Black Friday, Marktkommentar von Kai Johannsen
Frankfurt (ots) - Black Friday: Damit verbindet Otto Normalverbraucher die
Rabattschlacht im Einzelhandel Ende November - stationär und online. Da geht man
auf Schnäppchenjagd angesichts kräftiger purzelnder Preise und freut sich über
den günstigen Einkauf. Schwarzer Freitag: Damit verbinden Investoren den
Ausverkauf an den Finanzmärkten - zumeist bei Aktien. Schmerzhaft für viele
Investoren, die auf dem falschen Fuß erwischt werden. Manche nutzen aber auch an
den Finanzmärkten die günstigen Einstiegsgelegenheit. Dieses Jahr fielen sie
beide auf den gleichen Tag - auf just diesen Freitag der abgelaufenen
Handelswoche; das gab es so auch noch nicht.

Gleich zur Eröffnung in Europa gingen die Preise nicht nur im Einzelhandel,
sondern auch bei den risikobehafteten Vermögenswerten auf Tauchstation. Der Dax
- bisher überwiegend in Rekordlaune und auf Jahresendrally-Kurs - rutschte
kräftig ab. Das deutsche Benchmarkbarometer verzeichnete den größten Verlust
seit dem Ausverkauf im März 2020, als die Covid-19-Pandemie die Finanzmärkte das
erste Mal so richtig kalt abduschte.

Auslöser war auch an diesem Freitag die Covid-19-Krise. Auch andere Aktienmärkte
traf der Schlag. An den Rohstoffmärkten ging der Brent-Ölpreis über 12 Prozent
in die Knie - ein klares Zeichen für das, was Investoren an Angst in den Knochen
steckt. Denn der Ölpreis ist bekanntermaßen ein verlässlicher Gradmesser für
die
künftige konjunkturelle Aktivität. Das hat sich in der Covid-19-Krise auch immer
wieder gezeigt. Gefragt war bei den Investoren - wie üblich in einer solchen von
Angst geprägten Situation Sicherheit. Sie steuerten den sicheren Hafen der
Bundesanleihen an, und zwar entlang der Kurve. Die zehnjährige Bundrendite nahm
wieder Kurs auf ihr Rekordtief. Bei den Langläufern des Bundes, den 30-jährigen
Bundrenditen, kam die Nulllinie wieder in Sichtweite. Damit ist die
Bund-Renditestrukturkurve gleich wieder komplett in der Negativzone angekommen.
In wenigen Tagen feiert der Bondmarkt ohnehin sein trauriges "Negativ-Jubiläum",
dann sind die Bundrenditen seit einem Jahrzehnt im Minus (gemessen am kurzen
Laufzeitenende)

Nicht nur an den Märkten, sondern auch in weiten Kreisen der Bevölkerung geht
mit der vierten Coronawelle, die nun kurz vor dem Winter Fahrt aufnimmt, die
Angst um. Sie bezieht sich auf eine neue Virusmutation aus Südafrika. Die
Infektionszahlen steigen ohnehin seit Wochen und könnten durch die neue
Südafrika-Variante ihren nächsten Schub bekommen. Wie wirksam werden die bislang
vorhandenen und verimpften Vakzine gegen die nächste Welle und die nächste
Mutation ankommen? Werden bald weitere Virusmutationen die Bevölkerung erfassen?
Wie stark steigt die Hospitalisierung in vielen Ländern an, auch unter den
Geimpften? Das sind bange Fragen, die sich viele stellen. Und damit einher geht
natürlich auch immer die Frage, ob Regierungen die nächsten Maßnahmen wie
Kontaktbeschränkungen, Kindergarten- und Schulschließungen - kurzum den
nächsten
Lockdown - beschließen werden, der dann womöglich die Wirtschaft noch heftiger
treffen könnte als die vorherigen Lockdowns. Die Gefahr von Reisebeschränkungen
und erheblichen, unter Umständen länger andauernden Flugverkehrsunterbrechungen
ließen die Aktien der Fluggesellschaften geradezu in den Sturzflug übergehen.
Gefragt waren die Dividendentitel all derjenigen Unternehmen, die im Lockdown
profitieren: Essenslieferdienste, Online-Händler und Gaming-Aktien, aber auch
Papiere der Impfstoffhersteller.

Während die Schnäppchenjagd im Einzelhandel am Black Friday temporär ist, muss
sich in den kommenden Tagen erst zeigen, inwieweit die Anleger die günstigen
Niveaus zum Wiedereinstieg nutzen und die Unsicherheit wieder verschwindet. Die
immer weiter steigenden Infektionszahlen und die Gefahr weiterer Mutationen
lassen aber vermuten, dass sichere Assets wohl gut unterstützt bleiben werden.
Kommen tatsächlich im Winter noch weitere Mutationen, die noch gefährlicher als
die bisherigen Varianten sein sollten, werden Lockdowns immer wahrscheinlicher,
was erhebliche konjunkturelle Beeinträchtigungen nach sich ziehen würde. Der Dax
könnte einen großen Teil seiner bisherigen Performance dann wieder abgeben. Bei
den Bundrenditen wäre noch tiefere Niveaus angesagt. Der Ölpreis würde
angesichts der erlahmenden Wirtschaftstätigkeit eher sinken denn steigen.
Risiko-Assets haben in den nächsten Wochen wohl eher Luft nach unten, sichere
Häfen Luft nach oben. So bitter es auch für viele klingt.

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