Kommentare, Einschätzungen und Entwicklungen zur Energieversorgung und -sicherheit in Deutschland:


Chemische Industrie: Staat muss in Energiekrise Schlimmstes verhindern 

Die Chemische Industrie hat an die Bundesregierung und die europäische Politik appelliert, in der Energiekrise alles zu tun, um das Schlimmste zu verhindern. Der Präsident des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), Christian Kullmann, erklärte, es sei in der Politik offensichtlich noch nicht ausreichend durchgedrungen, "wie dramatisch die Entwicklungen sind". Er forderte eine rasche Ausweitung des Energieangebots, eine Konkretisierung der Entlastungspakete sowie eine Deckung der Gasumlage aus dem Bundeshaushalt. Außerdem müsse eine europäische Strompreisbremse konstruiert und beihilferechtlich abgesichert werden. Vor leichtfertigen Eingriffen im komplexen Strommarktdesign warnte der VCI. "Zufallsgewinne abzuschöpfen, bringt kurzfristig keine Entlastung im Gas- und Strommarkt", so der Verband. Die von Russland aufgezwungene Energiekrise erfordere den kurzfristigen und zeitlich begrenzten Einsatz von Finanzmitteln aus dem Bundeshaushalt. "Es geht darum, die hiesige Industriestruktur zu erhalten", so der VCI.


Klingbeil sichert Verbrauchern und Firmen bezahlbare Energie zu 

SPD-Parteivorsitzender Lars Klingbeil hat Verbrauchern und Unternehmern bezahlbare Energiepreisen zugesagt. Dies wolle man über die schnelle Einführung einer Strompreisbremse und mit einem Eingriff in den Gasmarkt erreichen. Er könne noch nicht sagen, wie die Begrenzung der Gaspreise aussehen werde, ob es sich dabei um ein festgelegtes Kontingent oder um einen Gaspreisdeckel handeln werde. Eine Expertenkommission werde dazu im Oktober Vorschläge machen. Deutschland wolle diese dann europäisch synchronisieren und abstimmen. Das Signal sei klar: "Wir stehen an eurer Seite. Wir sorgen dafür, dass der Gaspreis bezahlbar bleibt", erklärte Klingbeil nach einem Treffen der SPD-Parteispitze mit dem italienischen Politiker Enrico Letta. Jetzt komme es darauf an, schnell zu handeln, sagte Klingbeil.


Immobilienverband ZIA: Nur ein Gaspreisdeckel hilft noch 

Der Spitzenverband der deutschen Immobilienwirtschaft ZIA hat von der Bundesregierung einen Gaspreisdeckel gefordert. "Wir beobachten derzeit für Wohnungsmieterinnen und -mieter eine Verfünf- oder Versechsfachung der Kosten aufgrund explodierender Gaspreise. Diese außerordentliche Krisensituation rechtfertigt ausnahmsweise den Markteingriff durch einen Deckel", erklärte ZIA-Präsident Andreas Mattner. Die Hilfspakete der Bundesregierung für Bedürftige seien nützlich, setzten jedoch zu sehr an Symptomen an. Daher müsse das Übel an der Wurzel gepackt werden. Der ZIA-Präsident fordert zudem eine intelligente Einkaufspolitik des Bundeswirtschaftsministeriums. "Der Einkauf von Gas zur Füllung der Speicher ohne Preislimit hat den Preis so rapide ansteigen lassen, jetzt muss mehr Ruhe einkehren." Der ZIA ruft seine Mitglieder auf, mit Härtefallregelungen für Mieter vorzugehen. "Kein bedürftiger Mieter soll um seine Wohnung bangen", so Mattner.


Landkreistag: Bund muss bei Energiepreisen früher ansetzen 

Der Deutsche Landkreistag hat sich für ein frühzeitigeres Eingreifen des Bundes bei den Energiepreisen ausgesprochen. "Besser als nachträgliche Einmalzahlungen, Subventionen und Steuererleichterungen für Bürger und Betriebe wäre es, wenn der Bund das Preisproblem früher, und zwar bei den Energieimporteuren angehen würde", sagte Landkreistagspräsident Reinhard Sager. Zur Strompreisbremse fehlten noch immer die Details, ohne die Verbraucher und Stromversorger nicht planen könnten. Die Gaspreisumlage sei sehr widersprüchlich, nicht zielgenau und habe für weitere Verunsicherung gesorgt. "Allein deshalb ist eine Korrektur durch die Bundesregierung dringend geboten. Anstelle der Umlage von Beschaffungskosten auf die Verbraucher ist die bedarfsgerechte Unterstützung einzelner Energieunternehmen durch den Bund der bessere, unbürokratischere und wirksamere Weg", so Sager.


Greenpeace droht EU-Kommission mit Klage gegen Taxonomie 

Der Umweltverband Greenpeace hat der Europäischen Kommission mit einer Klage gegen die geplante Einstufung von Gas und Atom als nachhaltige Energieform in dem EU-Regelwerk für "grüne" Finanzanlagen gedroht. Dieses als "Taxonomie" bekannte Modell ist Teil des Green Deals, mit dem die Europäische Union (EU) bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden will. Acht Greenpeace-Organisationen haben nun Widerspruch bei der EU-Kommission eingelegt und Klage angekündigt. "Mit dieser Taxonomie verrät die EU ihre selbst gesteckten Umwelt- und Klimaziele des Green New Deal. Deshalb fordern wir die Kommission eindringlich auf, dieses eklatante Versagen zu korrigieren und den Delegierten Rechtsakt zu Gas und Atom aufzuheben. Andernfalls werden wir Klage beim Europäischen Gerichtshof einreichen", sagte Martin Kaiser, Geschäftsführender Vorstand von Greenpeace Deutschland.


   Söder fordert raschen Gaspreisdeckel 

Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) hat die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Energiekrise zu einer raschen staatlichen Deckelung der Gaspreise aufgefordert. "Wir brauchen dringend einen Gaspreisdeckel, damit die Menschen in unserem Land gut durch den Winter kommen", sagte Söder der Augsburger Allgemeinen. Andernfalls drohe eine Pleitewelle für den gesamten Mittelstand, das Handwerk und ein Abstieg für weite Teile der Bevölkerung, sagte der CSU-Chef. Die Bundesregierung müsse auf weitere Belastungen der Bevölkerung verzichten. "Deshalb gehört auch die Gasumlage abgeschafft", forderte Söder. "Sie ist eine politische Fehlkonstruktion und unnötiger Preistreiber für die Menschen." Die Gaspreise sind vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine drastisch gestiegen. Ab Oktober kommt zudem die Gasumlage hinzu.


Söder und Weil fordern Rettungsschirm für die Stadtwerke 

Die Ministerpräsidenten von Bayern und Niedersachsen, Markus Söder (CSU) und Stephan Weil (SPD), haben einen Rettungsschirm für die von der Energiekrise bedrohten Stadtwerke gefordert. Der für die großen Unternehmen aufgespannte Schutzschirm der Bundesregierung müsse auf die Stadtwerke ausgedehnt werden, sagte Weil der Bild am Sonntag. Söder sagte demselben Blatt: "Wir benötigen einen Rettungsschirm wie bei Corona, natürlich auch für die Stadtwerke. Andernfalls gehen bald die Lichter aus." Weil hob hervor, die Stadtwerke befänden sich in einer schwierigen Position. Sie müssten immer mehr für die Beschaffung von Energie bezahlen, könnten diese Preise aber nur verzögert weitergeben und müssten Zahlungsausfälle bei ihren Kunden befürchten.


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September 19, 2022 09:29 ET (13:29 GMT)