Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in einer Rede beim World Economic Forum (WEF) die zögerliche deutsche Reaktion auf die Herausforderungen der Corona-Pandemie beklagt. Wichtig sei eine "präventive Agilität", um auch in Zeiten, wo die Infektionszahlen niedrig seien, das exponentielle Wachstum zu verhindern. Die Corona-Pandemie werde die Welt noch auf Jahre prägen. Daher sei ebenfalls multilaterales Handeln wichtig.

"Die Schnelligkeit unseres Handels lässt sehr zu wünschen übrig. Prozesse sind oft sehr bürokratisch geworden, dauern lange. Wir haben da also nachzuarbeiten", sagte Merkel selbstkritisch über das deutsche Vorgehen in ihrer per Video übertragenen Rede für das Weltwirtschaftsforum. Das Forum konnte aufgrund der Corona-Pandemie nur virtuell und nicht wie üblich in Davos stattfindet.

Merkel sagte, auch der Mangel an Digitalisierung der deutschen Gesellschaft sei in der Pandemie negativ zu Buche geschlagen. Diese habe sich etwa in der unzureichenden regionalen Vernetzung der Gesundheitsämter gezeigt. Das individuelle Gesundheitssystem habe sich hingegen als gut herausgestellt.

Die soliden Finanzen seien für Deutschland allerdings ein Vorteil in der Pandemie gewesen. "So konnten wir doch entschlossen handeln, unseren Unternehmen helfen, den Bürgerinnen und Bürgern helfen, Instrumente wie Kurzarbeit einführen, die Wirtschaft am Laufen halten und ein nie dagewesenes Konjunkturprogramm von über 100 Milliarden Euro auflegen, was natürlich zur Stabilisierung auch des gesamten gesellschaftlichen Lebens beigetragen hat", so Merkel.


   Internationale Zusammenarbeit nötig 

Insgesamt betonte Merkel, dass der Kampf gegen die Corona-Pandemie international gemeinsam angegangen und nicht nur diskutiert werden müsse. Sie zitierte Erich Kästner mit der Aussage: "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es." Wichtig sei hier auch das Impfen, das den Weg aus der Pandemie weise. Nötig sei dabei eine faire Verteilung der Impfstoffe.

Auch machte Merkel deutlich, dass sich in der Pandemie die Schwachstellen der Effizienz gezeigt haben. Denn die globalen Lieferketten hätten sich als Schwachstellen herausgestellt. Diese müssten so verbessert werden, dass sie auch in Zeiten großen Stresses hielten und Puffer aufgebaut würden. Ein Rückfall in regionalen Protektionismus müsse hingegen verhindert werden. "Lieferketten müssen besser abgesichert werden, wenn man sich wirklich auch in schwierigen Situationen auf sie verlassen möchte", so Merkel.

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January 26, 2021 08:27 ET (13:27 GMT)