veröffentlichung der Zahl der wöchentlichen Arbeitslosenanträge in den USA, die etwas höher als erwartet ausfiel. Schwankungen dieses Indikators bringen die Anleger normalerweise nicht aus der Ruhe. Allerdings war seit Wochenbeginn eine ganze Reihe durchwachsener Daten gemeldet worden.
Inflation von (knapp) 2 %

Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Portfolio und die erzielten Kapitalgewinne sichern können, bevor sie in die Sommerferien aufbrechen. Die Marktteilnehmer zeigen sich besorgt, dass die Zentralbanken (insbesondere die Fed) ihre Wertpapierkaufprogramme schneller als erwartet zurückfahren könnten. Für Unruhe sorgt zudem die weltweit rasante Ausbreitung von Corona-Mutationen (allen voran die Delta-Variante). In Sachen Inflation erwarten wir in der kommenden Woche am Dienstag und Mittwoch die ersten Zahlen zum Verbraucherpreisindex bzw. zum Erzeugerpreisindex. Ein Überschießen der Inflation über die 2 %-Marke bereitet den Währungshütern jedoch offenbar kein Kopfzerbrechen mehr. Das zeigt sich auch daran, dass die Europäische Zentralbank auf mittlere Sicht nicht mehr eine "Inflation von knapp 2 %", sondern eine "Inflation von 2 %" anstrebt. Ein scheinbar kleiner Unterschied in der Wortwahl, der für die Flexibilität der europäischen Geldpolitik allerdings von großer Bedeutung sein könnte.