"Der Fall Adani war ein kommunikatives Desaster für Siemens", sagte Portfoliomanagerin Vera Diehl von Union Investment auf der Hauptversammlung am Mittwoch in München laut Redetext. "Bei einer sorgfältigen Prüfung aller Umwelt- und Reputationsrisiken hätte Siemens diesen Auftrag niemals unterzeichnen dürfen." Die geplante Abspaltung von Siemens Energy werde durch den entstandenen Rufschaden belastet. Siemens will die Energie-Tochter im September an die Börse bringen und dabei die Mehrheit abgeben. Siemens Energy macht einen großen Teil seines Umsatzes mit Turbinen und Dienstleistungen für Kohle- und Gas-Kraftwerke.

Winfried Mathes von der Dekabank sagte laut Redetext, es sei "schwer nachvollziehbar", warum der Nachhaltigkeitsausschuss von Siemens den Australien-Auftrag genehmigt habe. Siemens liefert dort für 18 Millionen Euro Signaltechnik für eine Bahnstrecke, auf der Kohle aus einem geplanten riesigen Bergwerk zum Hafen geschafft werden soll. Die Kohle soll dann in Kraftwerken des Betreibers Adani in Indien verfeuert werden. Wegen der damit verbundenen Belastung für Umwelt und Klima laufen Aktivisten dagegen Sturm.

Mathes sagte, Siemens müsse eindeutig festlegen, welche Produkte der Münchner Konzern unter Nachhaltigkeits-Aspekten noch anbieten wolle. Das sei auch für die Investoren wichtig, sagte seine Union-Investment-Kollegin Diehl: "Unternehmen, die in Sachen Klimaschutz nicht liefern, werden es am Kapitalmarkt künftig immer schwerer haben und abgestraft werden."

FONDSMANAGER: NACHFOLGEDEBATTE SCHNELL BEENDEN

Kritik übte Mathes auch an der Debatte um die Nachfolge von Vorstandschef Joe Kaeser. "Einer solchen Personaldiskussion sind wir überdrüssig, und sie droht potenzielle Kandidaten bereits im Vorfeld einer Ernennung zu beschädigen." Der Aufsichtsrat hatte schon im Herbst Technologie-Chef Roland Busch zum designierten Nachfolger Kaesers nominiert. Dieser hatte aber trotzdem lange mit einer Verlängerung seines noch ein Jahr laufenden Vertrages kokettiert. Beide Fondsmanager appellierten an Aufsichtsratschef Jim Hagemann Snabe, die endgültige Entscheidung über den neuen Siemens-Chef schnell zu fällen: "Sorgen Sie endlich für klare Verhältnisse."

Mathes forderte Kaeser auf, vor einem möglichen Wechsel in den Aufsichtsrat zwei Jahre zu warten, um Interessenkonflikten vorzubeugen. Bei der Siemens AG wäre eine solche "Cooling-Off-Periode" vorgeschrieben, bei Siemens Energy nicht.