Kaum hat der Vorstand der BBVA den zehn Milliarden Euro schweren Verkauf der US-Tochter unter Dach und Fach gebracht, startete er offizielle Fusionsgespräche mit dem kleineren heimischen Rivalen Banco Sabadell. In ein paar Wochen solle klar sein, ob es zu einer Fusion komme, sagte Sabadell-Chef Jaime Guardiola am Dienstag. Durch den Zusammenschluss von BBVA und Sabadell entstünde die zweitgrößte spanische Bank mit einer Bilanzsumme von rund 600 Milliarden Euro und einem gemeinsamen Börsenwert von 27 Milliarden Euro - das wäre ungefähr so viel wie Deutsche Bank und Commerzbank zusammen auf die Waage bringen. Für diese Banken könnte der Wettbewerb nach Ansicht von Experten steigen.

Es ist bereits das dritte große Fusionsvorhaben in Spaniens Finanzbranche dieses Jahr. Der Druck für die dortigen Banken ist noch größer als andernorts in Europa: Die niedrigen Zinsen im Euro-Raum belasten seit Jahren die Erträge, Spaniens Wirtschaft liegt am Boden und das Coronavirus wütet dort so schlimm wie in kaum einem anderen europäischen Land. Erst vor ein paar Monaten besiegelten Bankia und Caixabank einen Zusammenschluss zum größten Geldhaus Spaniens. Im Oktober verkündeten Unicaja und Liberbank Fusionsgespräche. Santander Jose Antonio Alvarez sagte bei einer Branchenkonferenz, heimische Fusionen seien die beste Möglichkeit zum Kostensparen. Bei länderübergreifenden Zusammenschlüssen sei dies deutlich schwieriger.

Durch den Verkauf des US-Geschäfts an den Finanzkonzern PNC Financial Services für 11,6 Milliarden Dollar füllte BBVA die Kassen für eine Übernahme im Heimatmarkt. Sabadell ist an der Börse gut zwei Milliarden Euro wert, BBVA kommt auf eine Marktkapitalisierung von mehr als 24 Milliarden Euro.

Analysten hoben den Daumen für die Fusionspläne. Die Banken würden zusammen ein Viertel des Kreditmarktes kontrollieren und es gebe viel Potenzial für Einsparungen, vor allem durch den Abbau von Filialen, erklärten Analysten von JP Morgan. Sabadell-Aktien sprangen um fünf Prozent nach oben. BBVA-Titel gaben leicht nach. Sie hatten allerdings am Montag in Folge des US-Deals um 15 Prozent zugelegt.

"FUSION IM EUROPÄISCHEN RAUM IST EINE ILLUSION"

Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing, der am Montag erneut Fusionen im europäischen Bankenmarkt gefordert hatte, dürfte mit Argusaugen nach Spanien blicken. Seine Möglichkeiten für Fusionen sind beschränkt. Das Vorhaben mit der Commerzbank scheiterte im Frühjahr 2019. Fusionen über Landesgrenzen hinweg sind angesichts der regulatorischen Vorgaben derzeit so gut wie unmöglich. Außerdem ist die Deutsche Bank mit einem Börsenwert von 19 Milliarden Euro nach Ansicht von Experten zu klein, um bei der Konsolidierung eine führende Rolle zu übernehmen.

Der Wettbewerb für die deutschen Banken könne durch das Fusionsgeschehen in Spanien noch mehr steigen, sagt Jan Pieter Krahnen, Direktor des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE. "Die spanischen Banken dürften ihre stärkere Position auch dafür nutzen, um sich in anderen Ländern zu positionieren." Schon heute tummeln sich viele Auslandsbanken in Deutschland. Während Institute in Spanien nun Kosten senken könnten, seien deutsche Banken im Drei-Säulen-System der hiesigen Bankenlandschaft - Genossenschaftsbanken, Sparkassen und Privatbanken - gefangen, erläutert Krahnen. "Für deutsche Banken ist eine Konsolidierung im europäischen Raum wohl eine Illusion im Moment."

Innerhalb des Sparkassen- und Genossenschaftssektors gibt es aber reichlich Konsolidierung. Gab es zur Jahrtausendwende rund 1800 Volks- und Raiffeisenbanken, waren es Ende 2019 nur noch etwa 800. Die Sparkassen schrumpften in den vergangenen 20 Jahren von 562 auf 376 Häuser. Insgesamt gab es in Deutschland laut Bundesbank Ende des vergangenen Jahres 1717 Banken. Anfang der 1990er Jahre waren es noch deutlich mehr als 4000 gewesen.