Berlin (Reuters) - Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) stellt nach einem Gerichtsurteil bis auf weiteres seine Öffentlichkeitsarbeit ein.

"Das betrifft insbesondere Live-Interviews, Pressekonferenzen, Pressemitteilungen, sonstige Pressegespräche und Podiumsdiskussionen", heißt es in einem Schreiben der DIHK-Führung an die lokalen Kammern, das der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch vorlag. Für Donnerstag war eigentlich die Veröffentlichung einer neuen Umfrage unter Tausenden deutschen Unternehmen geplant gewesen - ein wichtiger Hinweis, wie die Konjunktur in der Coronavirus-Krise läuft und wie die Aussichten für die nächsten Monate sind. Der Termin wurde mittlerweile abgesagt.

Laut dem Urteil des obersten Verwaltungsgerichts von vergangener Woche überschreitet der DIHK als Dachverband seine Kompetenzen, die auf wirtschaftliche Angelegenheiten beschränkt sind. In den lokalen Kammern sind rund 3,5 Millionen Unternehmen in Deutschland vertreten, wodurch der DIHK als Lobbyorganisation in Berlin Gewicht hat. Die Grenze zwischen Wirtschaft und Politik ist aber schwer zu ziehen. Beanstandet wurden vom Gericht unter anderem Aussagen zu Menschenrechten, dem Existenzrecht Israels, dem Brexit, der Finanzpolitik der EU und Fragen der inneren und äußeren Sicherheit. Der DIHK will diese Aussagen zunächst weder aufrechterhalten noch wiederholen, wie aus dem Schreiben hervorgeht.

Durch das Urteil ist die regionale IHK Nord Westfalen zum Austritt aus dem DIHK-Netzwerk gezwungen. Dort hatte der Windkraft-Unternehmer Thomas Siepelmeyer aus Münster geklagt. Er stört sich an vielen Interviewaussagen von DIHK-Vertretern zu politischen Themen.