Alle Jahre wieder, Marktkommentar von Kai Johannsen
Frankfurt (ots) - Alle Jahre wieder, wenn der Jahreswechsel in Sicht­weite
rückt, ist die Zeit der Kapitalmarktausblicke gekommen. Praktisch keine Bank
bzw. Assetmanagement-Tochter, die dann nicht mit den Perspektiven für das
anstehende Kapitalmarktjahr aufwartet. Mitunter wirkt es schon fast ein wenig
inflationär. Zumeist gehen die Auguren mit vorsichtig optimistischen bis
optimistischen Prognosen in das neue Jahr. Heftigen Pessimismus sucht man wie
die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen.

Und so ist es auch dieses Jahr. Steigende Impfquoten und das Hoffen auf
nachlassende oder womöglich auch ausbleibende weitere Infektionswellen stimmen
die meisten Adressen zuversichtlich, was die wirtschaftliche Entwicklung und die
Performance an Aktienmärkten betrifft. Ein Störfeuer bildet aktuell allerdings
die Omikron-Variante des Coronavirus. Aber die tatsächlichen Auswirkungen dieser
Mutation in all ihren Facetten und damit auch in wirtschaftlicher Hinsicht
vermag noch niemand einzuschätzen. Dafür ist es schlichtweg zu früh.
Große
Zinssteigerungen bei den Notenbanken werden derzeit zumeist aber nicht gesehen,
höchstens noch eine erste Zinsanhebung in den USA und die vermutlich erst im
Verlauf der zweiten Jahreshälfte. Manch einer am Markt verschiebt aber auch das
immer mehr in die Zukunft. Bei der Europäischen Zentralbank (EZB) sollte im
gesamten Jahr 2022 gar nichts kommen, die europäischen Währungshüter sollten
auf
Sicht fahren. So lautet die Einschätzung bei den meisten Assetmanagern. Von der
Zinsseite sind dann keine Belastungen zu erwarten. Das billige Geld der
Zentralbanken, das die Aktienmärkte ja nun schon seit geraumer Zeit antreibt,
sollte den Aktienanlegern als Stimulierungsfaktor erhalten bleiben. Da die Fed
nach Einschätzung vieler Volkswirte aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage
noch vor der EZB den Leitzins anheben könnte, wäre der Dollar gegenüber der
Gemeinschaftswährung im Vorteil. Aber der schwächere Euro hilft ja den
exportorientierten europäischen Unternehmen.

Die Party an den Aktienmärkten wird nach Ansicht vieler Anlagestrategen nach dem
Jahreswechsel erst mal weitergehen. Da könnte es sogar ein Risiko sein, am
Aktienmarkt nicht investiert zu sein. Die Unternehmensgewinne sollten steigen,
stabile Geschäftsmodelle und niedrige Zinsen gelten als Antriebsfaktoren für die
Dividendentitel. Eine breite Streuung empfiehlt sich aber trotzdem in den
Portfolios.

Zuversichtliche Auguren meinen denn auch, dass Aktien auch im kommenden Jahr zu
den renditeträchtigsten Anlagen gehören, allerdings wird das Kurspotenzial
deutlich niedriger als im laufenden Jahr eingeschätzt. So mancher Assetmanager
rechnet "nur" noch mit Kurssteigerungen im mittleren einstelligen
Prozentbereich, denn die Bewertungen könnten durchaus ihren Höhepunkt erreicht
haben. Die Kursentwicklung dürfte nach Meinung mancher Adressen im kommenden
Jahr in erster Linie von der Entwicklung der Unternehmensgewinne abhängen. Ohne
Zweifel richtig. Die Aktienmärkte sind in den vergangenen Monaten nochmals gut
gelaufen und haben jüngst aber auch am Beispiel des Black Friday gezeigt, dass
kräftige Rückschläge aufgrund der Pandemieentwick­lung sehr realistisch
und
damit einzukalkulieren sind. Das lässt am Markt die Akteure natürlich
aufhorchen.

Viele im Markt erwarten, dass es ab dem zweiten Quartal mit der Konjunktur
bergauf gehen sollte. Bis dahin be­einträchtige dann noch die Corona-Pandemie­
die wirtschaftliche Aktivität, danach wird vielfach die Auf­holjagd erwartet.
Auf dem Zettel muss man aber auch haben, dass die Pandemie im Winter noch
heftiger werden könnte - über die Omikron-Mutation hinaus - und es somit zu
stärkeren kon­junkturellen­ Beeinträchtigungen kommen könnte. Auch
mögliche
Pleitewellen sollte man nicht ganz aus dem Auge ver­lieren, so wie zum Beispiel
in der Schweiz befürchtet. Kippen Unternehmen um, belastet das auch andere
Adressen, Kettenreaktionen könnten die Folge sein, mit entsprechenden Einflüssen
auf Nachfrage nach Investitionsgütern, Verlust von Arbeitsplätzen und damit auch
einer geringeren Konsumnachfrage der privaten Haushalte, was dann auch die
Inflation wieder zurückkommen lassen sollte. Es sind auf dem Pfad der
wirtschaftlichen Erholung auch noch etliche Stolpersteine zu berücksichtigen,
die die Wirtschaft und damit die Performance von Aktien und Anleihen nicht ganz
so rosig ausfallen lassen könnten, wie das mancher erwartet. Damit könnte sich
dann die erwartete Erholung weiter in die zweite Jahreshälfte verschieben. Wie
so oft schon.

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