Griff nach dem Rettungsring, Kommentar zur Einlagensicherung von Bernd
Neubacher
Frankfurt (ots) - Kunden privater deutscher Banken werden sich leicht darüber
mokieren können, wie die Institute ihre freiwillige Einlagensicherung
scheibchenweise kappen. Noch ist die 2017 nach dem 2,6 Mrd. schweren
Entschädigungsfall Maple Bank beschlossene Reform in ihren letzten Fristen nicht
abgeschlossen, da wird das Volumen der freiwillig gesicherten Einlagen vom
Bankenverband angesichts des Greensill-Debakels nochmals glatt halbiert. Zuerst
verloren Bund, Länder und Kommunen den Schutz. Nun nehmen die privaten Banken
weitere Institutionelle vom Mechanismus aus, führen Limite für die Einleger ein
und begrenzen Laufzeiten der Sicherung.

Aus Sicht der Banken dagegen kann es über den Sinn der zweiten Reform in vier
Jahren kaum zwei Meinungen geben, nimmt man den Effekt der Neuerungen von 2017
zum Maßstab: Zwar schrien die ausgebooteten Gemeinden damals auf und
prophezeiten einen Exodus kommunaler Einlagen; Taten folgten den Worten
gleichwohl nie. Und hätten die Gemeinden weiterhin den freiwilligen
Sicherungsschutz der privaten Banken genossen - im Frühjahr hätte die Pleite der
Greensill Bank im System nicht nur mit rund 3 Mrd. Euro, sondern nochmals gut
einem Zehntel stärker zu Buche geschlagen.

Die am Mittwoch angekündigte Radikalkur gleicht nun dem Griff nach dem
Rettungsring für den Sicherungsverbund. Der würde es kaum überleben, müssten
die
schon wegen Greensill mit Umlagen und steigenden Beiträgen konfrontierten
Mitglieder abermals zur Kasse gebeten werden. Dass die Organisation parallel
einen umfassenden Umbau ihres Prüfungsverbands angegangen ist, darf dabei als
Ausfluss schlechten Gewissens gedeutet werden, dass der bisherige Aufbau des
Systems Finanz-Hasardeure aller Art zur Arbitrage eingeladen hat. Und wenn sich
der Prüfungsverband nun etwa mit Zusatzdiensten in IT und Wirtschaftsprüfung
zurückhalten und lieber seine Expertise im Risikomanagement verbessern soll, ist
das wohl ebenfalls bezeichnend.

Dass die Einlagensicherung in ihrer bisherigen Form nicht nur
modernisierungsbedürftig, sondern schlicht überholt ist, liegt allerdings nicht
am Bankenverband: In Zeiten, in denen eine geldpolitisch motivierte
Liquiditätsschwemme den Wert von Depositen derart hat verkommen lassen, dass
Institute zunehmend Abwehrkonditionen aufrufen, ist es ein Anachronismus,
Einleger mit dem Versprechen eines exorbitant hohen Sicherungsumfangs zu ködern,
um die Kosten von Schadensfällen sektorweit zu kollektivieren.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069-2732-0
www.boersen-zeitung.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/30377/5094518
OTS:               Börsen-Zeitung