Frankfurt (Reuters) - Die Aussicht auf weitere Geldspritzen der Europäischen Zentralbank (EZB) lockt Anleger in die heimischen Aktienwerte.

Dax und EuroStoxx50 stiegen am Freitag um jeweils ein knappes Prozent auf 15.693,27 beziehungsweise 4126,16 Punkte. Der breit gefasste Stoxx600 gewann bis zu 0,7 Prozent und markierte mit 457,87 Punkten zum fünften Mal in sechs Tagen ein Rekordhoch.

"Die Tatsache, dass der EZB-Rat noch nicht einmal über das Thema Ausstieg aus dem Notfallkaufprogramm diskutiert hat, trotz der sich deutlich aufhellenden Pandemie-Lage, spricht Bände", sagte Commerzbank-Analystin You-Na Park-Heger. Ein ähnliches Bekenntnis zu einer ultra-lockeren Geldpolitik erwarten Experten von der US-Notenbank, die in der kommenden Woche über ihr weiteres Vorgehen berät.

Offenbar folgten Investoren der Einschätzung von EZB und Fed, dass der aktuelle Preisdruck nur vorübergehend sei, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Anders ist die rasante Erholung am Rentenmarkt nicht zu erklären." Das Interesse an den Bonds aus den USA und Deutschland drückte die Renditen der richtungweisenden zehnjährigen Papiere zeitweise auf ein Drei-Monats-Tief von plus 1,428 beziehungsweise ein Sieben-Wochen-Tief von minus 0,287 Prozent. Unter Verkaufsdruck geriet dagegen der Euro. Er büßte 0,6 Prozent auf 1,2100 Dollar ein.

PREISE FÜR ROHÖL UND ZINN IM AUFWIND

Auch am Rohstoffmarkt waren die Optimisten in der Überzahl. Der Preis für die Ölsorte Brent aus der Nordsee stieg um bis zu 0,8 Prozent auf ein Zwei-Jahres-Hoch von 73,09 Dollar je Barrel (159 Liter). Der Internationalen Energieagentur IEA zufolge müssen die großen Förderländer ihre Erdöl-Ausfuhren ausweiten, um die sich rasch erholende Nachfrage zu bedienen.

Die Furcht vor Angebotsengpässen trieb den Kurs für Zinn um bis zu 1,4 Prozent auf 31.620 Dollar je Tonne, den höchsten Stand seit zehn Jahren. "Lockdowns in Asien beeinträchtigen den Nachschub, während die Nachfrage weiter steigt", sagte ein Rohstoffhändler. Die Leute suchten händeringend nach dem Industriemetall, das unter anderem für Konservendosen benötigt wird.

DEUTSCHE BANK UNTER DRUCK

Am Aktienmarkt rückte die Deutsche Bank ins Rampenlicht, nachdem die EZB Insidern zufolge bei der Suche nach einem neuen Aufsichtsratschef für das Geldhaus Druck macht. Die Titel des Instituts verloren 1,7 Prozent.

CureVac brachen zeitweise sogar um fast 14 Prozent ein. Die Biotechfirma leide weiter unter den Verzögerungen bei der EU-Zulassung ihres Coronavirus-Impfstoffs, sagten Börsianer. Am Ende lagen die Aktien 6,4 Prozent im Minus.

Unterdessen setzte Windeln.de seine Achterbahnfahrt fort. Die Titel des Online-Babyausstatters schwankten in einer Spanne von minus 19 bis plus 36 Prozent und verabschiedeten sich 2,2 Prozent fester bei 2,82 Euro in den Feierabend. Seit Wochenbeginn haben sie ihren Kurs mehr als verdreifacht, zwischenzeitlich kosteten sie fast 7 Euro. Windeln.de gehört zu den "Meme"-Werten. Darunter verstehen Börsianer Aktien, bei denen sich Kleinanleger in einschlägigen Internet-Foren gegenseitig zum Kauf ermuntern. Das bekannteste Beispiel ist der US-Videospielehändler GameStop.

Zu dieser Gruppe zählt auch Orphazyme. Die an der Wall Street notierten Titel der dänischen Pharmafirma brachen um bis zu 51 Prozent ein, nachdem sie ihren Wert am Donnerstag vervierfacht hatten. Dem Unternehmen zufolge gibt es keine Veränderungen bei der Medikamenten-Entwicklung oder den Geschäftszahlen, die derartige Kurskapriolen erklären könnten.