Samstag
19. Juni
Börsen-Update der Woche
intro Im Blickpunkt stand in dieser Woche die Sitzung der US-Notenbank Fed zur Geldpolitik. Neben der Beibehaltung des Leitzinses und der Fortführung der Anleihekäufe machte sie für die gestiegene Inflationsrate vorübergehende Faktoren verantwortlich und geht davon aus, dass die Teuerungsrate 2021 bei 3,4 % und 2022 bei 2,1 % liegen wird. Folglich wird die Fed den Leitzins voraussichtlich frühestens 2023 anheben. Bisher hatte man damit aber eher im Jahr 2024 gerechnet. Zum Programm der Anleihekäufe machte die Fed deutlich, dass es für ein Auslaufen der lockeren Geldpolitik noch zu früh wäre, die Debatte über entsprechende Schritte nun jedoch eröffnet sei. Die Finanzmärkte zeigten zunächst eine eher verhaltene Reaktion und gaben dann am Freitag nach.

In dieser Woche durchlebten die europäischen Märkte ein Wechselbad aus Hausse und Baisse innerhalb noch immer enger Bandbreiten - aber eben nur bis zum Freitag. In Frankfurt konnte sich der DAX dem allgemeinen Trend nicht entziehen. Er bewegte sich zunächst im Bereich des bisherigen Rekordniveaus (15.802 Punkte am 14. Juni) und begab sich dann zum Wochenschluss auf Talfahrt. Im Laufe der vergangenen fünf Tage entwickelten sich die Aktien der Deutschen Börse und des Triebwerksherstellers MTU Aero Engines solide, während zyklische Werte wie die Deutsche Bank und Volkswagen einige Verluste hinnehmen mussten. Auch der MDAX legte alles andere als einen Höhenflug hin. Technologiewerte wie TeamViewer, Varta und Zalando konnten sich behaupten, doch zyklische Titel (insbesondere ThyssenKrupp und in geringerem Ausmaß Commerzbank und Hella) litten unter Gewinnmitnahmen.
Indizes

Die Börsen in Asien zeigten in der abgelaufenen Woche eine weiterhin schwache Entwicklung. Der Nikkei tendierte die zweite Woche in Folge seitwärts, der Hang Seng verlor 0,3 % an Boden und der Shanghai Composite musste 1,8 % abgeben.

In Europa konnte der CAC 40 insbesondere dank des erfreulichen Trends des Luxusgütersektors seine Verluste begrenzen und zum Wochenende mit einer stabilen Performance aufwarten. Der DAX büßte dagegen 1 % ein und der FTSE 100 fiel um 1,1 % zurück. Unter den Peripherieländern der Eurozone gaben die Leitindizes in Spanien, Portugal und Italien um 1,9 %, 1,7 % bzw. 1 % nach.
Der SMI beschleunigte in den letzten fünf Tagen seinen Aufwärtstrend und zog um 1,2 % an, nicht zuletzt dank der erneut starken Kursentwicklung der drei Schwergewichte des Index: Roche, Nestlé und Novartis (siehe Grafik).

In den Vereinigten Staaten enttäuschten der Dow Jones und der S&P 500 mit einem Wochenminus von 2 % bzw. 0,6 % (Stand: Freitagnachmittag). Von der anhaltenden Sektorrotation profitierten vor allem Technologiewerte, sodass der Nasdaq 100 in dieser Woche um 1,2 % zulegte.

Anstieg des SMI-Index in den letzten 6 Monaten

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Rohstoffe

Rohöl der Sorte WTI konnte zunächst an die Höchstwerte aus dem Jahr 2018 anknüpfen, bevor aufgrund des US-Dollar-Anstiegs eine leichte Konsolidierung einsetzte. Damit bewegt sich der Kurs der amerikanischen Rohölsorte um die Marke von 70 USD. Rohöl der Nordseesorte Brent notiert derweil bei 72,2 USD.

Die Fed erwies sich mit ihren optimistischen Äußerungen als wichtigster Markttreiber der Woche. Gold geriet angesichts des stärkeren US-Dollars unter Abwärtsdruck. In den letzten fünf Tagen hat das Edelmetall knapp 5 % an Wert verloren - nach Ansicht mancher Beobachter eine etwas überzogene Reaktion. Die von der Federal Reserve anvisierten Zinserhöhungen dürften der Attraktivität von Gold jedoch nicht gerade zuträglich sein, da sich die Haltekosten dadurch erhöhen.

Insgesamt lässt der Druck am Rohstoffmarkt weiter nach. So verbilligte sich Bauholz um 15 %, nachdem sich die Lieferketten etwas stabilisiert hatten. Auch die Getreidepreise gaben nach, denn auf der Angebotsseite stehen die Zeichen dank anstehender Ernten und besserer Wettervorhersagen auf Entspannung. Dem Trend kann sich auch Kupfer nicht entziehen: Um die Preise zu drücken, hat China begonnen, seine Industriemetallbestände abzubauen. Der Kupferpreis ist daraufhin um 7,5 % gesunken.

Entwicklung der Rohstoffe über 1 Monat

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Aktien

Der Online-Broker Flatexdegiro, der 2020 zu den europäischen Börsenstars des Jahres zählte, hat mit einem Aktienkurs von über 115 EUR neue Höchststände erklommen. Letztes Jahr hatten die Anleger sowohl im Februar als auch in den Monaten April und Mai Gewinne auf den Titel mitgenommen, und in beiden Fällen folgte ein kräftiger Kursanstieg. Die Ergebnisse und Prognosen des Frankfurter Fintechs können sich zweifellos sehen lassen. Nachdem sich in der Branche lange Zeit wenig getan hatte, gibt es seit der Pandemie eine neue Generation von Anlegern. Gleichzeitig sind einfache und innovative Lösungen auf den Markt gekommen, die von Finanzmittlern der neuen Generation eingesetzt werden. Doch vermutlich werden sich die zahlreichen Akteure nicht alle durchsetzen können. Flatexdegiro hebt sich allerdings mit seinem gut austarierten Angebot und seiner soliden Finanzkraft längst von der breiten Masse ab. Nachdem die Marktkapitalisierung die Marke von 3 Milliarden EUR unlängst überschritten hat, zählt der Broker nun zu den zehn größten Finanzkonzernen Deutschlands.

Flatexdegiro lässt den STOXX Europe 600 und den SDAX weit hinter sich

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Anleihen

Die Folgen der Fed-Entscheidung sind in dieser Woche allgegenwärtig. Dies gilt auch und insbesondere für die Anleihemärkte. Unerwarteterweise führten die Ankündigungen jedoch nicht zu dem von einigen Marktteilnehmern befürchteten Anziehen der Renditen. So lagen 10-jährige US-Staatsanleihen bei etwa 1,5 %. Letztlich war die Unruhe am Markt nur von kurzer Dauer und beschränkte sich auf den Donnerstag. Die Analysten von Unicredit schätzen die Lage wie folgt ein: "Nach einer turbulenten Woche erwarten wir für die nächsten Tage einen moderaten Anstieg der US-Realzinsen, von dem die Renditen europäischer Staatsanleihen (EGB) relativ unbeeinflusst bleiben dürften".

In Europa verzeichnen deutsche Bundesanleihen nach wie vor eine negative Rendite von -0,2 %, während französische Staatsanleihen aktuell bei 0,15 % notieren. In den südeuropäischen Ländern sind die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen relativ stabil geblieben und reichen von 0,41 % in Portugal bis 0,83 % in Italien.
Devisen

Die Anleger zeigten sich vor der Juni-Sitzung der US-Notenbank eher verunsichert. Letztlich hat die Fed die Stellschrauben für die Anpassung der Geldpolitik aber angezogen. Sie reagierte damit auf das solide Wachstum und die robuste Inflation und kündigte an, den Leitzins nicht erst im Jahr 2024, sondern bereits 2023 anheben zu wollen. In der Folge gewann der US-Dollar gegenüber dem Euro wieder an Boden. Der Greenback hat sich aus dem Bereich 1,21/1,22 herausbewegt und 1 Euro kostet nun 1,19 USD.

Diese Stärke ist auch am Verhältnis zu den meisten anderen Leitwährungen ablesbar. Nach der Sitzung der Schweizerischen Nationalbank am Donnerstag steht aber auch der Schweizer Franken im Fokus. Die SNB hat eine Leitzinserhöhung de facto vertagt, weshalb die Schweizer Währung gegenüber dem chinesischen Yuan (1 CNY = 0,14241 CHF) und dem US-Dollar (1 USD = 0,91739 CHF) schwächer notierte. Dagegen blieb der EUR/CHF-Wechselkurs weitgehend unverändert (1 EUR = 1,09344 CHF).
Konjunkturdaten

In der Eurozone wurden diese Woche kaum Konjunkturdaten veröffentlicht. Die Industrieproduktion legte um 0,8 % zu und der Verbraucherpreisindex (VPI) stieg um insgesamt 2 % (1 % ohne Nahrungsmittel und Energie). In Deutschland und Frankreich entsprach der VPI mit +0,5 % bzw. +0,3 % den Erwartungen.

In den USA fielen die meisten Daten enttäuschend aus. Der Erzeugerpreisindex erhöhte sich um 0,8 %, die Importpreise legten um 1,1 % zu, die Einzelhandelsumsätze gaben um 1,3 % nach, die Anzahl an Baugenehmigungen lag unter den Erwartungen und die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe stiegen in der Berichtswoche auf 412.000 an.
Die Industrieproduktion verzeichnete dagegen ein Wachstum von 0,8 % (Vormonat: 0,1 %) und der wirtschaftliche Frühindikator Philly-Fed-Index lag mit 30,7 Zählern zwar unter seinem Vorwert von 31,5, konnte die Analystenschätzungen aber übertreffen.
US-Notenbank mit neuem Szenario

Ein geldpolitischer Paradigmenwechsel in den Vereinigten Staaten liegt zwar noch in weiter Ferne, sorgte aber zum Ende der Woche für wieder zunehmende Volatilität. Zuvor war es zu einigen Gewinnmitnahmen bei Rohstoffaktien und hochzyklischen Werten gekommen. Die US-Notenbank steht weiterhin im Mittelpunkt des Geschehens. Ihre Ankündigung, den Weg zu einer Normalisierung der Geldpolitik zu ebnen, ist für die Anleger allerdings keine allzu große Überraschung. Die Fed unterstreicht damit aber auch die Stärke der Konjunkturerholung nach der Corona-Pandemie, die für das Wachstum der Weltwirtschaft in den kommenden Monaten entscheidend sein wird.