Die Finanzmärkte rund um den Globus legten diese Woche eine Pause ein, da sie weitere geldpolitische Straffungen und das Abgleiten der Weltwirtschaft in eine Rezession befürchten. Mehrere US-Konjunkturindikatoren fielen stärker aus als erwartet (Arbeitsmarkt und ISM-Index für den Dienstleistungssektor) und schürten damit erneut Zweifel, ob die US-Notenbank bei den Zinserhöhungen einen Gang zurückschalten würde. Der erneute Anstieg des Erzeugerpreisindexes trug ein Übriges zur Verunsicherung bei. Die nächste Woche dürfte daher mit den anstehenden Zinsbeschlüssen der Fed und der EZB entscheidend sein.
Wochenperformance*
DAX
14370  -1.09%Chart
STOXX EUROPE 600
439.13  -0.94%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
3934.38  -3.37%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
27901.01  +0.44%
Chart NIKKEI 225
GOLD
1797.41$  -0.09%
Chart GOLD
BRENT OIL
76.63$  -11.76%
Chart BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.05$  -0.13%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche

Tops

Didi Global (+45 %): Für das Unternehmen, das oft als chinesisches Uber-Pendant betrachtet wird, geht es steil nach oben, nachdem die Corona-Maßnahmen in China gelockert wurden - was auf eine Erholung der Reisetätigkeit schließen lässt.

Bénéteau (+28 %): Der Markt nahm die angehobenen Prognosen der für ihre Freizeitboote bekannten Unternehmensgruppe positiv auf. Der zur Diversifizierung des Geschäfts neu hinzugekommene Bereich Wohnmobile entwickelt sich sehr dynamisch. Das Management strebt nun das obere Ende der Prognosebandbreite für 2025 an.

Gitlab (+23 %): Der Kurs des Spezialisten für Entwicklungssoftware schnellte in die Höhe, nachdem das Unternehmen einen unerwartet niedrigen Verlust, über den Erwartungen liegende Quartalserlöse und solide Zukunftsaussichten bekannt gegeben hatte.

Haleon (+9 %): Im Rechtsstreit um Zantac entschieden die US-Gerichte zugunsten des Trios Sanofi, GSK und Pfizer. Haleon war als ehemalige GSK-Tochter indirekt beteiligt.

Brunello Cucinelli (+8 %): Der italienische Kaschmir-Spezialist veröffentlichte ausgezeichnete Geschäftszahlen, mit denen er unter Beweis stellt, sich auch in einem komplexen wirtschaftlichen Umfeld weiterentwickeln zu können. Die Prognosesicherheit ist nach wie vor solide.

Flops

FlatexDEGIRO (-38 %): Diese Woche endete für den deutschen Online-Broker mit einer kalten Dusche: Die BaFin hat bei einer Sonderprüfung "Mängel in einigen Geschäftspraktiken und der Unternehmensführung" festgestellt. Das Management versicherte, die erforderlichen Maßnahmen umsetzen zu wollen, doch ist diese Ankündigung nur wenige Tage nach einer Abwärtskorrektur der Ziele für 2022 eher als Makel zu bewerten.

NRG Energy (-22 %): Der Markt hat die Ankündigung, Vivint Smart Home für einen Unternehmenswert von 5,2 Mrd. USD übernehmen zu wollen, nicht wirklich gewürdigt, da der gebotene Kaufpreis als zu hoch eingestuft wurde.

EuroAPI (-16 %): Das aus einer Abspaltung von Sanofi hervorgegangene Unternehmen veröffentlichte eine drastische Gewinnwarnung für 2022, die seine gerade erst gewonnene Glaubwürdigkeit an der Börse infrage stellt. Grund sind Qualitätsprobleme an einem Standort in Osteuropa. Auf Qualitätsmängel in der Pharmaindustrie reagieren Anleger ziemlich allergisch.

Gerresheimer (-15 %): Der Investorentag des deutschen Verpackungsherstellers war für den Markt eine bittere Pille. Somit wird das Unternehmen für eine voraussichtlich enttäuschende Ergebnissteigerung abgestraft. Nach der zuletzt bemerkenswerten Kursrally der Aktie ist dies ein besonders herber Rückschlag.

Lucid Group (-14 %): Der Elektromobilitätsbranche geht es derzeit nicht gerade blendend. Darunter leidet auch Lucid.

VF Corporation (-14 %): Dem Inhaber mehrerer bekannter Marken wie Vans, Timberland, North Face und Eastpak zufolge dürfte die Nachfrage zum Jahresende schwächer als erwartet ausfallen. Daher blieb dem Unternehmen keine andere Wahl, als seine Prognosen zu senken.

London Stock Exchange (-11 %): In den letzten Tagen gab es mehrere Meldungen zum Niedergang des britischen Börsenplatzes. Der Chef des Rivalen Euronext, Stéphane Boujnah, legte in einem Bloomberg-Interview den Finger in die Wunde und erinnerte daran, dass London nicht mehr die Finanzdrehscheibe der EU ist.

Carl Zeiss Meditec (-10 %): Die schwächelnde chinesische Wirtschaft, ein ungünstiger Produktmix und höhere Kosten veranlassten das deutsche Unternehmen, für das 1. Quartal ein Margenziel auszugeben, das deutlich hinter dem Vorjahreswert zurückbleibt.
Chart Rohstoffe
Rohstoffe

Energie: Trotz der zahlreichen Ankündigungen Pekings, die Konjunktur ankurbeln zu wollen, überwogen in dieser Woche die Rezessionsängste. Darunter litten auch die Ölpreise, denn eine Abschwächung der wirtschaftlichen Aktivität geht zwangsläufig mit einem Rückgang der Ölnachfrage einher. Der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent sank folglich unter die Marke von 80 USD, während die amerikanische Referenzsorte WTI langsam aber sicher in Richtung der 70-USD-Schwelle tendierte. Ein Preisniveau, das innerhalb der Bandbreite des Weißen Hauses für eine Wiederauffüllung der nationalen Ölvorräte liegt, die in diesem Jahr wie Schnee in der Sonne geschmolzen sind.

Metalle: Im Basismetallsegment führen alle Wege nach Peking. Oder mit anderen Worten: Wenn es dem Reich der Mitte besser geht, gilt das auch für die Metallpreise. Vor allem die Lockerung der nationalen Gesundheitspolitik und die neuen Stützungsmaßnahmen für den chinesischen Immobilienmarkt haben die Preise an der LME in die Höhe getrieben. So wurde Kupfer mit über 8.500 USD pro metrische Tonne gehandelt, Nickel stieg auf 31.000 USD und Zink verteuerte sich auf 3.240 USD. Im Segment Edelmetalle verharrte der Goldpreis nahe der jüngsten Höchststände bei 1.796 USD je Feinunze.

Agrarprodukte: Die Getreidepreise an der Börse in Chicago sind in der vergangenen Woche trotz des schwächeren Dollars weitgehend stabil geblieben. Weizen notierte im Bereich von 740 Cent, Mais bei 644 Cent je Scheffel.
Chart Rohstoffe
Makroökonomie

Marktstimmung: Rezession in Sicht. Die jüngsten Gewissheiten entbehrten einer soliden Grundlage und hielten deshalb den widersprüchlichen Konjunkturindikatoren nicht stand. Der Anleihemarkt signalisiert den Aktienmärkten, dass eine Rezession im Gange ist, von der sie kaum verschont bleiben werden. Tief in ihrem Innern sind die Aktienmärkte aber nach wie vor hin- und hergerissen zwischen der Angst vor einer längerfristigen Wirtschaftsflaute und der Hoffnung, dass die Zentralbanken ihre restriktive Politik beenden werden, um das Wachstum nicht zu sehr abzuwürgen. China scheint gleichzeitig eine politische Kehrtwende vollzogen zu haben, um der lahmenden Binnenwirtschaft wieder auf die Füße zu helfen. So ist die Regierung von ihrer Null-Covid-Politik abgekehrt und greift dem Immobiliensektor unter die Arme. Die Anleger klammern sich vorerst an diesen Hoffnungsschimmer, bis nächste Woche eine Reihe geldpolitischer Entscheidungen in Europa und den USA verkündet werden.

Anleihen: Die Märkte preisen die Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung um 50 Basispunkte mit rund 75 % nahezu unverändert ein, obwohl zum Wochenschluss ein Konjunkturindikator für Enttäuschung sorgte: Der Erzeugerpreisindex PPI (Producer Price Index) für November stieg um +0,3 % gegenüber dem Vormonat statt wie erwartet um +0,2 %. Am Dienstag wird allerdings mit Spannung der aktuelle Verbraucherpreisindex CPI (Consumer Price Index) erwartet, der den Prognosen zufolge leicht von +7,7 % im Oktober auf +7,3 % gegenüber dem Vorjahr gesunken sein dürfte. Sollte er höher als erwartet ausfallen, wird das den Anlegern sicher missfallen. Wenn der CPI dagegen wie erwartet oder niedriger ausfällt, dürfte dies die Rally der Börsenindizes befeuern. Die Rendite zehnjähriger US-Treasuries liegt derzeit bei 3,53 % gegenüber 3,49 % letzten Freitag.

Devisen: Der US-Dollar verlor diese Woche gegenüber dem Euro an Boden. Derzeit kostet 1 EUR rund 1,0534 USD. Die Marktteilnehmer glaubten, den geldpolitischen Kurs in etwa zu kennen. Doch dieses Jahr ist voller Überraschungen. Die am vergangenen Freitag veröffentlichten US-Erzeugerpreise übertrafen die Erwartungen und lösten damit erneut Zweifel aus: Wird die Fed bei ihren Zinserhöhungen wirklich einen Gang zurückschalten? Die Lockerung der Coronabeschränkungen in China trägt dazu bei, dass der USD/CNY-Wechselkurs unter der Marke von 7 CNY für 1 USD verharrt. Der Euro verlor gegenüber dem Schweizer Franken leicht an Terrain und notiert derzeit bei 0,9844 CHF. Der von der MUFG veröffentlichte Indikator für Währungsschwankungen geht zurück und nähert sich nach den Turbulenzen der letzten Zeit wieder seinem langfristigen Mittel.

Kryptowährungen: Ungewissheit gibt diese Woche den Ton beim Bitcoin an. Die digitale Währung tendierte seit Montag stabil bei rund 17.000 USD und verzeichnete bei Redaktionsschluss ein leichtes Plus von 0,26 %. Diese minimalen Bewegungen belegen nur allzu deutlich die enorme Verunsicherung der Kryptoanleger nach der Schockwelle, die durch den Kollaps der Krypto-Börse FTX ausgelöst wurde. Ohne kräftige positive Impulse könnte es für den Bitcoin sowie den gesamten Kryptowährungsmarkt schwer werden, sich von den dramatischen Verlusten der letzten Monate wieder vollständig zu erholen.

Termine: Der Kalender für nächste Woche ist prall gefüllt. Vier führende Zentralbanken werden ihre geldpolitischen Beschlüsse präsentieren: Den Anfang macht am Mittwoch die US-Notenbank Fed, am Donnerstag sind dann die Schweizer Nationalbank, die Bank von England und die Europäische Zentralbank an der Reihe. Aber damit nicht genug! Am Dienstag werden der deutsche ZEW-Index und die US-Inflationszahlen für November veröffentlicht, am Mittwoch die Inflationszahlen für November in Großbritannien, am Donnerstag die US-Einzelhandelsumsätze im November und am Freitag die vorläufigen Dezember-Einkaufsmanagerindizes (Flash-PMIs) der führenden Volkswirtschaften. Endspurt vor dem Jahreswechsel!
Kurs und Volumen
Warten auf Jerome
Alle Augen richten sich nun auf China, das letzte Bollwerk gegen eine anscheinend unmittelbar bevorstehende Rezession im Westen. Der Rückgang des jährlichen chinesischen Exportwachstums im November um fast 9 % und die Proteste gegen die Null-Covid-Politik haben die Regierung in Peking dazu veranlasst, die Wirtschaft wieder hochzufahren. In den USA ließ der unerwartet hohe US-Erzeugerpreisindex diese Woche bei den Anlegern Zweifel an der Politik der Fed aufkommen. Wird ihr Chef Jerome Powell am 14. Dezember den Leitzins um 75 Basispunkte erhöhen, statt wie ursprünglich erwartet um 50 Basispunkte? Alles ist möglich. Das Inflationsszenario scheint kurz vor dem Jahreswechsel jedoch zunehmend einem Rezessionsszenario zu weichen.
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.