Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Banken des Euroraums beginnen nach Aussage von EZB-Direktor Frank Elderson damit, auf Risiken durch einen Verlust an Biodiversität zu achten. Elderson sagte bei einer Konferenz der niederländischen Zentralbank zum Thema Biodiversität und Finanzmärkte, dass die EZB im Rahmen der diesjährigen thematischen Überprüfung die Einschätzung der Banken hinsichtlich des Einflusses von Umweltrisiken für ihr Risikomanagement konzentriert habe. "Unsere vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass viele Banken inzwischen eine erste Bewertung ihrer Umweltrisiken vorgenommen haben", sagte Elderson laut veröffentlichtem Redetext.

Die Institute orientieren sich dabei Elderson zufolge an dem bei den Klimarisiken angewandten Verfahren. "Sie erstellen eine Karte der physischen Risiken und der Übergangsrisiken und schließen in der Regel zunächst einige Aktivitäten aus, um die Finanzierung von Aktivitäten zu vermeiden, die übermäßige Umweltauswirkungen haben", berichtete Elderson.

Die Banken integrierten diese Risiken auch in ihre Due-Diligence-Prozesse, um Informationen zu sammeln und ein besseres Verständnis dafür zu gewinnen, wie ihre Kunden betroffen sein könnten. "Neben diesen qualitativen Ansätzen sind mehrere Institute führend bei der Quantifizierung der Risiken und Auswirkungen durch die Verwendung von Biodiversitäts-Fußabdrücken und die Entwicklung von Ansätzen für Biodiversitäts-Scores", sagte der stellvertretende Chef der EZB-Bankenaufsicht.

Die EZB hatte bereits 2020 ein Papier mit Erwartungen hinsichtlich des Managements von Klima- und Umweltrisiken veröffentlicht, sich aber zunächst auf Klimarisiken konzentriert. Schon hier machten die Banken nicht genug, wie Elderson im Juni kritisierte. Der Niederländer räumte in seiner Rede aber auch ein, dass Risiken für die Biodiversität schwerer als Klimarisiken zu quantifizieren sind.

"So gibt es beispielsweise für die biologische Vielfalt keine eindeutige Messgröße wie die CO2-Äquivalente, die in der Klimadiskussion eine wichtige Rolle spielen. Wir müssen daher viel mehr Messgrößen wie Stickstoff, Phosphor und CO2 berücksichtigen", erläuterte der EZB-Direktor.

Nach seiner Aussage hängen rund 40 Billionen Euro Einkommen weltweit von der Natur ab. "Dies bedeutet, dass naturbedingte Risiken, einschließlich der Risiken im Zusammenhang mit dem Verlust der biologischen Vielfalt, erhebliche makroökonomische Auswirkungen haben können", sagte er. Würden diese Auswirkungen nicht berücksichtigt, abgemildert und angepasst, wäre dies ein Risiko für die einzelnen Finanzinstitute und die Finanzstabilität insgesamt.

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September 29, 2022 07:53 ET (11:53 GMT)