Die Finanzmärkte blicken erneut auf eine äußerst volatile Woche zurück. Ausschlaggebend hierfür waren die Ängste vor einer Straffung der Geldpolitik. Hinzu kommt die Inflation, die wohl auf längere Sicht anhalten dürfte, zumal die Energiepreise durch die Decke gehen. Die EZB zeigte sich angesichts der galoppierenden Inflation besorgt, ließ ihren Leitzins aber unverändert. Die Bank of England entschied sich dagegen für eine Anhebung um 25 Basispunkte. Nach Veröffentlichung der monatlichen US-Arbeitsmarktdaten wird die Federal Reserve im März wohl einen ersten Zinsschritt wagen, sodass die Indizes auch in den kommenden Wochen eine hohe Volatilität aufweisen könnten.
Wochenperformance*
STOXX EUROPE 600
462.15  -0.73%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
4500.53  +1.55%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
27439.99  +2.70%
Chart NIKKEI 225
GOLD
1805.80$  +0.91%
Chart GOLD
LONDON BRENT OIL
92.74  +1.97%
Chart LONDON BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.14$  +2.65%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche
TeamViewer (+23 %): In einem für den Technologiesektor und "Corona-Aktien" schwierigen Umfeld konnte der Konzern nach einer Reihe enttäuschender Zahlen beruhigende Geschäftsjahresergebnisse vorlegen. Auch die Ankündigung eines groß angelegten Aktienrückkaufprogramms im Volumen von 300 Mio. EUR wirkte sich alles andere als nachteilig auf die Kursperformance aus.

UPS (+15 %): Der US-amerikanische Logistiker überraschte den Markt mit soliden Quartalszahlen. Nach der Veröffentlichung korrigierten die Analysten ihre Erwartungen nach oben und erhöhten das durchschnittliche Kursziel von 230 auf 241 USD.

AMD (+14 %): Auch die Nummer 2 unter den US-Computerchipherstellern gehörte zu den positiven Überraschungen der Woche. Mit einem deutlich gesteigerten Nettoergebnis im 4. Quartal und einem durchweg erfreulichen Ausblick übertraf der Konzern klar die Erwartungen.

Commerzbank (+13 %): Angesichts steigender Zinsen haben die Märkte wieder Gefallen am Finanzsektor gefunden. Folglich stand auch die zweitgrößte deutsche Bank in der Anlegergunst erneut weit oben. Am 17. Februar werden die Ergebnisse für 2021 bekannt gegeben.

UBS Group (+10 %): Während sich Konkurrent Crédit Suisse schwer tut, konnte die UBS mit einem Jahresgewinn von 7,5 Mrd. USD glänzen. Damit hat das Schweizer Geldhaus sein Ergebnis trotz des Strafprozesses in Frankreich um 14 % gesteigert. Zudem wurde der Ausblick angehoben.

Saipem (-37 %): Der auf die Energieindustrie spezialisierte Maschinenbauer aus Italien hat am Donnerstag eine deutliche Gewinnwarnung ausgesprochen. Grund ist ein befürchteter Margenrückgang bei einigen Verträgen im Auftragsbestand. Da das Unternehmen nicht mit einer starken Bilanz aufwarten kann, waren die Auswirkungen auf den Kurs verheerend.

PayPal (-24 %): Bei der Mutter aller Fintechs ist noch kein Befreiungsschlag in Sicht. Der Ausblick des Zahlungsdienstleisters hat die Anleger enttäuscht und die Analysten stürzten sich auf den Titel, der bis dato weitgehend zum Kauf empfohlen wurde.

Meta Platforms (-21 %): Im Universum der großen amerikanischen Technologiekonzerne nimmt die Facebook-Mutter aktuell eindeutig die Rolle des hässlichen Entleins ein. Ein zu vorsichtiger Ausblick und die zunehmend erbitterte Konkurrenz am Markt brachten den Kurs ins Straucheln. Alleine am Donnerstag sank der Börsenwert des Konzerns um 200 Mrd. USD.

Casino (-14 %): Der französische Einzelhändler hat davor gewarnt, dass seine Ergebnisse die Erwartungen verfehlen werden. Damit muss der ohnehin schon geschwächte Titel eine weitere Enttäuschung verkraften, was kaum zur Stabilisierung seiner Finanzkraft beitragen dürfte. Auch bei den vielen Beteiligungen ist die Lage weiterhin angespannt.

Hapag-Lloyd (-12 %): Der Logistikriese 2021 erzielte zwar dank steigender Seefrachtkosten ein Rekordergebnis, konnte damit aber nicht rundweg überzeugen. Die Anleger fürchten, dass bei einer Normalisierung der Lage die Konjunkturabhängigkeit des Geschäfts wieder stärker zutage tritt.
Rohstoffe
Zum ersten, zum zweiten, ... zum siebten! Die Rohölmärkte bewegten sich die siebte Woche in Folge nach oben und verzeichneten seit Jahresbeginn ein Plus von über 15 %. Ein scheinbar unaufhaltsamer Aufstieg, der Spekulanten nun dazu veranlasst, Long-Positionen auf Futures-Kontrakte mit einem Lieferpreis von 100 USD oder sogar 125 USD mit Fälligkeit im Dezember 2022 zu eröffnen. Viele Anleger rechnen also damit, dass der Preis je Barrel Rohöl in diesem Jahr über 100 USD klettern wird. Kurzfristige Impulse gingen in dieser Woche vor allem vom Treffen der OPEC+ aus, das dem Markt aber letztlich kaum eine Atempause verschaffte. Die erweiterte Organisation erdölexportierender Länder will nun im März die Fördermenge um weitere 400.000 Barrel pro Tag erhöhen. Doch viele Marktteilnehmer sind skeptisch, denn die OPEC+ hat jetzt schon Schwierigkeiten, ihre Zusagen zur zusätzlichen Produktion zu erfüllen. Rohöl der Sorte Brent notiert aktuell bei 93,4 USD je Barrel, die US-Referenzsorte WTI bei 92,6 USD je Fass.

Gold erholte sich diese Woche leicht auf 1.805 USD je Feinunze, startete aber nicht wirklich durch - und das, obwohl die steigende Volatilität an den Aktienmärkten die Anleger dazu veranlasst haben könnte, in sichere Häfen zu flüchten. Der Anstieg ist wohl eher dem schwächelnden US-Dollar geschuldet, der das Edelmetall für "internationale" Anleger attraktiver macht. Silber verharrt weiterhin bei 22,5 USD je Feinunze. Bei den Industriemetallen gab es diese Woche kaum Neues zu vermelden, da der chinesische Markt wegen des Beginns des neuen Mondjahres eine Pause einlegte. Sowohl das Handelsvolumen als auch die Preisausschläge hielten sich daher in Grenzen. Der Aluminiumpreis stabilisierte sich bei über 3.000 USD je Tonne, da Russland seine Gaslieferungen nach Europa ausweitete, was den Druck auf die europäischen Gießereien verringerte.

Im Agrarbereich gaben der Weizen- und der Maispreis in Chicago auf 619 bzw. 777 Cent je Scheffel nach. Kakao setzte hingegen seinen Aufwärtstrend fort und stieg dank der robusten Nachfrage auf 2.634 USD pro Tonne. Dagegen steht das Angebot nach wie vor unter Druck, denn in der Elfenbeinküste dürfte die Ernte aufgrund der ungewöhnlich trockenen Witterung eher bescheiden ausfallen.
Chart Rohstoffe
Makroökonomie
Die Anleger hatten nach der Sitzung der US-Notenbank Fed in der letzten Januarwoche mit Reaktionen an den Devisen- und Anleihemärkten gerechnet. Doch letztendlich war es die Europäische Zentralbank, die am 3. Februar für Bewegung sorgte. Nach einem eher unspektakulären Kommuniqué bereitete Christine Lagarde die Märkte auf eine restriktivere Gangart der EZB bei der Inflationsbekämpfung vor. Dabei wollte sie sich entgegen bisherigen Beteuerungen insbesondere nicht darauf festlegen lassen, eine Zinserhöhung im weiteren Jahresverlauf auszuschließen. Der Euro tendierte daraufhin aufwärts und liegt aktuell bei 1,1470 USD. Gegenüber dem Schweizer Franken stieg die Gemeinschaftswährung auf 1,0569 CHF.

Am Staatsanleihemarkt hatte die entschlossene Haltung der EZB Auswirkungen auf die Renditedifferenz zwischen 10-jährigen US-Staatsanleihen und europäischen Schuldtiteln. Für einen gewissen Gegeneffekt sorgten unter anderem die US-Arbeitsmarktzahlen (siehe unten). 10-jährige US-Staatsanleihen rentieren nun mit 1,91 % (gegenüber 1,84 % in der Vorwoche) und deutsche Bundesanleihen mit 0,20 % (gegenüber -0,02 % vor einer Woche). Die Rendite französischer Staatsanleihen stieg deutlich um 26 Basispunkte auf 0,65 %.

Der mit Spannung erwartete wichtigste Konjunkturindikator der Woche waren die US-Arbeitsmarktzahlen für Januar, die jedoch ein unklares Bild zeichneten: Zwar wurden mehr neue Stellen geschaffen als erwartet, doch die Arbeitslosenquote hat leicht zugenommen. Die Stundenlöhne setzten ihren Aufwärtstrend fort und stiegen im Monatsverlauf um 0,7 %. Damit liegen sie um 5,7 % höher als im Vorjahr. Von den Märkten wurde dies als Hinweis darauf gewertet, dass die Fed rasch an der Zinsschraube drehen wird.

Derweil finden die Kryptowährungen nicht aus ihrer seit fast drei Monaten währenden Flaute heraus. Parallel zu den Börsenindizes konnte auch der Bitcoin seine Talsohle nicht hinter sich lassen und verharrte im Wochenverlauf in einer Seitwärtsbewegung um die Marke von 37.000 USD (Stand: Freitagnachmittag). Konnte sich die Digitalwährung in der Vergangenheit noch relativ stark vom Aktienmarkt abkoppeln, haben die letzten Wochen gezeigt, dass die Resilienz gegenüber Verlusten im Nasdaq und S&P 500 von Tag zu Tag nachlässt. Die positive Korrelation zwischen Bitcoin und Wall Street erreicht aktuell sogar historische Höchststände. Ob das ein vorübergehendes Phänomen oder eine dauerhafte Entwicklung ist, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.

Makroökonomische Indikatoren stehen nächste Woche erst am Donnerstag an, wenn in den USA die Inflationszahlen für Januar bekannt gegeben werden. Wie schon im Dezember liegen die Schätzungen bei 0,5 % gegenüber dem Vormonat. Wird sich im Jahresvergleich nun ein Rückgang der Teuerung abzeichnen, nachdem die Preise im Dezember gegenüber dem Vorjahresmonat um ganze 7 % gestiegen sind?
Kurs und Volumen
Notenbanken auf Straffungskurs
EZB-Präsidentin Christine Lagarde schlägt nun einen ähnlichen Ton an wie die US-Notenbank Fed - zumindest mit Blick auf die Mehrdeutigkeit der Aussagen. Die EZB schließt eine Leitzinserhöhung in diesem Jahr nicht mehr aus, obwohl dies bis vor Kurzem noch undenkbar war. Die Inflationsrate liegt in Europa mit 5,1 % zwar unter dem US-Niveau, ist aber offenbar nach wie vor außer Kontrolle. In den Vereinigten Staaten geht es derweil recht turbulent zu, denn der Markt zeigt sich von seiner launischen Seite und verteilt keine Geschenke. Dazu reicht ein Blick auf die Kursreaktionen, zu denen es in dieser Woche nach der Veröffentlichung der Geschäftszahlen von Tech-Giganten wie Meta (-26 %), Paypal (-25 %) oder Netflix (-22 %) kam. Alphabet und Amazon überraschten hingegen positiv und wurden dafür mit Kursgewinnen von +8 % bzw. +11 % belohnt. Ein hochvolatiler Markt also, der gerade nicht weiß, wohin er will. Denn die Stimmung schwankt zwischen extremer Panik und einer nicht weniger beunruhigenden Euphorie. Dennoch sind Privatanleger - womöglich wider Erwarten - recht gut positioniert. Sie können sich entweder dafür entscheiden, von den wilden Ausschlägen nach oben oder unten zu profitieren, oder aber einfach abwarten, bis der Markt eine klare Richtung einschlägt.
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.