Frankfurt (Reuters) - Daimler wagt dank der Erholung des Automarktes vom ersten Corona-Schock eine höhere Gewinnprognose - bleibt wegen der rollenden zweiten Pandemiewelle aber auf der Hut.

Der Stuttgarter Autobauer prognostizierte am Freitag für das Gesamtjahr einen Betriebsgewinn in Höhe des niedrigen Vorjahrsgewinns von 4,3 Milliarden Euro. Finanzchef Harald Wilhelm betonte, dafür müsse sich die Wirtschaft aber weiter erholen und es zu keinem erneuten Rückschlag durch die Pandemie kommen. "Das ist natürlich in Anbetracht der Ereignisse der letzten Stunden, Tage zunehmend schwierig", ergänzte er. Noch gebe es keinen Hinweis, dass steigende Infektionszahlen die Nachfrage bremsten, doch Daimler bleibe sehr wachsam.

Bei Absatz und Umsatz rechnet Daimler damit, in diesem Jahr deutlich weniger als die 3,34 Millionen Mercedes-Benz-Pkw, Vans und Nutzfahrzeuge aus dem Vorjahr verkaufen zu können. Aber eine "phänomenale" Erholung des weltweit größten Automarktes China, höhere Preise und Kostensenkungen, letztlich auch durch Kurzarbeit und Reisekosten von nahezu Null, stabilisieren das Ergebnis. Zuvor war das Management wegen der Corona-Krise von einem operativen Gewinn unter Vorjahr ausgegangen. Das Ergebnis war 2019 allerdings wegen der schwachen Autokonjunktur und hohen Lasten des Dieselskandals um gut 60 Prozent auf 4,3 Milliarden Euro eingebrochen.

E-AUTONACHFRAGE ZIEHT AN

Im dritten Quartal schnellte der Betriebsgewinn um 14 Prozent auf 3,07 Milliarden Euro nach oben, obwohl der Umsatz um sieben Prozent auf 40 Milliarden Euro schrumpfte. Diese Dynamik aus Märkten und Kostensenkungen würde auch im vierten Quartal erwartet, erklärte Wilhelm. So werde der Absatz höher ausfallen als im abgelaufenen Quartal, wenn auch nicht so hoch wie vor Jahresfrist. Die Marke mit dem Stern schlug vor allem SUVs los. Zugleich wachse die Nachfrage nach Plug-in-Hybriden und Elektroautos so dynamisch, dass Mercedes voraussichtlich das CO2-Reduktionsziel zum Klimaschutz in Europa erreichen könne. Von Juli bis September sei sie Monat für Monat gestiegen auf insgesamt 45.000 Stück.

Die elektrifizierten Fahrzeuge - Hybride wie reine E-Autos - werfen zwar Gewinn ab. Doch der ist wegen der noch hohen Kosten für Batterieantriebe geringer als bei Autos mit Benzin- oder Dieselmotor, erklärte Wilhelm weiter. Dennoch erzielten Mercedes-Pkw und Vans im dritten Quartal eine Umsatzrendite von 9,4 Prozent im Vergleich zu 7,0 Prozent im Vorjahreszeitraum, bereinigt um Sonderfaktoren wie den Dieselabgasskandal. Das sei begrüßenswert und sollte die Sorgen über ein Abbröckeln der Rendite durch E-Autos beruhigen, erklärte Arndt Ellinghorst, Analyst von Bernstein Research. Für den Jahrsschnitt stellte Mercedes eine Marge von 4,5 bis 5,5 Prozent in Aussicht.

Nach neun Monaten lag der Umsatz mit 125,6 Milliarden Euro noch 14 Prozent unter Vorjahr. Der Absatz von Pkw, Vans und Nutzfahrzeugen sackte um ein Fünftel ab auf 2,4 Millionen Fahrzeuge. Während die Pkw-Marke mit dem Stern im dritten Quartal ein kleines Plus schaffte, leidet Daimler Trucks noch unter starken Einbußen. Bis Ende September verdiente Daimler unter dem Strich mit 420 Millionen Euro aber noch immer 85 Prozent weniger als im Vorjahr.

BELEGSCHAFT SCHRUMPFT NACH BOOM

Allmählich voran kommt Daimler beim Personalabbau, der in Deutschland vor allem mit der Umstellung auf Elektroautos begründet wird. Dazu nennt das Unternehmen als Ziel keine genaue Beschäftigtenzahl, es war nur von einer mindestens fünfstelligen Zahl die Rede. Spekuliert wird, dass mehr als 20.000 Mitarbeiter den Konzern verlassen sollen. Ende September zählte Daimler noch knapp 292.000 Köpfe, das sind 7000 weniger als Ende letzten Jahres und fast 13.000 weniger als vor Jahresfrist. In Deutschland sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Stattdessen läuft ein Abfindungsprogramm, das bisher fast 2000 Männer und Frauen überwiegend außerhalb der Produktion annahmen. Außerdem werden Stellen, die durch Pensionierung frei werden, immer weniger nachbesetzt. Hierzulande schrumpfte die Belegschaft seit Jahresbeginn um gut 5000 auf 168.560. Die Personalzahlen liefen nach unten und damit in die richtige Richtung, erklärte Wilhelm. Während des Booms am Automarkt im vergangenen Jahrzehnt hatte Daimler gut 40.000 Stellen aufgebaut.