Frankfurt (Reuters) - Trotz der Unsicherheit über wirtschaftliche Folgen des Ukraine-Krieges und anhaltenden Chip-Mangels erwartet der Lkw-Bauer Daimler Truck kräftiges Wachstum in diesem Jahr.

Der Umsatz soll mindestens um 16 Prozent auf gut 45 Milliarden Euro steigen, der Absatz wenigstens um zehn Prozent auf eine halbe Million Fahrzeuge zulegen, wie der Dax-Neuling am Donnerstag erklärte. Es gebe nach den Produktionsausfällen des vergangenen Jahres einen riesigen Auftragsbestand, sagte Vorstandschef Martin Daum. Die Nachfrage übersteige das Angebot weiter. Steigende Rohstoff- und Energiepreise gebe Daimler über deutliche Preiserhöhungen an die Kunden weiter, ohne dass es zu nennenswerten Stornierungen komme. Weder von der Covid-Pandemie noch vom Ukraine-Krieg seien negative Auswirkungen auf die Marktlage zu erwarten. "Wir sind fest entschlossen, unser erstes Jahr als eigenständiges Unternehmen zu einem erfolgreichen Jahr für Daimler Truck zu machen," betonte Daum.

Auch die finanziellen Folgen des Produktionsstopps in Russland kurz nach dem Angriff auf die Ukraine Ende Februar halten sich bei Daimler Truck in Grenzen. Das Unternehmen arbeitet mit dem lokalen Hersteller Kamaz in einem Joint-Venture, das die Arbeit eingestellt hat. Das mache aber nur ein Prozent des Absatzes aus und sei mit einer einmaligen Wertberichtigung von 200 Millionen Euro verbunden, sagte Finanzchef Jochen Götz. Was aus dem Joint-Venture auf längere Sicht wird, ist offen. Den deutschen Anteil daran hält nicht Daimler Truck, sondern die Mercedes-Benz Group, von der die Lkw-Tochter im vergangenen Jahr abgespalten wurde. Daum sagte, die russische Regierung müsse einer Anteilsveräußerung zustimmen. "Wir wollen derzeit nicht mit der Regierung sprechen."

Anleger nahmen den optimistischen Ausblick des weltweit größten Herstellers von Schwerlastern erleichtert auf. Die Aktie des seit dieser Woche im Leitindex Dax notierten Unternehmens legte um mehr als fünf Prozent zu, nachdem sie seit Ausbruch des Krieges auf Talfahrt war. "Das ist ein klarer Pluspunkt, da es unklar war, ob Daimler Truck überhaupt einen Ausblick geben würde", erklärte Analyst Alexander Wahl von Stifel Research. Es sei auch damit gerechnet worden, dass im Fall einer Prognose nur sechs bis acht Prozent bereinigte Umsatzrendite in Aussicht gestellt würden. Daimler Truck bestätigte aber sein bisheriges Ziel einer Spanne von sieben bis neun Prozent.

Die Analysten von Citi bewerteten es als gutes Zeichen, dass Daimler Truck nicht von den Nachschubproblemen von Kabelbäumen aus der Ukraine betroffen ist. Die Knappheit an Stromkabeln führte schon zu Produktionsausfällen bei Autobauern, auch bei Daimlers Hauptaktionär Mercedes-Benz. Daum sagte, der Lkw-Hersteller beziehe das Vorprodukt aus anderen Ländern.

ERHOLUNG VOM CORONA-KRISENJAHR

Der Absatz soll auf 500.000 bis 520.000 Nutzfahrzeuge steigen, nach einem Plus von 20 Prozent auf 455.400 Einheiten 2020. Damals hatte der Ausbruch der Corona-Pandemie mit Lockdowns in vielen wichtigen Märkten die stark konjunkturabhängige Lkw-Nachfrage ausgebremst. Ohne die Produktionsstopps wegen des Chip-Mangels hätte der Absatz 2021 Daum zufolge das Vorkrisenniveau von 2019 übertroffen. Beim Umsatz stellte das Stuttgarter Unternehmen einen Anstieg auf 45,5 bis 47,5 Milliarden Euro in Aussicht. Im abgelaufenen Jahr waren die Erlöse um zehn Prozent auf 39,5 Milliarden Euro gestiegen. Die Umsatzrendite erreichte mit 6,1 Prozent gerade so die eigene Prognosespanne, da stark steigende Rohstoffkosten im Schlussquartal den Gewinn dämpften. Im Corona-Krisenjahr 2020 waren es nur 1,9 Prozent. Unter dem Strich schrieb der seit dieser Woche im Leitindex Dax notierte Weltmarktführer für Schwerlaster, der durch die Aufspaltung von Daimler in einen Nutzfahrzeug-Konzern und den Pkw-Bauer Mercedes-Benz Group entstanden ist, 2,4 Milliarden Euro Gewinn nach einem Verlust von 131 Millionen Euro 2020.

Der Auftragseingang liegt mit 590.000 Bestellungen bequem über dem erwarteten Jahresabsatz. "Wir sind in Europa und den USA ausverkauft für dieses Jahr", sagte Daum.