Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Eine Gruppe ehemaliger deutscher Politiker und amtierender Aufsichtsratsvorsitzender hat die Europäische Zentralbank (EZB) zu stärkeren Anstrengungen bei der Inflationsbekämpfung aufgefordert. "Wir erwarten vom EZB-Rat, in seiner Sitzung ein klares Signal für eine geldpolitische Wende zu setzen und in einem ersten Schritt die Anleihekäufe substanziell zurückzuführen", heißt es in einer Erklärung der Gruppe um die ehemaligen Ministerpräsidenten Peer Steinbrück und Edmund Stoiber.

Die EZB vernachlässige ihre ureigene Aufgabe der Wahrung der Preisstabilität, indem sie ihre ultralockere Geldpolitik trotz steigender Inflationsraten nicht anpasse. "Das Risiko ist groß, dass sich - entgegen der Annahme der EZB einer temporären Entwicklung - Inflationserwartungen verfestigen und damit die Inflation weitertreiben", heißt es in der Erklärung, die neben Steinbrück und Stoiber unter anderem die Aufsichtsratsvorsitzenden Paul Achleitner (Deutsche Bank) und Nikolaus von Bomhard (Münchener Rück, Deutsche Post) sowie Linde-Chairman Wolfgang Reitzle unterzeichnet haben.

Die Gruppe sieht außerdem die Gefahr, dass die Staatsanleihekäufe in Verbindung mit der Nullzinspolitik der EZB zu Anreizen für eine höhere Verschuldung in der Eurozone führen. Eine uferlose Rücksichtnahme auf hochverschuldete Staaten dürfe es aber nicht geben. "Die EZB fördert die Illusion, auch ohne wachstumsstärkende Reformen steigende Staatsausgaben dauerhaft zu Null- und Negativzinsen finanzieren zu können", heißt es weiter. Je später die EZB die notwendige zinspolitische Wende einleite, umso negativer fielen die wirtschafts- und finanzpolitischen Konsequenzen aus.

Analysten erwarten mehrheitlich, dass der EZB-Rat am Donnerstag eine Beendigung der Nettoanleihekäufe unter dem Pandemiekaufprogramm PEPP beschließen wird. Ein Ende aller Anleihekäufe wird jedoch nicht prognostiziert.

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December 15, 2021 06:36 ET (11:36 GMT)