Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung hat ihre Konjunkturprognose für dieses Jahr aufgrund der Lieferengpässe in der Wirtschaft und der hohen Energiekosten deutlich gesenkt. Für das kommende Jahr zeigen sich die Ökonomen von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hingegen optimistischer und erwarten ein Wirtschaftswachstum von 4,1 Prozent nach 2,6 Prozent in diesem Jahr.

Zuvor hatte Altmaier im ARD-Morgenmagazin bereits die Wachstumszahl für 2021 verkündet. Im April war die Bundesregierung noch von einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 3,5 Prozent ausgegangen.

Für das kommende Jahr erwartet die Regierung mit 4,1 Prozent eine deutliche Wachstumsbeschleunigung. Bislang hatte sie ein Wachstum von 3,6 Prozent erwartet. Für 2023 geht die Regierung von einem BIP-Wachstum von 1,6 Prozent aus.

"Die Herbstprojektion zeigt, dass Deutschland nach der Corona-Krise wieder auf dem Wachstumspfad ist. Das umfangreiche Hilfspaket der Bundesregierung hat Wirtschaft und Arbeitsmarkt in der Krise stabilisiert", erklärte Altmaier. "In diesem Jahr kommt es angesichts der aktuellen Lieferengpässe und weltweit hoher Energiepreise nicht zum erhofften Schlussspurt. In 2022 gewinnt die Wirtschaft deutlich an Fahrt."

Insgesamt sei die deutsche Wirtschaft zweigeteilt. Einerseits habe sich die Stimmung der Dienstleister durch den Impffortschritt in den letzten Monat stark verbessert. Der private Konsum sei im Moment die Triebfeder der wirtschaftlichen Erholung. Andererseits leide das verarbeitende Gewerbe angesichts der nach dem Corona-Krisenjahr 2020 weltweit anziehenden Konjunktur unter einer historisch einmaligen Knappheit an Vorleistungsgütern. Das bremse die Industriekonjunktur insbesondere im dritten und vierten Quartal 2021 aus.

"Die Nachfrage nach deutschen Produkten auf den Weltmärkten bleibt aber nach wie vor hoch. Wenn sich die Lieferengpässe schrittweise auflösen, kommt es in 2022 zu deutlichen Aufholeffekten", erklärte das Wirtschaftsministerium.

Der jüngste Anstieg der Inflationsrate sei ein Ergebnis der Lieferengpässe und der zuletzt stark gestiegenen Energiepreise, so das Ministerium. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Inflationsrate bereits zum Jahreswechsel 2021/22 wieder ein deutlich niedrigeres Niveau erreicht, da dann Sonderfaktoren, wie der Basiseffekt der befristeten Senkung der Umsatzsteuersätze, im zweiten Halbjahr 2020 wegfallen.

In der Herbstprojektion erwartet die Bundesregierung Inflationsraten von 3,0 Prozent im Jahr 2021, 2,2 Prozent im Jahr 2022 und 1,7 Prozent im Jahr 2023. Die deutschen Verbraucherpreise waren zuletzt im Jahresvergleich um 4.1 Prozent gestiegen.

Da die Herbstprojektion der Bundesregierung Grundlage für die Steuerschätzung im kommenden Monat ist, dürften sich für die aktuellen Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP über das Regierungsprogramm in den kommenden vier Jahren neue Spielräume ergeben.

Die Steuerschätzer geben ihre neuen Berechnungen am 11. November bekannt. Auf dieser Basis wird die mittelfristige Finanzplanung der Bundesregierung berechnet und Ausgabenspielräume im Bundeshaushalt beziffert.

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October 27, 2021 05:00 ET (09:00 GMT)