Brüssel/Frankfurt (Reuters) - Die EU-Kommission greift Apple mit dem Vorwurf der Benachteiligung der Konkurrenz bei Musik-Streamingdiensten an.

In einem von mehreren laufenden Kartellverfahren warf die Behörde dem US-Konzern den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im App-Store seiner iPhones vor. Die EU erklärte am Freitag in Brüssel, dass Apple seine Kunden praktisch wie ein "Pförtner" von anderen Streamingdiensten abhalte. "Auf diesem Markt hat Apple ein Monopol", sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Der Iphone-Hersteller schaffe ein geschlossenes Ökosystem. Diese Marktmacht könne nicht ohne Kontrolle bleiben, denn andere App-Anbieter würden benachteiligt und die Apple-Kunden müssten zuviel bezahlen.

Die Kommission war auf eine Beschwerde des Konkurrenten Spotify von 2019 aktiv geworden. "Durch strikte Regeln im App Store zum Nachteil konkurrierender Musik-Streamingdienste nimmt Apple den Nutzern die Auswahl", sagte Vestager. Die Kommission beanstandete, dass Konkurrenten 30 Prozent Aufschlag auf jedes über Apples App Store verkauftes Abonnement zahlen müssten, die letztlich auf den Endkunden abgewälzt werden. Außerdem verbiete der US-Konzern den Rivalen, Nutzer von Apple-Geräten über günstigere oder kostenlose Bezugsalternativen zu informieren.

Apple wies die Vorwürfe zurück. "Spotify ist der größte Musik-Abonnementdienst der Welt geworden, und wir sind stolz auf die Rolle, die wir dabei spielten", erklärte der Konzern. Die Amerikaner hatten schon früher argumentiert, Spotify sei nur so groß geworden, weil sie sich früher kostenlos an Hunderten Millionen Downloads bei Apple bedient hätten. "Sie wollen alle Vorteile des App Store, aber meinen, sie müssten dafür nichts bezahlen", warf Apple dem Streamingdienst aus Schweden vor. Die Argumentation der EU-Kommission im Interesse von Spotify sei das Gegenteil eines fairen Wettbewerbs. Apple-Aktien lagen vorbörslich mehr als ein Prozent im Minus.

Spotify begrüßte das Vorgehen der EU. Den Verbrauchern könnte das eine echte Auswahl und App-Entwicklern einen fairen Wettbewerb verschaffen. Der Marktführer hat mit 158 Millionen Abonnenten mehr als doppelt soviele Kunden wie der erst 2015 gestartete Service Apple Music. Auch der europäische Verbraucherschutzverband BEUC unterstützte die EU-Kommission und sprach sich gegen unfaire Schranken im Internet aus, welche die Auswahl beim Musik-Streaming begrenzten und es verteuerten.

APPLE IM VISIER MEHRERER KARTELLWÄCHTER

Die Mitteilung ist eine Vorstufe zu einer Kartellstrafe, die bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes - theoretisch in diesem Fall 27 Milliarden Dollar - betragen kann. Das Verfahren ist eines von vier der EU-Wettbewerbshüterin gegen Apple, die im Juni letzten Jahres eröffnet worden waren. Die Kommission untersucht außerdem Regeln im App-Store für konkurrierende Apps, E-Books und Hörbücher sowie die Konditionen der Bezahlfunktion Apple Pay. Der US-Konzern hat jetzt Gelegenheit, innerhalb von zwölf Wochen zu der Beschwerde Stellung zu nehmen und Konzessionen einzuräumen. Erst danach fällt die Entscheidung über eine Geldbuße.

Die EU-Kommission ist nicht die einzige Kartellbehörde, die sich Apple vorknöpft. Sie stehe in Kontakt mit den Aufsehern in Australien, den USA und den Niederlanden, erklärte Vestager. Auch Großbritannien untersucht, ob Apple andere App-Entwickler unfair ausbremst. Auf Einwände, dass Spotify trotz der Restriktionen bei Apple erfolgreich ist, erklärte die Wettbewerbskommissarin, dies sei auch kein "Fall Spotify, sondern ein Fall Musik-Streaming". Es gehe auch um viele kleinere Streamingdienste wie Deezer oder Soundcloud, deren Chancen auf neue Kunden und Gewinne geschmälert würden.