Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Chef des Euro-Rettungsfonds ESM (European Stability Mechanism), Klaus Regling, hat die Länder des Euroraums mit einer sehr hohen Kreditwürdigkeit davor gewarnt, ihre Schuldenstände nach der Corona-Krise zu stark zu reduzieren. Regling begründete das bei einer Konferenz der Europäischen Zentralbank (EZB) mit der hohen Marktnachfrage nach sicheren Anlagen (Safe Assets).

"Wenn es nicht genug Safe Assets auf dem Markt gibt, weil hoch geratete Länder ihre Schulden reduzieren wollen - auf 60 Prozent, einige wollen sogar tiefer gehen - dann wird die Nachfrage nach Safe Assets leicht das Angebot übersteigen", sagte Regling und fügte hinzu: "Das würde bedeuten, dass die Zinsen weiter fallen müssen."

Wichtigste Lieferanten von Safe Assets in Europa sind Deutschland und Frankreich. Deutsche Bundesanleihen weisen allerdings bis zur längsten Laufzeit von 30 Jahren eine negative Rendite auf. Französische Papiere zwischen 15 und 50 Jahren Restlaufzeit notieren im positiven Bereich, bei italienischen Papieren beginnen die positiven Renditen schon bei einer Restlaufzeit von vier Jahren.

Deutschland dürfte nach Schätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) das Jahr 2021 mit einem Schuldenstand von 73 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung abschließen und verfügt über ein AAA-Rating, die höchste Bonitätsstufe. Frankreichs Rating (Schuldenstand 116 Prozent) lautet auf AA und Italiens (155 Prozent) auf BBB.

Die prinzipiell noch gültige, aber derzeit ausgesetzte Schuldenregel des Stabilitäts- und Wachstumspakts sieht eine Obergrenze von 60 Prozent vor. "Wenn man den alten Pakt strikt anwenden würde, dann müssten die Länder ihre Schuldenstände binnen 20 Jahren auf 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts reduzieren, und das würde mit hohen ökonomischen und politischen Kosten einhergehen", sagte Regling.

Gegenwärtig wird an einer Neuausrichtung des Pakts gearbeitet. Dem Vernehmen nach soll er den Ländern einerseits stärker als bisher eine antizyklische Finanzpolitik ermöglichen, andererseits aber trotzdem einen glaubwürdigen Rahmen bieten, der eine Rückführung von Staatsschulden vorsieht.

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December 02, 2021 11:44 ET (16:44 GMT)